Köln – Die dominante Corona-Variante für den Herbst kristallisiert sich immer stärker heraus. Virologen in den USA haben nun nach „kryptischen Hinweisen“ in Abwasserproben zwei neue Mutationen der Omikron-Variante identifiziert. Die Mutationen BU und BQ umgehen die Immunisierung besonders gut und könnten die Fallzahlen steigen lassen, so die Einschätzung der Forscher. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
Woher stammen die neuen Corona-Mutationen BU und BQ?
Der Virologe Marc Johnson von der University of Missouri hat gemeinsam mit seinem Forscherteam die neuen Mutationen BU und BQ in Abwasserproben aus der Stadt St. Louis entdeckt. Johnsons Team sequenzierte die Genome der gefundenen Coronavirus-Stränge dabei deutlich detailreicher als üblich und entdeckte so „kryptische Coronastämme“, die komplett anders ausgesehen hätten, als bisherige Corona-Mutationen.
Daraufhin habe er den Virologen Dr. John Dennehy vom New Yorker Queen's College kontaktiert. Dennehy fand im Abwasser der US-Metropole ähnliche „kryptische Hinweise“ auf bis dato unbekannte Mutationen. Bis Ende 2021 hatte die Gruppe um Dennehy und Johnson neun Abwasseranlagen identifiziert, in denen die neuen Mutationen vorkamen.
2022 hätten sie so insgesamt 24 Corona-Stämme gefunden, die bisher unbekannte und für das Virus untypische Mutationen aufwiesen.
Warum entwickeln sich die Corona-Mutationen BU und BQ so unterschiedlich zu anderen?
Johnson vermutet, dass die neuen Omikron-Varianten direkt von Mensch zu Mensch übertragen wurden und auch innerhalb von Infizierten neue Mutationen bilden konnten. BU und BQ hätten sich innerhalb von Menschen gebildet, die bereits mit dem Coronavirus infiziert waren.
Die Personen wären immunisiert gegen das Virus gewesen, hätten die Viren aber dennoch weiter im Körper getragen. So habe das Virus aktiv gegen den Immunschutz arbeiten und schneller mutieren können, als es das Coronavirus normalerweise tut.
Wie unterscheiden sich BU und BQ im Vergleich zu Omikron BA.2 oder Delta?
Die meisten Veränderungen zeigen sich beim Spike-Protein, das bei der Omikron-Subvariante BA.2 oder bei der Delta-Variante ebenfalls stark verändert war. Durch die Mutationen wird die Infektiösität der neuen Variante in der Regel stark erhöht.
Auffällig ist, dass seit dem Aufkommen der Omikron-Variante immer wieder Aminosäuren am Spike-Protein ausgetauscht werden, die eine schnellere Ausbreitung fördern und gleichzeitig dafür sorgen, dass eine Immunisierung gegen das Coronavirus besser umgangen werden kann.
Vor dem sogenannten „Immun Escape“ warnt auch immer wieder Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), da mit ihm in der Regel ein Anstieg der Fallzahlen einhergeht. Bei Omikron wurden nach und nach neue Aminosäuren am Spike-Protein festgestellt, besonders L452R, L452Q und L452M.
Kurz danach entdeckten Virologen auch die als „Centaurus“ bekanntgewordene Variante BA2.75, die zudem die Aminosäure N460 enthält. Das Besondere: Exakt diese Aminosäuren entdeckten Johnson und sein Team bereits Monate vor dem Ausbruch der jeweiligen Omikron-Mutationen in den Abwasserproben. Sie gehen davon aus, dass auch weitere in den Proben gefundene Aminosäuren bald bei sich neu ausbreitenden Corona-Mutation auftauchen.
Corona-Mutationen: Wie geht es mit BU und BQ weiter?
Mittlerweile haben mehrere Forscherteams die von Johnson entdeckten Aminosäurenaustausche am Spike-Protein auch unabhängig von Abwasserproben entdeckt. BU enthält die Aminosäuren L452R und N460K und wurde vor kurzem offiziell klassifiziert, ebenso die Variante BQ, die sich von BU minimal unterscheidet. Beide Varianten sind Omikron-Subtypen.
Johnson und sein Team gehen davon aus, dass die beiden Varianten in den kommenden Monaten das Infektionsgeschehen beeinflussen, vermutlich sogar dominieren werden. Zur gleichen Einschätzung klommt auch der britische Virologe Tom Peacock vom Imperial College in London, der Johnson Einschätzung teilte.
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Bisher wurden allerdings erst sehr wenige Fälle mit den beiden neuen Varianten sequenziert, sie sind als solche aber auch erst seit dem Wochenende klassifiziert.
Aufgrund der starken Mutationen ist allerdings davon auszugehen, dass selbst die für die Subtypen BA.4 und BA.5 bereitgestellten Impfstoffe nur einen bedingten Schutz gegenüber den neuen Omikron-Varianten bieten werden. Allerdings ist dieser immer noch vorhanden und schützt definitiv vor einem schweren Verlauf. (shh)