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Kölner ArbeitsgerichtEx-Lokalzeit-Moderatorin Standl verliert auf ganzer Linie

Lesezeit 3 Minuten

Simone Standl an der Seite ihres Rechtsanwalts Professor Rolf Bietmann.

Köln – Kurz vor Ende der mündlichen Verhandlung am Kölner Arbeitsgericht gab es den Moment, in dem die ehemalige Fernsehmoderatorin Simone Standl vielleicht ein paar Euro mehr Abfindung vom Westdeutschen Rundfunk (WDR) hätte rausschlagen können. Ganz kurz tat sich nochmal ein Fenster auf, in dem sich eine gütliche Einigung andeutete.

Doch dann taktierte ihr Anwalt Rolf Bietmann vielleicht einen Wimpernschlag zu lang und bat um Bedenkzeit, da schlugen die Vertreter des WDR das Fenster wieder zu. „Wir wollen die Sache vom Tisch haben“, sagte der Justiziar des WDR und verlangte mit WDR-Anwalt Herbert Hertzfeld ein Urteil. Im Nachhinein eine kluge Entscheidung der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt, denn Standl verlor mit ihrer Klage auf Wiedereinstellung und mehr Abfindung auf ganzer Linie.

Lange Zeit das Gesicht der WDR-Lokalzeit

Standl war lange Zeit „das“ Gesicht der Lokalzeit Köln – zumindest bis Juni vergangenen Jahres. Da hatte der WDR die Zusammenarbeit mit der freien Mitarbeiterin nach 27 Jahren — 23 davon als Moderatorin — beendet. Angeblich, so Bietmann, weil der Sender „jünger und diverser“ werden wollte. Gegen ihre Absetzung hatte Standl geklagt. Sie sei zwar laut Vertrag freie Mitarbeiterin, aber fester Bestandteil des Senders gewesen, woraus ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis abgeleitet werden müsse. Standl sei „weisungsgebunden und nicht frei“ gewesen.

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Wortgewaltig legte Bietmann Indizien vor: Der Sender habe in Moderationstexte Standls eingegriffen, habe ihr Kleidung und Make-up vorgeschrieben, habe erwartet dass Standl an den Kritikrunden zur Sendung einen Tag später auch dann teilnehme, wenn sie am besagten Tag keinen Dienst gehabt habe. Als weiteren Beleg der abhängigen Beschäftigung führte Bietmann eine permanente Bedrohungslage für seine Mandantin an. Immer wieder habe es geheißen: „Wenn du das nicht tust, dann bis du weg. So ist ja dann auch mit ihr verfahren worden.“

Verhärtete Fronten und keine Einigung in Sicht

Auch das Büro, in dem Standl habe „arbeiten müssen“, führte Bietmann als Beleg an. „Alles war genau vorgegeben“, so das Fazit. WDR-Anwalt Hertzfeld erwiderte, an dem Büro habe nie Standls Namensschild gehangen, sondern eins mit der Aufschrift: „Moderation Lokalzeit“. Das sei auch von anderen Moderatorinnen genutzt worden. Trocken fügte er in Richtung Standl hinzu: „Sie hätten sich mit ihrem Laptop auch ins Café setzen und dort ihre Texte schreiben können.“ Ferner sei es das „Normalste von der Welt“, wenn Texte von freien Moderatoren durch die Redaktion abgenommen würden, so Hertzfeld weiter. Da sei es sicherlich auch mal zu Korrekturen gekommen, was aber zum Geschäft gehöre.

Die Fronten blieben verhärtet, eine Einigung kam, wie schon bei einem Gütetermin im vergangenen November nicht zustande. So musste ein Urteil her, in dem die Klage dann schließlich abgewiesen wurde. Ob die Argumente für Standls Standpunkt stark oder schwach waren, bleibt ungeklärt. Denn letztendlich scheiterte die Ex-Moderatorin an einer Formalie: Die Klage gegen ihre Kündigung und auf Weiterbeschäftigung war nicht fristgerecht bei Gericht eingegangen, wie Arbeitsgerichtssprecher Frederik Brand erläuterte. Spätestens drei Wochen nach Kündigung muss das der Fall sein.

Auch Standls Klage auf eine höhere Abfindung wurde vom Gericht abgewiesen. Standl hatte sich diskriminiert gefühlt, weil die Zeit ihrer zweiten Schwangerschaft 2000/01 nicht in der Abfindung berücksichtigt worden war. Darin wollten Standl und Bietmann eine Geschlechterdiskriminierung und somit einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) erkennen. Doch auch dieses Argument verfing beim Gericht nicht. Aus einem einfachen Grund, wie Gerichtssprecher Brand erklärte. Das AGG war erst im August 2006 erlassen worden, konnte deshalb für Standl nicht greifen.