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„Wir sind sehr nah an Europa“Wie der 1. FC Köln vom internationalen Geschäft träumt

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Kölns Sebastian Andersson (l) freut sich mit Mark Uth über sein Tor zum 1:1.

Köln – Mark Uth wusste um die Gefahr. Im Jubel über das sensationelle Comeback des 1. FC Köln beim 3:2-Heimsieg gegen den FSV Mainz 05 konnte er jedoch nicht anders und ließ seiner Euphorie freien Lauf. „Ich will jetzt hier nichts ausrufen, sonst kriege ich wieder die Breitseite vom Trainer“, sagte der Angreifer mit einem verschmitzten Lächeln. „Aber ich persönlich will unfassbar gerne nach Europa.“ Dann wurde der Porzer sogar noch deutlicher: „Wir sind sehr, sehr nah dran an Europa. Wir wollen die Spiele gewinnen.“

Tatsächlich befeuerte der Verlauf des 29. Spieltags der Fußball-Bundesliga die Träumereien von internationalen Nächten mit den Geißböcken, die 25 Jahre warten mussten, ehe sie 2017 erstmals wieder im europäischen Geschäft vertreten waren. Während die Mannschaft von Trainer Steffen Baumgart mit nun 43 Punkten den Tabellenzehnten Mainz auf fünf Zähler distanzierte, ließen weitere unmittelbare Konkurrenten Federn. Der Rückstand des direkten Verfolgers Eintracht Frankfurt (39 Punkte) wuchs durch die 1:2-Heimniederlage gegen den SC Freiburg auf vier Zähler an.

Platz sechs ist in greifbarer Nähe

Sogar Platz sechs, der definitiv zur Teilnahme am europäischen Geschäft berechtigt, ist für den Tabellenachten Köln wieder in greifbare Nähe gerückt. Die TSG Hoffenheim hat nach ihrer 0:3-Pleite bei RB Leipzig nämlich nur noch einen Punkt Vorsprung auf die Kölner. Zwischen beiden Clubs rangiert mit ebenfalls 44 Punkten Union Berlin. Die Eisernen triumphierten im Stadtderby bei Hertha BSC mit 4:1 und scheinen den Winter-Abgang von Topscorer Max Kruse inzwischen überwunden zu haben.

Rein von der Papierform her hält das Restprogramm nicht unlösbare Aufgaben für den FC bereit. Steffen Baumgarts Team bekommt es an den letzten fünf Spieltagen ausschließlich mit Kontrahenten zu tun, die in der zweiten Tabellenhälfte rangieren. Andererseits könnte genau darin die große Schwierigkeit liegen. Den Auftakt macht das prestigeträchtige rheinische Derby am Karsamstag (18.30 Uhr) bei der wiedererstarkten Gladbacher Borussia. Die Fohlen haben sich mit zuletzt zehn von zwölf möglichen Punkten deutlich stabilisiert und verfügen trotz einer enttäuschenden Saison über hohe Qualität. Ein Derbysieg über den Rivalen aus Köln würde bei Borussias Anhang so manche Schmach vergessen machen – wie zum Beispiel die 1:4-Schlappe im November im Rhein-Energie-Stadion.

Leistungstechnisch auf einem schmalen Grat

Anschließend warten zwei Abstiegskandidaten auf den FC. Nach dem Heimspiel gegen den Relegationsplatz-Inhaber Arminia Bielefeld (23. April) reisen die Kölner zum FC Augsburg (30. April). Zum letzten Heimspiel der Saison kommt am 7. Mai der VfL Wolfsburg, die vielleicht größte Enttäuschung dieser Bundesliga-Spielzeit. Zu Ende geht die Runde am 14. Mai mit einem Wiedersehen mit Alexander Wehrle. Kölns langjähriger Geschäftsführer ist seit Ende März als Vorstandsvorsitzender des Tabellenfünfzehnten VfB Stuttgart tätig.

Leistungstechnisch wandert der FC vor dem Saison-Endspurt auf einem schmalen Grat. Als Beleg dient die Partie gegen Mainz 05, in der die Geißböcke nach schwachem Start bereits mit 0:2 im Hintertreffen lagen. Dem FC drohte nach dem 0:1 bei Union Berlin eine unliebsame Premiere in dieser Spielzeit: Die zweite Niederlage in Folge, die statt Europa-Euphorie Frustration geschürt hätte.

„Unglaubliche Mentalität“

„Wir haben am Samstag am eigenen Leib erfahren, was passiert, wenn wir uns nicht an unseren Plan halten. Wir können gegen jede Mannschaft verlieren, aber auch gewinnen. In der Schlussphase haben die Jungs gezeigt, was möglich ist, wenn man sich an den Matchplan hält“, erklärte der Kölner Lizenzspielerleiter Thomas Kessler, der seinem Team eine „unglaubliche Mentalität“ bescheinigte.

Die am Dienstag (11 Uhr) beginnende Trainingswoche vor dem Derby in Gladbach soll auch dazu genutzt werden, um die Probleme aus dem Mainz-Spiel genauer zu besprechen. „Die ersten 60 Minuten waren nicht gut. Zwischendurch gab es wilde Szenen und schlechtes Passspiel. In dieser Woche müssen wir intensiver in die Analyse gehen und schauen, woran es am Ende gelegen hat“, sagte Thomas Kessler. Mark Uths Europa-Träumereien begegnete der Lizenzspielerleiter derweil mit einem kecken Konter: „Mark hat nach der Saison vier Wochen Urlaub. Die Reisebestimmungen sind ja inzwischen relativ entspannt. Da kann er jede Stadt des Kontinents bereisen wie er möchte.“