Timo Hübers (25) befindet sich in bestechender Verfassung. Nach seinem ersten Tor für den 1. FC Köln beim 2:2 in Bochum führte der Innenverteidiger den Fußball-Bundesligisten mit einer überragenden Leistung zum 1:0-Sieg gegen Freiburg. Tobias Carspecken sprach mit ihm über seine neue Rolle als Abwehrchef und sein Leben als Student.
Herr Hübers, Sie haben Ende November an der Universität Hannover Ihre Masterarbeit abgegeben. Haben Sie schon eine Note vorliegen?
Noch nicht. Ich gucke jeden Tag nach.
Wie ist Ihr Gefühl?
Eigentlich ganz gut. Wenn man so eine Arbeit schreibt, dann weiß man zwar immer, dass es noch eine Menge Verbesserungspotenzial gibt. Aber sonst würde man nie zu einem Ende kommen.
Haben Sie sich eine spezielle Note zum Ziel gesetzt?
Nicht wirklich. Wenn ich etwas mache, möchte ich es mit einem guten Gewissen abgeben. Das habe ich geschafft. Was es dann am Ende wird – mal schauen.
Zur Person
Timo Hübers, geboren am
20. Juli 1996 in Hildesheim, gehört seit der Saison 2021/22 wieder dem 1. FC Köln an. Bislang absolvierte er verletzungsbedingt nur zwölf Pflichtspiele (ein Tor). In der Spielzeit 2015/16 stand der Innenverteidiger schon einmal am Geißbockheim unter Vertrag, als er 21 Partien (ein Tor) für die U21 des FC in der Regionalliga West bestritt. Zum Profi ausgebildet wurde Hübers bei Hannover 96. Für die Niedersachsen kam er zwischen 2017 und 2021 in fünf Erst- und 32 Zweitligaspielen (drei Tore) zum Einsatz. Sein Vertrag beim FC läuft bis zum 30. Juni 2023. Parallel zu seiner Laufbahn als Fußball-Profi studiert Hübers Wirtschaftswissenschaften an der Universität Hannover. (tca)
Sie haben sich mit dem Einfluss der Persönlichkeit auf die Differenz der durchschnittlichen Gehälter von Frauen und Männern befasst. Was reizt Sie an dem Thema?
An dem Lehrstuhl habe ich schon während des Studiums ein Seminar geschrieben. Da ging es um den Unterschied im Suchen von Wettbewerbssituationen zwischen Männern und Frauen. Die psychologische Richtung, die fand ich ganz interessant. Daraufhin habe ich mich mit dem Professor nochmal zusammengesetzt. Wir haben gemeinsam ein größeres Thema in diese Richtung aufgestellt – und das ist dann dabei herausgekommen.
Zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen?
Letztendlich war das Ergebnis, dass das durchschnittliche Persönlichkeitsprofil des Mannes am Arbeitsmarkt eher honoriert wird, als das Durchschnittsprofil der Frau. Das heißt, dass die Geschlechterunterschiede in der Persönlichkeit eher dazu beitragen, dass Männer mehr verdienen als Frauen.
Dabei war Ihr Wunschfach Medizin.
Ich glaube, es hätte nicht auf Anhieb mit dem Medizin-Studium geklappt. Aber lange hätte ich auch nicht warten müssen. Ich war nicht ganz blind in der Schule und habe ab und zu auch aufgepasst (lacht). Es hätte was werden können – wenn da nicht der Fußball gewesen wäre.
Wie lautete Ihr Abischnitt?
1,4.
Warum fiel Ihre Wahl auf Wirtschaftswissenschaften?
Ich habe geschaut, welches Studium man neben dem Fußball am ehesten über die Bühne bekommen kann. Medizin ist ein sehr lernintensiver Studiengang. Viel mit Präsenz, viel mit praktischen Kursen. Ich habe es neben dem Fußball nie groß geschafft, zu Vorlesungen und anderen Studien-Veranstaltungen zu gehen. Wirtschaftswissenschaften war ein guter Kompromiss. Ich mache auch super gerne Mathe, beschäftige mich mit Modellen und Statistik. Das macht mir Spaß. Und deshalb bereitet mir auch das Studium Freude. Ich habe es nicht bereut, dass ich nicht Medizin studiert habe.
Was haben Sie mit dem Abschluss vor?
Gute Frage. Da habe ich noch absolut keinen Plan. Erstmal möchte ich noch ein paar Jahre spielen. Und ich kann mir tatsächlich auch vorstellen, nicht im Fußball zu bleiben, sondern etwas komplett anderes zu machen.
Wie reagieren Ihre Mitspieler, wenn Sie mal mit Studienunterlagen zum Training erscheinen?
Ich möchte nicht sagen, dass ich einen Studentenstatus in der Mannschaft habe. Aber ich bekomme ab und zu mal einen Spruch gedrückt (schmunzelt).
Warum fahren Sie mit dem Fahrrad zum Training?
Es ist eine Mischung aus ganz vielen Gründen. Den Weg, den ich mit dem Fahrrad zum Training zurücklege, den lege ich auch mit dem Auto nicht schneller zurück. Dann müsste ich mir noch einen Parkplatz suchen. Die Klimakomponente spielt natürlich auch eine Rolle. Wenn ich mir jeden Tag die Autofahrt sparen kann, ohne dass es mich groß stört, dann ist dies ein ganz guter Schritt für die kleinen Dinge.
Sie haben bereits schwere Verletzungen erlitten. Welchen Einfluss hatten diese leidvollen Erfahrungen auf Ihre Entscheidung, neben dem Profifußball zu studieren?
Gerade in der Zeit meiner Verletzungen war das Studium ein wichtiger Ausgleich. Ich hatte dadurch morgens und nachmittags ein komplett anderes Umfeld mit komplett anderen Leuten. Ich war komplett weg vom Thema Verletzung. Das hat mir damals unglaublich gut getan, zumal die Reha nicht so viel Spaß gemacht hat. Und natürlich gab es auch Zeiten, in denen ich in Hannover sehr studentisch unterwegs war mit der einen oder anderen Party (schmunzelt). Ich möchte die Zeit nicht missen.
Wie sind Sie mit Ihren beiden Kreuzbandrissen umgegangen?
Ich habe es immer als Riesenprivileg angesehen, dass ich dafür bezahlt werde, meiner Leidenschaft Fußball nachzugehen. Klar war es megauncool, sich zu verletzen. Aber ich hatte immer eine gesunde Distanz dazu. Mich haben die Verletzungen zwar auch fertig gemacht, aber nicht so fertig wie jemanden, der im Fußball seine komplette Existenz gesehen hat.
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Wie ist Ihr Zustand aktuell?
Top, muss ich echt sagen. Ich fühle mich so fit wie lange nicht. Die Knie machen keine Probleme, ich stehe voll im Saft. Ich hätte in schwierigen Zeiten in der Reha ehrlich gesagt nicht gedacht, dass es nochmal so werden würde, dass ich überhaupt keine Beschwerden spüre. Klar gehören Nachbereitung, Pflege und präventive Übungen dazu. Aber wenn das aktuelle Gefühl dabei herauskommt, mache ich das gerne.
Es fällt auf, dass Sie nach dem Abgang von Abwehrchef Rafael Czichos wie selbstverständlich direkt in eine neue Rolle geschlüpft sind.
Unterbewusst hat es vielleicht den Effekt, dass ich nicht mehr das Gefühl habe, dass ich – auch wenn ich mal einen Fehler mache – nicht direkt wieder draußen sitze und deshalb befreiter aufspiele. In der Hinrunde war es oft so, dass Luca Kilian, Jorge Meré und ich gemeinsam um den Platz neben Rafa gespielt haben. Andererseits ist es ist auch nicht so, dass ich nach dem Abgang von Rafa in den Kraftraum gegangen bin, Gewichte gestemmt und gesagt habe: Das ist jetzt meine Chance.
Kommt Ihnen Ihre Intelligenz im neuen Spielsystem des FC besonders entgegen?
Es ist zumindest kein Nachteil. Gerade auf meiner Position gehören Verantwortung und ein Blick für das große Ganze dazu. Und ich muss organisieren. Unser Spielstil ist teilweise risikoreich. Da muss man im Kopf einen Schritt schneller sein als der Gegner.
Was bereitet Ihnen am Verteidigen so große Freude?
Früher wollte auf dem Bolzplatz jeder Stürmer sein, das war bei mir auch so. Ich habe mich mit meiner Rolle aber ganz gut angefreundet. Mir macht es genauso viel Spaß, wenn ich als Verteidiger bei einer Flanke einen Schnitt schneller am Ball bin als der Stürmer. Rettungsaktionen sind auch Adrenalinkicks.
Man sieht Sie oft mit einem Lächeln. Gibt es eigentlich auch den bösen Timo Hübers?
(lacht) Ich bin von Natur aus fröhlich. Natürlich gibt es auch Sachen, die mir nicht gefallen, bei denen ich richtig laut werde. Um richtig wütend zu werden, muss allerdings schon einiges zusammenkommen.
Wie beurteilt der freundliche Timo Hübers die Eskalation von Trainer Steffen Baumgart vor dem Fernseher ?
Es war der ganz normale Wahnsinn am Bundesliga-Spieltag. Wir mussten aber schon schmunzeln. Lustig waren die Szenen mit dem Hund. Oder wie die Familie scheinbar teilnahmslos auf dem Sofa herumsitzt. Das hat in der Kabine für Erheiterung gesorgt.
Der FC hat nach 21 Spielen bereits 32 Punkte. Ist der Kampf um den Klassenerhalt überhaupt noch ein Thema?
Aktiv andere Ziele gesetzt haben wir uns jetzt nicht. Aber wir haben aktuell einen Punkt weniger, als die Jungs vergangene Saison nach 34 Spieltagen. Ich denke, das gibt zumindest die Richtung an, wohin es gehen kann – ohne, dass wir hier durchdrehen. Wir haben gerade richtig Bock, gemeinsam Spiele zu gewinnen. Es gibt kein Muss, das ist das Schöne. Wir hoffen, dass wir uns weiterhin diese Distanz nach unten bewahren.
Am Freitag geht es nach Leipzig. Wie ist Ihr Gefühl vor der nächsten Reifeprüfung?
Leipzig ist eine der Top-Drei-Mannschaften in Deutschland – auch wenn sie aktuell nicht dort stehen. Für uns als Team wird das ein schöner Gratmesser, um zu sehen, ob es uns gelingt, eine solche Mannschaft auch mal in diesem einen Spiel zu knacken.
Sie sind im Sommer nach fünf Jahren ans Geißbockheim zurückgekehrt. Was hat Sie zurückgelockt?
Es war eine Mischung aus mehreren Aspekten. Der FC ist ein richtig cooler Verein, der auch polarisiert. An jeder Ecke in der Stadt geht es um den FC. Dazu die Chance auf Erstliga-Fußball unter einem coolen Trainer, der richtig Bock hat, hier etwas auf die Beine zu stellen. Ich habe die Stadt schon damals während meiner Zeit bei der zweiten Mannschaft des FC megacool gefunden. Das war ein riesiger Faktor für mich. Bislang ist alles aufgegangen.