Köln – Der Mann, der an diesem Tag mit dem NRW-Staatspreis ausgezeichnet wurde, fehlte. Seit Michael Schumacher Ende 2013 bei einem schweren Skiunfall in den französischen Alpen ein Schädel-Hirn-Trauma erlitt und tagelang ums Überleben kämpfte, ist der Kerpener nicht mehr in der Öffentlichkeit gewesen.
Ein Foto über der Bühne inmitten der Kölner Motorworld zeigte ihn, so wie ihn die meisten von uns in Erinnerung haben: Im Cockpit eines Formel 1-Rennwagens, das Visier seines Helms ist offen, der Blick konzentriert. Knapp 18 Jahre nach seinem siebten Formel 1-Weltmeistertitel ist Michael Schumacher (53) am Mittwoch mit der höchsten Auszeichnung geehrt worden, die das Land NRW zu vergeben hat. Nicht allein für seine großartigen sportlichen Erfolge, sondern auch für sein wohltätiges Engagement, das weit weniger bekannt ist.
Stehender Applaus für den Kerpener
Als Ministerpräsident Hendrik Wüst die Urkunde an Schumis Ehefrau Corinna und seine Tochter Gina überreichte, applaudierten die Gäste und erhoben sich aus Respekt vor einem großen Sportler und (Familien-)Menschen von ihren Plätzen. In dem Moment konnte Corinna Schumacher ihre Emotionen nicht mehr zügeln. Unter weiter anhaltendem Applaus verließen sie, Tochter Gina und Laudator Jean Todt sichtlich bewegt die Bühne, ehe der offizielle Festakt zu „My Way“ von Frank Sinatra endete.
Der Ort der Auszeichnung hätte nicht besser ausgewählt werden können. Nur wenige Kilometer von Michael Schumachers früherem Heimatort Kerpen entfernt, wo er schon im Kindesalter im Kart sein riesiges Talent zeigte. Auf der von seinem Vater Rolf gepachteten Kartbahn raste er solange von Sieg zu Sieg, bis der Clubchef ihm weitere Teilnahmen an Meisterschaften untersagte, weil die anderen nicht so gefrustet sein sollten, erzählte Wüst. In der Kölner Motorworld am Butzweiler Hof stehen in einer Dauerausstellung die sieben Boliden, mit denen Michael Schumacher als erster Deutscher überhaupt Formel 1-Weltmeister wurde und mit sieben Titeln zum Rekordchampion aufstieg. Auch der heutige Ministerpräsident Hendrik Wüst fieberte oft am Sonntag mit seiner Familie vor dem Fernseher bei den Rennen mit, wie er bei der Begrüßung der geladenen Gäste berichtete.
Untrennbar verbunden mit Schumachers Erfolgen in der Formel 1 ist der Name Jean Todt. Der ehemalige Ferrari-Teamchef kennt Schumi seit 30 Jahren und ist ein enger Freund der Familie. Als Laudator charakterisierte er Schumacher als Vorbild, als eine Führungsfigur mit einer natürlichen Autorität. „Michael ist ein leidenschaftlicher Kämpfer, ein unerbittlicher Gegner, ein nimmermüder Arbeiter, ein detailversessener Antreiber.“ Auf der Rennstrecke habe er seine Leidenschaft ausgelebt und dabei Millionen Menschen auf der ganzen Welt Freude bereitet. Schumi sei durch seine Siege und Erfolge aus einfachen Verhältnissen zu einem wahren Weltenbürger aufgestiegen, der mit Menschen aus vielen verschiedenen Kulturkreisen eng zusammen arbeitete. Aber er habe nie vergessen, wo seine Wurzeln sind und die Bodenhaftung nie verloren. „Einer von uns nannten ihn die Mechaniker zu meiner Zeit bei Ferrari liebevoll, weil sie spürten, dass er sich nicht als etwas Besseres ansah. Ich bin nur jemand, der zufällig gut Auto fahren kann, hat er früher oft gesagt, und seine Demut und Bescheidenheit standen ihm immer gut“, sagte Todt.
Erstes Preisgeld Vater gegeben
Zum Beispiel habe er sein Preisgeld vom Formel-3-Sieg in Macao, 20 Tausend Dollar, seinem Vater auf den Esstisch gelegt. Und später immer wieder Millionen-Spenden für die Unesco oder die Flutopfer an der Elbe und in Bayern gegeben. Seine 10-Millionen-Dollar Spende nach dem Tsunami 2004 in Südostasien habe er nur deshalb öffentlich gemacht, weil er hoffte, damit Nachahmer zu finden, lobte Todt.
Und er habe sich auch persönlich engagiert beispielsweise für Straßensicherheits-Kampagnen und er habe die Gründung eines Zentrums für die Erforschung und Behandlung neurologischer und psychiatrischer Erkrankungen in Paris unterstützt, Das Institut du cerveau et de la moelle épinière wurde 2010 eröffnet; ein Zentrum, das mehr als 700 Forscher, Ärzte und Techniker beschäftigt und Krankheiten wie Parkinson, Alzheimer, Epilepsie, Krebs, Demenz und viele mehr bekämpft.
Stationen von Schumis Karriere
Mit sieben Weltmeistertiteln ist Michael Schumacher zusammen mit Lewis Hamilton der erfolgreichste Fahrer der Formel 1-Geschichte.
Schumacher startete von 1991 bis 2006 sowie von 2010 bis 2012 bei insgesamt 308 Großen Preisen der Formel-1-Weltmeisterschaft. Er hält die Rekorde von fünf Weltmeisterschaftstiteln in Folge und 77 schnellsten Rennrunden. Zudem hielt er lange die Rekorde von 91 Siegen, 68 Pole-Positions und 155 Podestplatzierungen.
Seine ersten Erfahrungen im Rennsport sammelte „Schumi“ auf der von seinem Vater gepachteten Kartbahn in Kerpen. Vor seiner Karriere in der Formel 1 absolvierte der gebürtige Hürther von 1986 bis 1989 eine Lehre zum Kfz-Mechaniker.
Seine Familie führe mit der Keep Fighting Foundation Michaels karitative Arbeit fort, „so wie er es tat: ein Teil davon öffentlich, um andere Menschen mitzunehmen, und ein Teil ganz still und leise. Weil es egal ist, wer das Gute tut, solange es getan wird“, so Todt. Beispielsweise habe die Foundation auch für die Flutopfer großzügig gespendet. „Natürlich würden wir uns alle wünschen, dass er seine Auszeichnung persönlich entgegennehmen könnte“, sagte er am Ende. Wüst erinnerte an ein Zitat Schumis: „Ich habe immer daran geglaubt, niemals aufzugeben und immer weiter zu kämpfen, auch wenn es nur die geringste Chance gibt.“ Wüst hoffe, „dass der große Kämpfer Michael Schumacher weiterkämpft, niemals aufgibt, dass er vorankommt auf dem schweren Weg, auf dem er sich befindet.“
Schumis Sohn Mick fehlte bei der Verleihung aus gesundheitlichen Gründen. Der 23-Jährige Formel 1-Pilot will am Wochenende wieder fit sein für den Großen Preis von Frankreich.
Der mit 25 000 Euro dotierte NRW-Staatspreis wird seit 1986 verliehen. Preisträger sind u.a. Circus Roncalli-Gründer Bernhard Paul, Schriftsteller Dr. Navid Kermani, die Cap Anamur-Gründer Christel und Rupert Neudeck, sowie die Künstler Günther Uecker und Gerhard Richter.