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Neue US-Pläne sorgen für Entsetzen„Hatten die USA jemals einen dümmeren Präsidenten als Trump?“

Lesezeit 7 Minuten
US-Präsident Donald Trump spricht von einem „Deal“ mit Russland. Moskau überzieht Kiew daraufhin mit heftigen Angriffen. (Archivbild)

US-Präsident Donald Trump spricht von einem „Deal“ mit Russland. Moskau überzieht Kiew daraufhin mit heftigen Angriffen. (Archivbild)

Trump spricht von einem „Deal mit Russland“ – Indizien dafür gibt es keine. Aus Europa kommt Kontra und Moskau reagiert mit Gewalt. 

Donald Trump hat mit neuen Aussagen zu Russlands Krieg gegen die Ukraine für Aufsehen, Kritik und Empörung gesorgt. In der Nacht auf Donnerstag erklärte der US-Präsident, ein „Deal“ mit Russland zur Beendigung des Kriegs sei in greifbarer Nähe – und machte dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj erneut schwere Vorwürfe.

„Ich glaube, wir haben einen Deal mit Russland“, sagte Trump in Washington, ohne weitere Details zu der angeblichen Einigung zu nennen. Eine direkte Reaktion aus Kiew oder Moskau gab es bis zum Donnerstagmorgen nicht. Kremlchef Wladimir Putin erwähnte Trump bei seinen Statements nicht.

Donald Trump überzieht Wolodymyr Selenskyj mit Schimpftirade

Erneut attackierte der US-Präsident jedoch seinen ukrainischen Amtskollegen. „Wir müssen eine Vereinbarung mit Selenskyj treffen“, forderte Trump, der Selenskyj kurz zuvor auf der Plattform Truth Social mit einer Tirade überzogen und dem Ukrainer vorgeworfen hatte, den Krieg mit aufhetzenden Äußerungen zu verlängern.

Der ukrainische Präsident dagegen wies die Linie von Trump unterdessen am Donnerstag erneut zurück und stellte klar, dass die Ukraine für einen „Frieden“ auf die von Russland annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim nicht verzichten werde.  

Selenskyj kontert mit Verweis auf Krim-Erklärung der USA

„Die Ukraine wird immer im Einklang mit ihrer Verfassung handeln, und wir sind absolut sicher, dass unsere Partner – insbesondere die USA – sich an ihre starken Entscheidungen halten werden“, sagte Selenskyj in einer bei Telegram und auf der Plattform X veröffentlichten Mitteilung am Mittwochabend – und gab Trump indirekt Kontra. Dazu heftete er die Krim-Erklärung der USA von 2018 an, in der Russland zum Rückzug von der völkerrechtlich zur Ukraine gehörenden Krim aufgefordert wird.

Der US-Präsident hatte Selenskyj zuvor vorgeworfen, mit seiner Weigerung den Krieg zu verlängern. „Wenn er die Krim haben will, warum haben sie dann nicht schon vor elf Jahren um sie gekämpft, als sie ohne einen Schuss an Russland übergeben wurde?“, hatte Trump bei Truth Social gepoltert. Es seien solche aufhetzende Äußerungen Selenskyjs, die es schwierig machten, den Krieg beizulegen. „Diese Aussage ist sehr schädlich für die Friedensverhandlungen“, so Trump.

Donald Trump droht Ukraine mit Verlust weiterer Gebiete

Später sagte Trump, er habe gedacht, es sei einfacher, mit Selenskyj zu verhandeln. „Bis jetzt war es schwieriger, aber das ist okay.“ Der US-Präsident warnte den Ukrainer zudem, dass er angesichts der schlimmen Lage noch mehr Gebiete verlieren könne. „Der kann Frieden haben, oder er kann noch weitere drei Jahren kämpfen, bevor er das ganze Land verliert“, drohte der US-Präsident. Selenskyj sei ein Mann „ohne Karten“ und sollte sich auf einen „Friedensdeal“ einlassen, sagte Trump.

Russland fordert einen Verzicht der Ukraine auf die Krim und vier weitere Regionen – als einzigen Weg, um Frieden zu schließen in dem Krieg, den Moskau seit mehr als drei Jahren gegen das Nachbarland führt. Trump, der seit Amtsantritt auf Kuschelkurs mit Moskau gegangen ist, hat die russischen Forderungen zuletzt weitgehend übernommen.

Kolportierter „Friedensplan“ von Trump entspricht Putins Wünschen

Am Mittwoch kursierte ein „Friedensplan“ aus Washington, der sieben Punkte umfassen soll und bei dem nahezu alle russischen Kriegsziele erfüllt würden. Übereinstimmenden Berichten von „Axios“ und „The Telegraph“ zufolge sei auch die Übergabe der meisten von Russland besetzten Gebiete darin vorgesehen, außerdem müsse die Ukraine auf eine Nato-Mitgliedschaft verzichten.

US-Sanktionen gegen Russland sollen dem Plan zufolge aufgehoben werden. Im Gegenzug solle die Ukraine Sicherheitsgarantien bekommen. Diese sollen jedoch andere Länder geben, so die vagen Pläne der USA.

Kiew hat unterdessen bereits mehrmals klargestellt, dass es die besetzten Gebiete niemals als russisch anerkennen werde. Die ukrainische Verfassung lässt diesen Schritt auch gar nicht zu. Der Anspruch auf die besetzten Gebiete ist dort ebenso verankert, wie die Absicht, in die Nato einzutreten.

Eindeutige Signale aus Moskau: Kreml will keinen Kompromiss

Aus Moskau kamen am Mittwoch derweil ebenfalls keinerlei Botschaften, die darauf hindeuten, dass es tatsächlich – wie von Trump behauptet – eine Einigung geben könnte. So erklärte Kremlsprecher Dmitri Peskow im Interview mit dem französischen Magazin „Le Point“, dass sich die ukrainischen Truppen aus den von Russland einverleibten Gebieten zurückziehen müssten, wenn Kiew Frieden mit Moskau wolle – und bekräftigte damit die russischen Maximalforderungen.

Kremlsprecher Dmitri Peskow (l.) im Gespräch mit Wladimir Putin. (Archivbild)

Kremlsprecher Dmitri Peskow (l.) im Gespräch mit Wladimir Putin. (Archivbild)

Moskau beansprucht weiterhin Gebiete, die von der Ukraine kontrolliert werden. Darunter auch die Großstädte Cherson und Saporischschja. Peskow nannte die russischen Bedingungen auch als Grund dafür, dass Moskau einen Waffenstillstand abgelehnt habe, weil dieser nicht „alle russischen Forderungen“ erfüllt hätte.

Sollte die Ukraine sich aus den von Moskau als „Noworossija“ („Neurussland“) bezeichneten Gebieten zurückziehen, werde der Krieg „sofort enden“, erklärte Peskow weiter – und ließ keinerlei Zweifel aufkommen, dass Moskau weiterhin nicht zu Kompromissen bereit ist. 

„Das ist kein Friedens-, sondern ein Kapitulationsplan für die Ukraine“

Angesichts der für Russland überaus vorteilhaften US-Pläne wurde unterdessen in Europa erneut scharfe Kritik laut. „Trumps Friedensplan verlangt von der Ukraine, die russische Besatzung zu akzeptieren – das ist kein Friedens-, sondern ein Kapitulationsplan für die Ukraine“, kommentierte der estnische Politiker Marko Mihkelson, Vorsitzender des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, die jüngsten Ideen aus Washington.

„Wenn die Ukrainer kapitulieren wollten, könnten sie es auch ohne Trumps Hilfe tun“, lautete unterdessen der beißende Kommentar des ehemaligen litauischen Außenministers Gabrielius Landsbergis auf der Plattform X. Auch FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann äußerte sich zu Trumps Plänen. „Da wird ein Deal auf Kosten der Ukraine gemacht“, erklärte sie gegenüber „Welt“. Der US-Präsident bereite „das Bett vor, in das Russland reinspringt“, fügte die FDP-Politikerin an.

Scharfe Kritik an Trump: „Die größten Beschwichtiger des Bösen“

Der ehemalige belgische Premierminister Guy Verhofstadt fand ebenfalls deutliche Worte. Sollten Trump und sein Kabinett „die Ukraine im Stich lassen und Russland entfesseln, werden sie als die größten Beschwichtiger des Bösen in die Geschichte eingehen, die die zivilisierte Welt je gesehen hat“, schrieb Verhofstadt bei X und forderte eine deutliche Reaktion der europäischen Ukrainer-Unterstützer.

Scharfen Gegenwind bekommt Trump auch in der Heimat. „Das ist kein Deal, das ist eine Kapitulation“, kommentierte Jason Crow die Berichte über die Planungen des Weißen Hauses. „Trump und Vance handeln nach Putins Willen“, fügte der demokratische Abgeordnete bei X an. „Ein besetztes Land zu zwingen, die Bedingungen eines Diktators zu akzeptieren und mit einem Rückzug zu drohen, ist wohl kaum eine Verhandlung.“

Gegenwind auch in den USA: „Das ist eine Kapitulation“

Auch Michael McFaul, ehemaliger US-Botschafter in Moskau, ließ kein gutes Haar am Vorgehen der US-Regierung. Die jüngsten Ereignisse zeigten „die schlechte Leistung von Trumps Verhandlungsteam“, schrieb McFaul bei X. „Beschwichtigungsangebote ohne Gegenleistung schüren nur neue Forderungen nach weiteren Zugeständnissen“, warnte der ehemalige Top-Diplomat.

Die Kritik von Politikexperten an Trump fällt ebenso eindeutig aus. „Trump hat einen ‚Deal mit Russland‘, der die russische Position übernimmt“, kommentierte etwa der Kölner Außenpolitik-Experte Thomas Jäger bei X.

Trumps Pläne sorgen für Entsetzen unter Russland-Experten

Anders Åslund, schwedischer Russland-Experte und früherer Berater des ehemaligen russischen Präsidenten Boris Jelzin, wählte noch drastischere Worte. „Hatten die USA jemals einen dümmeren Präsidenten als Trump?“, fragte der Schwede in den sozialen Netzwerken. 

Russland bekräftigte unterdessen seinen Kriegskurs in der Nacht erneut, ohne Worte dafür zu verwenden – und überzog die Ukraine mit massiven Luftangriffen. Insgesamt 215 Raketen und Drohnen verschiedener Bauarten seien von Russland in der Nacht auf die Ukraine abgefeuert worden, hieß es aus Kyjiw. 

Moskau unterstreicht Kriegskurs: Tote bei heftigen Angriffen auf Kyjiw

Im Fokus der heftigen russischen Angriffe habe demnach die Hauptstadt Kyjiw gestanden. Neun Menschen seien nach Behördenangaben bei den Angriffen getötet worden, 70 weitere Personen verletzt worden. Am Morgen wurden immer noch Menschen unter Trümmern gesucht. Ukrainischen Medienberichten zufolge konnte ein Mann nach sechs Stunden aus dem Schutt eines eingestürzten Gebäudes befreit werden. 

„Nach Trumps Angriff auf Selenskyj lässt Putin den tödlichsten Raketenangriff auf Kiewer Wohngebiete seit Monaten los, bei dem mehrere Menschen getötet und viele weitere verletzt werden“, kommentierte der in der Ukraine geborene Journalist Yaroslav Trofimov die jüngsten Attacken – und erinnerte daran, dass Trump kürzlich die „Bitte der Ukraine“ abgelehnt habe, weitere Luftabwehrraketen von den USA kaufen zu können.

Auch der ehemalige US-Botschafter Michael McFaul meldete sich nach den jüngsten Angriffen erneut bei X zu Wort – und klang dabei mittlerweile fast schon verzweifelt. „Putin ist ein Terrorist. Warum erkennt Trump diese offensichtliche Tatsache nicht?“, lautete sein Kommentar zum Vorgehen des US-Präsidenten.