- Salih Özcan ist nach einem Jahr als Leihspieler in Kiel zurück beim 1. FC Köln.
- Mit Martin Sauerborn hat er über seine Erfahrungen in Kiel gesprochen.
Donaueschingen – Salih Özcan ist zurück in Köln. Zurück bei seiner Familie in Ehrenfeld und zurück beim 1. FC Köln. Dem Club, dem sein Herz gehört und dem er seit 2007 die Treue hält. Den Club, den der erst 22-Jährige im Sommer 2019 aber auch scheren Herzens verlassen musste. In Kiel sollte er neue Erfahrungen sammeln. Das erste Mal weg von Zuhause. Manchmal braucht es Veränderung, um den nächsten Schritt als Profi-Fußballer gehen zu können. Salih Özcan fühlt sich dazu bereit. Er ist zurück, im Wesen und als Typ der Alte und doch ein anderer Salih. „Ich habe Selbstvertrauen und Erfahrung gesammelt. Der neue Salih kann man nicht so sagen, aber der entwickelte Salih, das passt“, sagt er. Und lässt dieser Selbstbeschreibung ein zufriedenes Lachen folgen.
Aus dem eigenen Nachwuchs entwickelt
Salih Özcan war eines dieser großen Versprechen für die Zukunft beim FC. Ein Spieler, im eigenen Nachwuchs gereift, der als Kapitän der U21-Nationalmannschaft neben seinen fußballerischen auch Führungsqualitäten mitbringt. Ein junger Mittelfeldspieler, flexibel einsetzbar und als kölsche Jung eine Identifikationsfigur für die Fans. Im September 2016 debütierte der jüngste von drei Brüdern unter Trainer Peter Stöger in der Bundesliga. Dem damals 18-Jährigen blieb in der Saison zwar meist nur die Joker-Rolle, er war aber fester Bestandteil des Profiteams. Am Ende dieser Saison stand sein bislang schönstes Erlebnis als Fußballspieler. „Nach 25 Jahren mit dem FC wieder in den Europapokal einzuziehen, dass vergesse ich nie und werde es noch meinen Enkeln erzählen. Dem Rausch folgte die Ernüchterung. Özcan konnte in seiner zweiten Bundesliga-Saison seine Einsatzzeit zwar auf 1600 Minuten steigern, der FC aber stürzte ab und fand sich in der 2. Liga wieder. „Das war keine leichte Zeit“, erinnert sich Özcan. Aber trotzdem eine weitere Erfahrung.
Keine leichte Zeit unter Markus Anfang
Für Salih Özcan wurde es nicht einfacher. Unter Markus Anfang kam er in der Zweitliga-Saison nur noch auf 600 Spielminuten. Am Ende der Saison stand zwar der direkte Wiederaufstieg, der junge Kölner aber hatte seinen Platz verloren, auch weil er durch die fehlende Spielpraxis in den Leistungen stagnierte. „Wenn der Trainer andere aufstellt, kann man nichts dafür. Ich habe immer meine Leistungen abgerufen“, sieht Özcan die Schuld nicht bei sich.Der damalige Sportchef Armin Veh und der neue Trainer Achim Beierlorzer entschieden sich dann dazu, Özcan in die Fremde zu schicken. Eine Nachricht, die ihn schlucken ließ. „Sie haben mir gesagt, dass ich wenig Spielzeit bekomme werde. Als junger Spieler ist es aber wichtig, Spielpraxis zu sammeln. Es nützt keinem etwas, auf der Tribüne zu sitzen. Deshalb bin ich nach Kiel gegangen.“
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Fernab des heimischen Nestes, in einer eigenen Wohnung und einer fremden Stadt kamen neue Aufgaben auf ihn zu: Wäsche waschen, Kochen oder Einkaufen. Und Salih war mehr alleine als in Köln, wo er mit Familie und Freunde einen Großteil seiner Freizeit verbrachte. „Das Alleinsein hat gut getan. Ich habe noch mehr an mir gearbeitet, anstatt auch mal mit Freunden Kaffeetrinken zu gehen.“ Das Wichtigste aber war, dass der 22-Jährige das bekam, was er am meisten brauchte: Spielpraxis.
Nach einer Eingewöhnungszeit unter Trainer André Schubert, startete Özcan ab Mitte September unter Schuberts Nachfolger Ole Werner durch. „Mannschaft und Trainerteam haben wir vermittelt, dass sie mich brauchen und mir Vertrauen geschenkt. Ich habe in Kiel gespielt und wenn es mal nicht so lief, musste ich mir nicht gleich Gedanken darüber machen, beim nächsten Mal wieder draußen zu sitzen“, beschreibt der FC-Profi. Der Druck, der Özcan in so manchem Moment an seiner Entwicklung gehindert hatte, war raus. 28 Saisoneinsätze, davon 26 Mal in der Startelf, fünf Tore und sieben Assists: „Es war eine erfolgreiche Saison, ein Super-Jahr für mich.“
Zum Führungsspieler entwickelt
Özcan wuchs bei Holstein in die Rolle des Führungsspielers und konnte auf der Position des Achters und seine offensiven Qualitäten mehr ausspielen. „Ich habe generell mein ganzes Spiel verbessert. Es gibt nichts Besseres, als 25 Mal 90 Minuten auf dem Platz zu stehen. Dadurch bin ich selbstbewusster und sicherer geworden, selbst wenn mal etwas schief gegangen ist“, erklärt Özcan seine Fortschritte.
Özcan positive Entwicklung an der Förde blieb dem FC nicht verborgen. Schnell war klar, dass der gebürtige Kölner nach Ende seiner Leihe im Sommer 2020 zurückkehren wird. „Sportchef Horst Heldt hat mir früh in der Saison Bescheid gegeben, dass der FC mit mir plant. Es ist schon ein schönes Gefühl nach so einem Anruf. Für mich war immer klar, dass ich zurück nach Köln will“, sagt Özcan.
Jetzt ist er zurück, obwohl ihn Corona zum Trainingsbeginn erst einmal zehn Tage aus dem Verkehr gezogen hat. Auch daraus zieht Salih Özcan etwas Positives: „Es ist besser, dass es vor und nicht in er Saison passiert ist. Ich hatte keine Symptome und fühle mich topfit.“ Anfang September wird er noch einmal eine gute Woche fehlen. U21-Nationalcoach Stefan Kuntz hat ihn für die EM-Qualifikationsspiele gegen Moldau und Belgien nominiert. „Die Nationalmannschaft ist auch wichtig für mich und der Trainer hat mir gesagt, dass er mich unbedingt dabei haben will. Natürlich ist es nicht optimal, in der Vorbereitung zweimal länger zu fehlen.“
Salih Özcan hat das Jahr in Kiel genug Selbstvertrauen für den Kampf um die Stammplätze beim FC gegeben. „Ich will mich zeigen, will meine Spiele machen und den Trainer überzeugen. Der Konkurrenzkampf ist natürlich groß.“ Damit kennt sich Özcan in Köln aber aus und auch sonst ist ihm das meiste beim FC, bei dem er noch bis 2021 Vertrag hat, bekannt. „Die Wiederaufnahme ins Team war kein Problem. Ich musste zum Glück zum Einstand auch nicht nochmal singen.“ Es ist also alles beim Alten, nur dass Salih Özcan ein Jahr älter ist und sich weiter entwickelt hat.