AboAbonnieren

„Fällt mir nichts mehr zu ein“Bundeswahlleiterin springt Kanzler Scholz zur Seite – und gerät selbst in die Kritik

Lesezeit 3 Minuten
Olaf Scholz will erst am 15. Januar die Vertrauensfrage stellen. Neuwahlen gäbe es dann im März – der Opposition geht das nicht schnell genug. (Archivbild)

Olaf Scholz will erst am 15. Januar die Vertrauensfrage stellen. Neuwahlen gäbe es dann im März – der Opposition geht das nicht schnell genug. (Archivbild)

Scholz will die Vertrauensfrage stellen – am Kanzlerplan gibt es Kritik. Die Bundeswahlleiterin warnt vor einem frühen Termin – und bekommt Gegenwind.

Die Bundeswahlleiterin appelliert an Bundeskanzler Olaf Scholz, beim Termin für eine Neuwahl nichts zu überstürzen. Aus organisatorischen Gründen sei das riskant, schreibt Wahlleiterin Ruth Brand in einem Brief an Scholz, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Das Schreiben, über das zuerst der „Spiegel“ berichtete, trägt den Titel „Herausforderungen und Risiken einer vorgezogenen Neuwahl im Januar beziehungsweise Februar 2025“.

„Insgesamt sehe ich in diesem Fall eine hohe Gefahr, dass der Grundpfeiler der Demokratie und das Vertrauen in die Integrität der Wahl verletzt werden könnte“, warnt die Wahlleiterin. Für eine ordnungsgemäße Wahl müsse der Zeitraum von 60 Tagen ab Auflösung des Bundestags voll ausgeschöpft werden.

Neuwahltermin: Wahlleiterin warnt vor „Risiken auf allen Ebenen“

„Soweit Termine und Fristen in die Weihnachtszeit oder in den Zeitraum zwischen den Jahren fallen würden, wäre der nur sehr knappe Zeitraum von 60 Tagen maßgeblich verkürzt“, schreibt Brand. Dies könne zu „unabwägbaren Risiken auf allen Ebenen“ führen.

Alles zum Thema Olaf Scholz

Probleme könne es schon bei der Beschaffung von Papier und der Beauftragung von Druckdienstleistern geben. Außerdem seien wegen zunehmender hybrider Bedrohungen besondere Sicherheitsmaßnahmen zu treffen.

Droht eine Überlastung der Wahlämter in der Weihnachtszeit?

Brand befürchtet zudem, dass Wahlvorschläge in der Eile fehlerhaft eingereicht und dann nicht zugelassen werden. Nicht etablierte Parteien, die Unterstützungsunterschriften sammeln müssten, stünden unter zusätzlichem Zeitdruck.

Eine Überlastung der Wahlämter könnte dazu führen, dass Briefwahlunterlagen besonders ins Ausland nicht rechtzeitig versendet werden. Wahlunterlagen könnten fehlen und Wahlvorstände unzureichend geschult sein.

Scharfe Kritik an Terminplan von Kanzler Olaf Scholz

Zuvor war Kritik am Plan von Kanzler Scholz laut geworden, der erst am 15. Januar die Vertrauensfrage stellen will. Die Wahlen würden dann erst im März folgen. Die Opposition um CDU-Chef Friedrich Merz fordert einen früheren Wahltermin.

„Über den Termin sollten wir möglichst unaufgeregt diskutieren“, betonte Scholz mit Blick auf die angestrebte Neuwahl. „Für mich ist das so, dass wir hier ein großes demokratisches Fest haben, und das gelingt am besten, wenn alle gemeinsam zur Party schreiten“, zeigte sich der SPD-Politiker am Freitag gesprächsbereit.

Kubicki und Laschet kritisieren Stellungnahme von Wahlleiterin

Kritik gibt es unterdessen auch an Wahlleiterin Ruth Brand. „Wenn die Wahlleiterin erklärt, sie könne ihr Amt in dem von der Verfassung vorgegebenen Rahmen nicht ausüben, sollte sie es überhaupt nicht ausüben“, polterte FDP-Politiker Wolfgang Kubicki in Richtung von Brand am Freitag auf der Plattform X.

Auch der ehemalige CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet äußerte Kritik. „Seit 1949 stehen Fristen für eine Neuwahl nach der Vertrauensfrage des Bundeskanzlers im Grundgesetz“, schrieb Laschet bei X.

„In einem zerstörten Land ohne Computertechnik trauten sich die Väter und Mütter schnelles Handeln in Krisen zu. Zum Hin und Her der Bundeswahlleiterin fällt mir nichts mehr ein“, hieß es weiter. Brand hatte zuvor erklärt, grundsätzlich spreche nichts gegen einen früheren Wahltermin. (mit dpa)