Im Halbfinale treffen die beiden Kölner mit der U-17-Nationalmannschaft auf Argentinien.
NachwuchsfußballZwei FC-Juwele kämpfen gegen Argentinien um das WM-Final-Ticket
„Wir sind hier in Indonesien, um Weltmeister zu werden“, hat Junioren-Nationalspieler Fayssal Harchaoui vom 1. FC Köln vor knapp zwei Wochen in einem Interview über die Medienabteilung des Deutschen Fußball-Bundes verbreiten lassen. Gespielt war zu diesem Zeitpunkt gerade einmal das erste Gruppenspiel gegen Mexiko. Ein Mangel an Selbstbewusstsein war also von Anfang an nicht vorhanden.
Inzwischen ist Deutschland, immerhin amtierender Europameister in dieser Altersklasse, mit Harchaoui und seinem Kölner Klubkollegen Justin von der Hitz dem Ziel ein gutes Stück nähergekommen. Im Manahan Stadium von Kota Surakarta geht es am Dienstag (9.30 Uhr, MEZ, Livestream auf Fifa+) gegen Argentinien um den Einzug in das WM-Finale.
Ebenso wie Lukas Podolski fand Fayssal Harchaoui aus Bergheim den Weg zum 1. FC Köln
Fayssal Harchaoui wurde vor 17 Jahren in Bergheim an der Erft geboren. Der Heimatstadt von Lukas Podolski, dem Weltmeister von 2014, den es im Alter von zehn Jahren vom FC Jugend 07 Bergheim zum 1. FC Köln zog. Harchaoui hielt sich in der Peripherie ein paar Jahre länger auf, um schließlich vom SC West Köln aus Ehrenfeld dem Ruf des 1. FC Köln zu folgen. Das war im Sommer 2019.
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Seither geht es für den Deutsch-Marokkaner nur in eine Richtung – steil nach oben. Im Hintergrund wird um den Sechser heftig gebuhlt. Das Land seiner Eltern habe den Kampf um den Jungen aus Bergheimer Stadtteil Ahe noch nicht aufgegeben, heißt es. Das Bestreben, Harchaoui von einem Verbandswechsel zu überzeugen, habe eine hohe Priorität, wie aus dem Umfeld des Königlich Marokkanischen Fußball-Verbandes immer wieder zu vernehmen ist.
Der marokkanische Verband kämpft um Fayssal Harchaoui
Ungeachtet des Gezerres um das Kölner Talent spult der 17-Jährige sein Programm mit beinahe atemberaubender Sicherheit ab. In der A-Junioren-Bundesliga West und mit der deutschen Junioren-Nationalmannschaft. Die Entwicklung ist beeindruckend. In der Mannschaft von FC-Trainer Stefan Ruthenbeck (51) ist der defensive Mittelfeldspieler gesetzt. Hinsichtlich Passquote, Zweikampfstärke und Spielintelligenz ist Harchaoui seiner Zeit voraus. Er ist der stille Anführer.
Wie Ruthenbeck baut auch Nationaltrainer Christian Wück (50) auf die Verlässlichkeit des Kölners, der in allen drei siegreichen Gruppenspielen sowie im Achtel- (3:2 gegen die USA) und Viertelfinale (1:0 gegen Spanien) in der Startformation stand. Harchaoui ist der Mann für die defensive Ordnung, Taktgeber und zentrales Bindeglied in die Offensivabteilung. In den Statistiken des Weltfußballverbandes Fifa wird er im bisherigen Turnierverlauf mit 64 erfolgreichen Durchbrüchen als bester deutscher Spieler geführt.
Von der Hitz, ebenfalls 17 Jahre jung, hatte verletzungsbedingt die Europameisterschaft in Ungarn verpasst, sich allerdings binnen weniger Pflichtspiele im Trikot des 1. FC Köln für die DFB-Auswahl empfohlen. Von der Hitz, gebürtig aus Rösrath, wechselte vor dreieinhalb Jahren vom FC Viktoria Köln ans Geißbockheim, und ist neben der deutschen auch im Besitz der philippinischen Staatsbürgerschaft.
Der Flügelspieler besticht auf der Außenbahn – links wie rechts – mit enormer Schnelligkeit. Besondere Fähigkeiten hat er im Eins-gegen-Eins. In der B-Junioren-Bundesliga West war er in 23 Spielen an neun Treffern direkt beteiligt. Bei der Weltmeisterschaft in Indonesien kam er in vier Begegnungen zum Einsatz, dreimal stand er in der Startelf.
Auf Harchaoui und von der Hitz kommt nun womöglich der schwerste Brocken des Turniers zu. Halbfinalgegner Argentinien ist, ganz im Stile der großen Albiceleste, mit außerordentlicher Leidenschaft unterwegs und setzte sich gegen Titelverteidiger Brasilien durch. Die Treffer zum ungefährdeten 3:0-Sieg erzielte dabei Claudio Jeremías Echeverri.
Annähernd jede offensive Aktion läuft über den trickreichen Mittelfeldspieler mit der Trikotnummer 10. Aktuell steht er bei fünf Turniertreffern. In seinem Heimatland spielt er für den Hauptstadtklub River Plate in Buenos Aires und wurde sogleich argentinischer Meister.
Sein Spitzname lautet „El Diablito“, was so viel wie „Kleiner Teufel“ bedeutet. Echeverri ist im Team von Diego Placente (46), der 2002 mit Bayer 04 Leverkusen das Champions-League-Finale erreichte, der unumstrittene Schlüsselspieler. Sein Marktwert wird auf vier Millionen Euro taxiert.
Im Fifa-Ranking der Herren führt der dreimalige und amtierende Weltmeister Argentinien mit dem achtmaligen Weltfußballer Lionel Messi vor Frankreich und Brasilien.
Nigeria ist mit fünf Titeln Rekordweltmeister in der U 17
In der Historie der U-17-Weltmeisterschaften seit 1985 hält Nigeria mit fünf Turniersiegen den Rekord. Brasilien gewann bislang viermal, Ghana und Mexiko siegten zweimal. Deutschlands beste Platzierungen datieren von den WM-Turnieren 2007 und 2011, als man den dritten Rang belegte.
Die Bilanz bei U-17-Weltmeisterschaften mit den Südamerikanern ist ausgeglichen. 2009 gab es ein 1:2 mit Torschütze Mario Götze. 2015 hingegen siegte die deutsche Mannschaft mit dem Ehrenfelder und langjährigen FC-Spieler Salih Özcan gegen die Gauchos mit 4:0. Der Trainer, damals wie heute: Christian Wück.
Harchaoui und von der Hitz waren damals noch im Grundschulalter. Heute leben sie ihren Traum.