Sie kann nicht nur romantisch und Herz-Schmerz: Mit „Dem Sturm entgegen“ beschreitet die irische Autorin Cecelia Ahern neue Wege.
Cecelia Ahern bei der lit.Cologne:Autorin verlässt ihre Komfortzone mit neuem spannenden Roman

Cecelia Ahern zu Gast bei der lit.Cologne 2025
Copyright: Hieronymus Rönneper
Nach zwei Jahrzehnten war es einfach mal an der Zeit, die Komfortzone zu verlassen und etwas Neues zu wagen. Dabei funktionierte besagte Komfortzone bei Cecelia Ahern bisher als zuverlässiges Erfolgsmodell: Zwanzig Bücher in zwanzig Jahren, die meisten davon eroberten im Rekordtempo die internationalen Bestsellerlisten, einige wurden sogar mit namhaften Darstellern verfilmt.
Gleich Aherns erster Roman, „P.S. Ich liebe dich“, brachte der damals 23-Jährigen 2004 den Durchbruch – und begründete gleichzeitig ihr Erfolgsrezept: romantisch-melancholische Plots, bei denen nach einigen Irrungen und Wirrungen zusammenfindet, was zusammengehört.
Romantischer Start
Auch „Dem Sturm entgegen“, ihr aktuelles Werk, das die Autorin auf der lit.Cologne vorstellte, beginnt im Ahern-typischen Stil: Als die Dubliner Ärztin Enya eines späten Abends durch ein Unwetter fährt, kommt sie an einer Unfallstelle vorbei und kann einem Jungen das Leben retten. Doch das eigentlich erfreuliche Ereignis bringt ihr ohnehin fragiles Privatleben endgültig aus der Balance. In einem abgelegenen irischen Dorf übernimmt sie eine Landarztpraxis, wagt den Neubeginn und stellt sich mutig ihren Dämonen.
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Der romantische Aspekt, der Aherns bisheriges Werk entscheidend prägte, ist in „Dem Sturm entgegen“ allenfalls subtil vorhanden. Dafür gibt es einen Spannungsbogen, der die Leser bis zum Schluss fesselt. Denn der Verursacher des anfänglichen Unfalls wird erst ganz zum Schluss entlarvt.
Auf die falsche Fährte gelockt
Ein Faktor, über den sich Margarethe von Schwarzkopf, die als Moderatorin gewohnt klug und eloquent durch den Abend führte, besonders freute. Als langjährige Kulturjournalistin, Jurymitglied des „Crime Cologne Award“, selbst Krimiautorin und erfahrene Leserin liebe sie es, mitzuraten, verriet sie.
„Und hier hat Cecelia es geschafft, mich auf eine falsche Fährte zu locken und mit der Auflösung wirklich zu überraschen, ohne dass das Ende zu konstruiert wirkt.“
Obwohl „Dem Sturm entgegen“ (englischer Originaltitel: „Into the Storm“) sogar im doppelten Sinne passend ist, schwebte Ahern ursprünglich ein ganz anderer Titel vor: „The Rag Tree“, zu Deutsch „Der Lumpenbaum“.
Alte Bräuche im Mittelpunkt
Einen solchen findet Enya nämlich im Garten ihres neuen Zuhauses vor und ist zunächst gar nicht begeistert. Das Ritual der „Rag Trees“ ist ein Überbleibsel der alten irischen Mythologie: Bei Krankheiten oder Sorgen knoteten die Menschen Stofffetzen in die Äste ausgewählter, als magisch angesehener Bäume. So wie Wind und Wetter den Stoff zersetzten, so die Vorstellung, sollten sich auch die Probleme auflösen.
Eigentlich, waren sich von Schwarzkopf und Ahern einig, ist der Baum die eigentliche Hauptfigur des Buches. Zumal er stellvertretend für viele ur-irische heidnische Bräuche steht, die im Zuge der Christianisierung zwar verdrängt wurden, aber nie ganz verschwanden und derzeit ein Comeback erleben.
So spielt auch der keltische Jahreskreis im Buch eine bedeutende Rolle, zu dem neben der Winter- und Sommersonnenwende auch hierzulande unbekannte Rituale wie „Imbold“, das keltische Lichterfest am 1. Februar gehören. Für Schwarzkopf, die nicht nur bekennender Krimi-, sondern auch Irlandfan ist, ein weiterer Grund, das Buch zu lieben.
Angst vor Schreibblockaden
Doch auch Besucher, die es noch nicht gelesen hatten, kamen an diesem Abend auf ihre Kosten. Dafür sorgte Milena Karas, die routiniert einige Schlüsselszenen aus der deutschen Übersetzung von Ute Brammertz und Carola Fischer vortrug.
Aherns Bücher werden mittlerweile in mehr als 20 Sprachen übersetzt und erscheinen in 40 Ländern. Leichter, gab sie zu, werde das Schreiben dadurch aber nicht. Schreibblockaden oder Anflüge des „Imposter-Syndroms“ (Betrüger) gehörten nach wie vor zu ihrem Schriftstellerinnen-Alltag. Das nächste Buch, „Paper Heart“, zu Deutsch „Papierherz“, sei aber schon geschrieben – und werde auch wieder mehr Romantik enthalten.
Dass im WDR-Funkhaus an diesem Abend dennoch einige Plätze leer blieben, war sicherlich auch mit der Uhrzeit zu erklären. Unter der Woche eine 18-Uhr-Veranstaltung im Voraus zu buchen, könnte einigen Berufstätigen durchaus riskant erscheinen.
Cecelia Ahern: Dem Sturm entgegen. Roman, Piper, deutsch von Ute Brammertz und Carola Fischer, 448 S., 24 Euro.