Köln – Der Vorstand des 1. FC Köln hat einen „Matchplan“. Diesen Titel haben Präsident Dr. Werner Wolf und seine beiden Vize-Präsidenten Eckhard Sauren und Dr. Carsten Wettich ihrer Strategie gegeben. Das Trio stellte das mit Spannung erwartete Papier in Auszügen am Donnerstagabend auf der ersten virtuellen Mitgliederversammlung der Clubgeschichte vor, an der 5800 Mitglieder teilnahmen. Ein Matchplan, der den FC unter die Top-Ten-Clubs der Fußball-Bundesliga führen soll und ihn nachhaltig auf stabile finanzielle Beine stellen soll.
Eine Strategie, die auf Basis der Werte des Clubs die FC-Stärken wie Marketing/Merchandising, das Stadionerlebnis sowie Sponsoring und Mitglieder-Zentrierung ausbauen soll und neue Themen wie Diversifikation, New Business oder Internationalisierung (etwa auf dem japanischen Fußballmarkt) offensiv angehen sollen.
Der Nachwuchs soll den Kaderwert steigern
Im Fokus steht die Nachwuchsarbeit, die nicht nur die eigenen Profimannschaft verstärken sondern auch den Kaderwert steigern soll. Aktuell hat der FC-Kader einen Wert von 95 Millionen Euro und liegt damit 90 Millionen Euro unter dem der Bundesligisten, die in dieser Saison auf den Plätzen acht bis zehn landeten. „Ein Fall, wie den Abgang von Florian Wirtz nach Leverkusen, soll sich nicht wiederholen“, mahnte Eckhard Sauren eindringlich an.
Das Vorstandstrio wusste bei den einzelnen Reden durchaus Tatendrang zu versprühen und gleichzeitig die eigene Arbeit selbstkritisch zu bewerten. Vor allem in der Kommunikation nach außen und innen stellte Wolf sich und seinem Team kein allzu gutes Zeugnis aus: „Wir haben Fehler gemacht, die ich bedaure und für die ich um Verzeihung bitte. Ich übernehme die Verantwortung.“
Virtuelle Verzögerungen
Zwei Anträge zur Änderung der vorgeschlagenen Tagesordnung haben die Mitgliederversammlung des 1. FC Köln gleich beim zweiten Beratungspunkt in die Länge gezogen und die Schwierigkeiten einer virtuellen Versammlung aufgezeigt. Das Mitglied Friedhelm Henze hatte beantragt, die Nachwahl von FC-Vizepräsident Dr. Carsten Wettich in der Tagesordnung vorzuziehen. Vor die Jahresberichte des Vorstandes, des Mitgliederrates und der Geschäftsführung. 200 Wortmeldungen gab es allein zu diesem Antrag, der mit 66,55 Prozent Nein-Stimmen deutlich abgelehnt wurde. Die Mitglieder lehnten einen weiteren Antrag mit 55,51 Prozent der Stimmen ab, der Wettichs Wahl auf Tagesordnungspunkt vier direkt hinter den Bericht des Vorstands verlegen wollte. Bevor Präsident Dr. Werner Wolf mit seiner Rede beginnen konnte, war die virtuelle Veranstaltung bereits zwei Stunden alt. Wettichs Wahl hatte auch deshalb nach Redaktionsschluss noch nicht begonnen.
Darüber hinaus habe der Vorstand bei durch Corona stark verschobenen Prioritäten vor allem um das finanzielle Überleben des Clubs gekämpft. „Ich bin kein Marktschreier und kein Big Boss nach außen. Ich arbeite im Hintergrund und treffe Entscheidungen, die den FC in die richtige Lage versetzen“, verteidigte Wolf sich gegen den Vorwurf der „Unsichtbarkeit des Vorstands“ .
Entscheidungen, die dazu beigetragen haben, dass der FC auf den letzten Drücker den Klassenerhalt geschafft hat, den souveränen Wiederaufstieg der Fußballerinnen in die Bundesliga feiern konnte und trotz eines pandemiebedingten Umsatzverlustes von inzwischen 66 Millionen Euro finanziell solide für die nächste Erstliga-Saison aufgestellt ist.
Viel Zuversicht von Geschäftsführer Wehrle
„Wir hatten in dieser Saison bei 19 Heimspielen in Bundesliga und Pokal insgesamt 900 Zuschauer“, machte Alexander Wehrle die ernste Situation an den Geisterspielen fest. Der Geschäftsführer gab den Mitgliedern aber auch viel Zuversicht mit auf den Weg. „Wir haben die Lizenz für die kommende Saison ohne Auflagen erhalten. Das ist bemerkenswert. Genauso wie die Tatsache, dass wir nur 165 Dauerkarten-Kündigungen erhalten haben und die Warteliste für diese Tickets auf 16 700 Mitglieder angewachsen ist. Unser Ziel ist es, auch zum 30. Juni 2021 ein positives Eigenkapital zu besitzen. Wir müssen den Gürtel enger schnallen, der Klassenerhalt darf auf Dauer aber nicht unser Ziel sein.“
Wehrle möchte seinen Beitrag dazu leisten, dass andere Ziele erreicht werden. „Ich werde weder zum VfB Stuttgart wechseln noch Nachfolger von Christian Seifert bei der DFL. Ich verspüre extreme Verantwortung und werde, wie Kapitän Jonas Hector es auf dem Feld tut, weiterhin voran gehen“, gab der 45-Jährige ein klares Bekenntnis für den FC ab. Wehrles Vertrag läuft noch bis 2023.
Die Versammlung dauerte bei Redaktionsschluss noch an. Die Entlastung des Vorstands und die Wahl von Vize-Präsident Carsten Wettich standen noch aus. (sam)