Köln – In gut einer Woche empfängt der 1. FC Köln Hertha BSC zum Saisonauftakt der Fußball-Bundesliga. 16 500 Zuschauer dürfen dabei sein, das sickerte inzwischen durch. Die Zahl selbst ist nicht so überraschend, etwa ein Drittel des Rheinenergie-Stadions wäre gefüllt. Erstaunlich ist, dass der 1. FC Köln beim Einlass eine klare Priorität setzt: 15 500 der Karten sollen an Geimpfte und Genesene vergeben werden. Das entspricht knapp 94 Prozent. Lediglich 1000 Besucher sollen mit einem aktuellen Testnachweis dabei sein können. Das Konzept ist mit dem Gesundheitsamt der Stadt abgestimmt, bestätigt die Verwaltung. Es soll auch greifen,wenn die Inzidenz weiter ansteigt. Jürgen Zastrow, Leitender Impfarzt am Kölner Impfzentrum und Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, begrüßt den FC-Vorstoß. „Ich finde das sehr gut. Ich würde Ungeimpfte gar nicht reinlassen. Die Menschen können sich frei entscheiden, ob sie sich impfen lassen oder ein Risiko für andere darstellen wollen. Es geht um den Schutz der Allgemeinheit.“
Wie wählt der FC die Zuschauer aus?
Alle 25 000 Dauerkarteninhaber werden in den nächsten Tagen eine Mail mit den Erläuterungen vom Verein bekommen. Unter ihnen werden die Zutrittsberechtigten für das Spiel gegen Berlin (Sonntag, 15. August, 17.30 Uhr) ausgelost. Die Fans werden laut FC im Schachbrettmuster, auf allen Tribünen verteilt, im Stadion sitzen. Gästefans sind nicht zugelassen. Rund um das Stadion dürfte es einen äußeren Sicherheitsbereich geben, schon an diesem ersten Zutrittsbereich wird vermutlich der Impf- oder Genesenen-Nachweis kontrolliert. Laut Club soll es Zeitzonen für den Zutritt geben, um ein zu großes Gedränge zu vermeiden. Die Details müssten noch geklärt werden.
Warum der Vorrang für Geimpfte?
Der Club positioniert sich damit – und bekommt in Internetforen durchaus Kritik zu hören. „Die Impfung ist ein wichtiger Aspekt bei der Rückkehr der Zuschauer zu den Spielen“, sagt FC-Sprecherin Lil Zercher. „Es bleibt aber eine persönliche Entscheidung.“ Tatsächlich gibt die Deutsche Fußball Liga (DFL) diese Linie nicht vor. Gemeinsam mit den Kommunen unterstützt die DFL zwar Impfaktionen, wie sie in dieser Woche am Geißbockheim stattfand und wie sie auch Drittligist Viktoria Köln plant (siehe Infotext). Die Clubs dürfen aber je nach Corona-Lage vor Ort selbst über das Vorgehen entscheiden. Viktoria werde über die Verteilung der Karten von Spiel zu Spiel entscheiden, sagt Geschäftsführer und Ex-DFL-Chef Andreas Rettig.
Kritik am Vorgehen des FC entzündet sich auch daran, dass Kinder und Jugendliche vorläufig quasi ausgesperrt würden. Die Impfung für Unter-18-Jährige ist erst seit zwei Wochen im Kölner Impfzentrum möglich. Der Verein teilt mit, man arbeite noch an den Details – auch für junge Besucher.
Ist der Vorrang für Geimpfte Vorbild für Konzert- und Theatersäle?
„Wir wissen, dass Veranstalter, auch aus dem Karneval, darüber nachdenken“, sagt Bernhard Conin, Geschäftsführer von Kölnkongress. 2G oder 3G, also nur Geimpfte und Genesene, oder zusätzlich auch Getestete? Das ist eine Grundsatzfrage, an der sich die Geister scheiden. „Ich persönlich bin ein Freund von 3G“, sagt Lanxess-Arena-Chef Stefan Löcher. Allerdings macht er auch klar: „Es ist fünf vor Zwölf. Die Branche braucht 100 Prozent Auslastung. Da muss die Politik weg von der Inzidenz.“ Ob die volle Wiederaufnahme des Betriebs mit 2G oder 3G gestartet werde, sei letztlich nebensächlich.
Bei den beiden Konzerten, die in dieser Woche in der Philharmonie stattfanden, hatte Intendant Louwrens Langevoort den Eindruck, „dass ein großer Teil derer, die sie besucht haben, schon geimpft ist. Aber es gibt immer Leute, die das nicht können – auch Kinder, die Konzerte besuchen möchten. Da muss man eine andere Lösung finden.“ Generell würde er zwar „allen Leuten die Empfehlung geben, sich impfen zu lassen. Aber solange mir nicht durch den Staat der Rücken gestärkt wird, werde ich nicht sagen, dass nur Geimpfte in meinen Saal kommen, auch wenn ich jetzt schon die Möglichkeit dazu hätte.“
Wie steht es um Impfungen bei Künstlern?
Das Bundesjugendorchester und das West Eastern Divan Orchester, die in diese Woche in der Philharmonie waren, hatten sich laut Langevoort „allen möglichen Tests unterzogen, beim letzteren ist ein Großteil doppelt geimpft und macht trotzdem jeden Tag PCR-Tests“.
Welche Auswirkungen hat die Inzidenzstufe auf Veranstaltungen?
Derzeit gilt noch, dass es ab Inzidenzstufe 2, die nach acht aufeinanderfolgenden Tagen mit einem Wert über 35 eintritt, Einschränkungen bei den Besucherzahlen greifen. Veranstalter stellt das vor Unsicherheiten. „Im Tanzbrunnen sind derzeit 1500 Zuschauer zugelassen, bei Inzidenzstufe 2 wären es nur 500“, sagt Conin. Aber zählen da Geimpfte mit? Eine Frage, für die Conin derzeit nach einer verbindlichen Regelung mit der Stadt sucht. „Es muss dringend Planungssicherheit geben“, sagt er - auch mit Blick auf die anstehenden Konzerte der Bläck Fööss und von Köbes Underground im Tanzbrunnen. „Wir sind gespannt, was bei der Ministerpräsidentenrunde am 10. August herauskommt“, sagt Conin.