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Bilanz der BBL-HauptrundeBaskets-Euphorie wiederbelebt

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Tomaso Isalo

Bonn – Sie haben alle überrascht: sich selbst, die Konkurrenz und die eigenen Fans. Wer vor Saisonbeginn prophezeit hätte, die Telekom Baskets würden die Bundesliga-Hauptrunde als Zweite beenden und mit einer 26:8-Bilanz die meisten Siege der Vereinsgeschichte erspielen, wäre mitleidig belächelt worden. Nach Platz 15 (2019/20) und 13 (2020/21) galt zwar das Erreichen der Play-offs als Minimalziel, aber angesichts eines fast totalen Umbruchs (neues Trainerteam und mit einer Ausnahme eine komplett neue Mannschaft) schien eine längere Findungsphase unvermeidbar.

Welche Faktoren dann dazu führten, dass die Baskets mit zwei Erfolgsserien (neun Siege im November/Dezember, elf Siege im März/April) wochenlang an der Tabellenspitze standen, soll hier analysiert werden.

Trainer Iisalo prägt das Team

Der 39-jährige Finne, der zuvor schon in Crailsheim für Furore sorgte, krempelt alles um. Dabei beweist er ein geniales Händchen, die richtigen und zueinander passenden Spieler zu finden. Auch die Nachverpflichtungen in der Saison erweisen sich als Volltreffer. Er steht für einen attraktiven Spielstil, der auf rigorosem Tempo-Basketball mit zahlreichen Abschlüssen und harter Defense beruht. So modern sein Spielstil, so sehr ist er in der täglichen Arbeit mit dem Team „alte Schule“: Das Training gilt als extrem hart, Disziplin und Ordnung auf dem Feld sind unverzichtbare Tugenden.

Charakterstarke Spieler

Iisalos System, das auch darauf beruht, Parker Jackson-Cartwright (PJC) als Scorer und Passgeber eine überragende Rolle zu übertragen, funktioniert nur, wenn die Mitspieler mit ihrer individuellen Rolle die Basis liefern. Die Sonderrolle von PJC, der die „Lizenz zum Schießen“ hat, ist voll akzeptiert. Trotz der klaren Hierarchie lässt das System Freiräume für den Einzelnen, auf sich aufmerksam zu machen. Karsten Tadda ist das beste Beispiel: In Bamberg und Oldenburg auf die Rolle als „Defensiv-Terrier“ reduziert, zeigt er in Bonn auch Qualitäten als Werfer und im Spielaufbau.

Fan-Euphorie wiederbelebt

Auch wegen der Corona-Pandemie entwickelt sich die Zuschauer-Resonanz zunächst verhalten. Aber je mehr sich herumspricht, dass die Baskets als offensivstärkstes Team und PJC als einer der spektakulärsten Spieler zu den großen Attraktionen der Liga gehören, desto stärker wird eine Fan-Euphorie wiederbelebt, die an die zur Legende gewordenen Anfangsjahre erinnert. Für die Play-offs ist da noch Steigerungspotenzial, vor allem dann, wenn die Baskets erstmals seit den Jahren 2008 und 2009 wieder mal ins Halbfinale einziehen.

Die größten Überraschungen

Die Iisalo-Truppe ist die größte Überraschung dieser BBL-Saison. Sie schafft es, in die Dominanz der beiden Euroleague-Clubs ALBA Berlin und Bayern München einzudringen, zwingt dabei beide Topfavoriten auch selbst in die Knie. Für die zweitgrößte Überraschung sorgen die Niners Chemnitz, die als Aufsteiger des Vorjahres ins Viertelfinale stürmen.

Die größten Enttäuschungen

Die Frankfurt Skyliners sind mit Rang 17 die größte Enttäuschung. Sportlich ist der Meister von 2004 und Pokalsieger von 2000 damit abgestiegen. Es gibt eine Hintertür: Es könnte eine Wildcard geben, da in der Pro A mit Leverkusen und Tübingen zwei Halbfinalisten keine BBL-Lizenz beantragt haben. Auch Oldenburg, der Hauptrundendritte von 2021, gerät in Abstiegsgefahr. Erst ein Trainerwechsel und Nachverpflichtungen bringen die Rettung.

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Baskets-Rekorde

Dass Iisalo als „Trainer des Jahres“ und Parker Jackson-Cartwright als „Spieler des Jahres“ geehrt wurden, unterstreicht die herausragende Bilanz. Außerdem sind die Baskets die Nummer eins in drei Spielstatistiken: Sie erzielen die meisten Punkte pro Partie (87,9), sie treffen die meisten Dreier (11,5) und sie holen die meisten Offensivrebounds (13,9).

Team von 97/98 ist das beste

Auch die Zahl der 26 Hauptrundensiege (bei acht Niederlagen) markiert einen Vereinsrekord (zuvor stand die Marke bei 24:10 aus der Saison 2009/10). Es ist dennoch nicht die erfolgreichste Hauptrunde der Vereinsgeschichte. Vergleicht man über den Siegquotienten (Zahl der Punkte dividiert durch die Zahl der Spiele) mit den Jahren, in denen die BBL nur 14 oder 16 Teams hatte, ergibt sich: Die Truppe von 1997/98 ist mit 1,589 (19 Siege in 24 Spielen) die beste; es folgen die Mannschaften von 1998/99 und 2001/02 mit jeweils 1,538 (20 Siege in 26 Spielen). Das aktuelle Team ist dann mit 1,529 (26 Siege in 34 Spielen) die Nummer vier in dieser Rangliste.