Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Hip-Hop auf der lit.CologneSmudo und Thomas D sprechen in Köln über die Kunst hinter Songtexten

Lesezeit 4 Minuten
Sie gelten als Mitgründer der deutschen Rap-Szene: Smudo (l.) und Thomas D von den Fanta Vier.

Sie gelten als Mitgründer der deutschen Rap-Szene: Smudo (l.) und Thomas D von den Fanta Vier. 

Seit Jahrzehnten sind die Rapper mit den Fantastischen Vier erfolgreich. Ihre innovativen Texte trugen maßgeblich dazu bei. 

Für einen kurzen Moment ist man erschrocken: Kurz nach 20 Uhr kommen die beiden alten Herren des deutschen Hip-Hop am Donnerstag auf die Bühne des Kristallsaals der Koelnmesse gehumpelt: Durchaus ergraut, der eine mit Krücken. Thomas D und Smudo von den Fantastischen Vier sind für viele der Inbegriff von ewiger Jugend der deutschen Rap-Industrie. Nun geht die Zeit offenbar doch nicht spurlos an den beiden vorbei – doch im Laufe der abendlichen Lesung im Rahmen der lit.Cologne, welche eher zu einem Dialog gerät, beweisen die beiden Stuttgarter, dass sie immer noch zu den Jungbrunnen der deutschen Musikszene gehören.

Reden und unterhalten können Smudo und Thomas D nämlich immer noch vortrefflich. Die Krücken hat Smudo nicht aus Altersgründen bei sich, sondern weil er beim Eierkochen in der Küche ausrutschte und sich einen Riss des Syndesmosebandes zugezogen hat, was Kollege Thomas D zum Witzeln auf der Bühne verleitet. Anschließend geht es ans Eingemachte: Die lit.Cologne hatte zwei der bekanntesten Deutschen Pop-Musiker eingeladen, um auf die Wichtigkeit von Lyrics in der modernen Lyrik hinzuweisen, denn „hinter jedem guten Song steht ein guter Text“, wie es in der Ankündigung heißt.

1200 Gäste bei Smudo und Thomas D

Rund 1200 Gäste hatten sich im schicken Kristallsaal eingefunden – viele von ihnen Fans der ersten Stunde. Seit rund 40 Jahren machen die beiden Herren Musik, und seit über 35 Jahren gibt es „Die Fantastischen Vier“ – somit gibt es viel zu besprechen. Die beiden machen es der WDR-Moderatorin Rebecca Link nicht leicht, und die 53-Jährige ist bekannt dafür, selbst nicht auf den Mund gefallen zu sein. So gerät der Abend zu einem Battle der besten Anekdoten zwischen Thomas D und Smudo, und Rebecca Link darf sich zwischendurch mal einschalten.

So schnell hören wir nicht auf. Wir wollen bald auf eine große Tour gehen, aber auch das wird nicht unser Karriereende sein.
Thomas D von den Fanta Vier

Smudo und Thomas D lieben es, sich reden zu hören – und sind trotzdem sympathisch. Seit ihrer Gründung 1989 prägen die Fantastischen Vier die deutsche Musiklandschaft - mit Hits wie „Die da?!“, „MfG“ und „Troy“ haben sie Generationen von Fans elektrisiert. Ob die Lyrics der Stuttgarter Jungs einen Literatur-Nobelpreis verdient hätten, wie ihn Bob Dylan erhalten hat, sei dahingestellt – aber innovativ waren die Fantas über all die Jahre in jedem Fall. Mit dem Megahit „MfG“ wurde seinerzeit der erste Chartbreaker geschrieben, der fast nur aus Abkürzungen bestand – eine worttechnisch herausragende Leistung.

Auf die Fahnen schreiben sich die beiden auch den Erfolg, deutsche Musik wieder beliebt und frisch gemacht zu haben: Nicht nur die Co-Erfinder des deutschen Sprechgesangs seien sie gewesen, sondern hätten auch den deutschen Pop aus der spießigen Ecke der achtziger Jahre wieder herausgeholt, betont Smudo. Thomas D erzählt derweil eine Anekdote zum Hit „Tag am Meer“, welcher offenbar auf einem Drogentrip auf den Philippinen entstanden ist. Bei der ausführlichen Beschreibung springt und hüpft der 56-Jährige wie ein junger Gott – spätestens jetzt weiß man, dass immer noch die junggebliebenen Fantas auf der Bühne stehen.

Smudo übernimmt derweil den Part des gechillten Quatschkopfs, während Thomas immer wieder in philosophierende Phasen abdriftet. Die beiden sind völlig unpolitisch, wozu sie auch stehen. Stattdessen bleiben sie in ihren Ausführungen stets unterhaltsam, und gleichzeitig gesellschaftlich relevant und authentisch. Man habe mit den Hits mehr bewegt, als nur etwas Hüftgewackel in den Discos, betont Smudo – und das stimmt: Ihre Raps waren nie aggressiv oder chauvinistisch, sondern stets auf Inklusion und gesellschaftliches Miteinander bedacht.

Über zwei Stunden lang witzeln, fläzen und batteln sich die beiden Silberrücken des deutschen Raps auf der Bühne. Elf Studioalben haben sie vorgelegt, mehrfach mit Platin ausgezeichnet. Und trotzdem kündigt Thomas D an: „So schnell hören wir nicht auf. Wir wollen bald auf eine große Tour gehen, aber auch das wird nicht unser Karriereende sein.“ Womöglich stehen die Herren auch noch mit 70 auf der Bühne   – es wäre wünschenswert.