Der RSV Köln spielt mit zwei Teams in der höchsten Klasse. Gespielt wird aus der Liebe zum Sport und zum Klub – Reich wird hier niemand durch Rugby.
Bundesliga-Rugby in Köln„Als Aufstiegsprämie gab es ein paar Kisten Bier“
Im Kölner Rugby-Park, an der Ecke Luxemburger und Militärringstraße, wird regelmäßig der Rasen umgepflügt, wenn sich die Bundesliga-Teams des RSV Köln mit ihren Gegnern messen. Ein Gespräch mit Klub-Präsidentin Johanna Metternich (42) und Herren-Kapitän Peter Kalokerinos (32).
Herr Kalokerinos, die Männer des RSV Köln sind in der vergangenen Saison nach sieben Jahren in der Zweiten Liga in die Rugby-Bundesliga zurückgekehrt. Wie läuft es in der aktuellen Spielzeit?
Peter Kalokerinos: Es hat gut angefangen, wir konnten schnell ein Heimspiel gewinnen. Das war das Highlight der Hinrunde. Leider hatten wir dann einige Verletzte und haben Spiele, die wir gewinnen hätten müssen, verloren. Jetzt am Samstag (14 Uhr, Rugby-Park Köln) haben wir ein Match, das wir gewinnen müssen, wenn wir die Klasse halten wollen (Gegner ist der Vorletzte RK Heusenstamm, d. Red.).
Also gibt es Hoffnung, dass der Klassenerhalt gelingt?
Johanna Metternich: Ja, auf jeden Fall. Das ist unser Ziel.
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Wie sieht es beim Frauen-Team aus?
Metternich: 2019 waren wir doppelter Deutscher Meister, im 15er- und 7er-Rugby. Nach Corona gab es einen großen Umbruch. Aktuell schlagen sie sich im Mittelfeld der Bundesliga ganz wacker. Das Team befindet sich derzeit mit einem neuen Trainerteam und vielen jungen Talenten wieder im Aufbau.
Wie steht es in Köln um die Rahmenbedingungen für Rugby?
Metternich: Wir sind wahnsinnig froh, dass wir hier einen eigenen Platz und ein eigenes Klubhaus haben. Auch wenn es natürlich eine große Herausforderung ist, das alles in Eigenregie instand zu halten. Wir sind im Verein allesamt Ehrenamtler, es gibt keinen Festangestellten. Gerade das Haus ist etwas in die Jahre gekommen, auch der Platz hat ein paar Schwächen. Aber wir können uns nicht beschweren, wir haben inzwischen eine gute Zusammenarbeit mit der Stadt Köln. Wir sind vorsichtig optimistisch, dass wir in Zukunft noch bessere Lösungen bekommen, damit der Verein weiter wachsen kann.
Wie ist die aktuelle Entwicklung?
Metternich: Bei uns wachsen die Zuschauerzahlen, was wahrscheinlich auch damit zusammenhängt, dass inzwischen große internationale Rugby-Veranstaltungen im TV laufen, wie die Weltmeisterschaft oder aktuell das Six-Nations-Turnier. Das ist super für die Vereine.
Frankreich, England oder Irland sind allerdings noch meilenweit vorne.
Metternich: Natürlich. Aber das hängt auch damit zusammen, dass dort die heimische Liga live im Fernsehen zu sehen ist, so wie hier der Fußball. Und, dass Rugby in Schulen unterrichtet wird. Hier in Deutschland fängt es gerade erst an, dass Rugby einen Platz im Schulsport erhält.
Nervt Sie als Spieler der ständige Vergleich zum American Football?
Kalokerinos: Nein, ich gucke auch ab und zu American Football im Fernsehen. Fakt ist aber, dass dort viel mehr Geld und Professionalität dahintersteht. Da hängen wir mit dem Rugby einfach hinterher. Aber es wird viel getan, damit es bessern wird. Es kommen immer mehr neue Leute. Nachwuchs, aber auch 20-Jährige, die noch nie Rugby gespielt haben.
Der Rugby Sport Verein (RSV) Köln war ursprünglich eine Abteilung des ASV Köln, gegründet im März 1951. Seit dem 1. Januar 2018 ist der RSV ein eigenständiger Verein mit aktuell 406 Mitgliedern, von denen 310 am offiziellen Spielbetrieb teilnehmen. Es gibt drei Herren-, eine Damen- sowie Jugend-Mannschaften und ein „Ahl Lück“-Team. Gespielt wird im Kölner Rugby-Park (Ecke Luxemburger Straße/Militärringstraße).
Als 20-Jähriger ohne jede Rugby-Erfahrung kann ich einfach beim RSV beginnen?
Kalokerinos: In meiner Heimat Australien funktioniert das nicht, da würden die Teams sagen: Du hättest als Kind anfangen müssen. Aber hier bei uns ist es sehr inklusiv.
Metternich: Sowohl für Damen als auch für Herren gibt es ein extra Einsteiger-Training, in dem man die Basic-Skills lernt. Rugby ist ja zum Beispiel die einzige Sportart, in der man nur nach hinten passen darf. Das ist schon relativ schwierig für den Kopf. Dann lernt man das Werfen mit dem komischen Ei – und natürlich Tacklings. Nach ein bisschen Training kann bei den Herren jeder in unserem dritten Team mitspielen. Wer Talent, Zeit und Trainingswillen mitbringt, der kann es auch in die Bundesliga-Mannschaft schaffen.
Was zeichnet den Rugby-Sport für Sie aus?
Kalokerinos: Für mich die Kameradschaft. Natürlich macht es auch viel Spaß, zu spielen. Aber die besten Erinnerungen habe ich an die Zeit mit den Jungs vor oder nach Spielen, im Bus, in der Bahn oder auf Feiern. Man verbringt viel Zeit zusammen. Ich bin 2015 aus Australien nach Deutschland gekommen. Und dank des Rugbys habe ich sofort Leute mit ähnlichen Interessen kennengelernt.
Und was zeichnet den RSV Köln aus?
Kalokerinos: Es ist eine Community. Wenn eine Mannschaft spielt, bedient die andere den Grill (lacht). Natürlich gibt es auch Teams, die ihre Spieler bezahlen. Aber da merkt man immer: Wenn das Geld dann mal fehlt, sind die Spieler auch schnell wieder weg. Hier beim RSV gibt es kein Gehalt und keine Prämien. Die Leute sind hier, weil sie gerne hier sind. Wenn es mir nicht gefallen würde, würde ich nicht seit neun Jahren immer nach der Arbeit noch zum Training kommen (lacht).
Kein Geld, dafür aber eine achtstündige Busfahrt zu einem Auswärtsspiel nach München…
Kalokerinos: … immerhin müssen wir den Bus nicht bezahlen! Nein, aber da braucht es natürlich die Liebe zum Sport und zum Verein. Keiner hier erwartet, Geld zu verdienen. Als wir aufgestiegen sind, gab es als Prämie ein paar Kästen Bier.
Andere Rugby-Bundesligisten bezahlen ihre Spieler?
Metternich: Ja, einige wenige. Aber es bekommen dann auch nicht alle Spieler Geld.
Kalokerinos: Ich glaube, dass es dann die Spieler sind, die aus Südafrika, Australien oder Neuseeland kommen. Die bekommen dann ein paar Euro oder eine Wohnung.
Gibt es Aussichten auf professionellere Strukturen?
Metternich: In Deutschland wird daran gearbeitet, es gibt verschiedene Arbeitsgruppen, die an Stellschrauben drehen. Aber das wird noch eine Weile dauern. Es geht in kleinen Schritten vorwärts. Uns als Verein würden natürlich weitere Sponsoren sehr helfen.
Am Samstag findet ein Doppelspieltag statt: Zunächst empfangen die Bundesliga-Herren in einem Kellerduell den RK Heusenstamm (14 Uhr). Anschließend tritt die zweite Mannschaft gegen Bonn an (16 Uhr). Der Eintritt ist frei. Aufgrund fehlender Parkplätze empfiehlt der RSV die Anreise per Fahrrad oder KVB.
Worauf können sich Zuschauer freuen, wenn Sie ein Rugby-Spiel in Köln live verfolgen?
Metternich: Wir in Köln sind sehr familienfreundlich, am Platz gibt es einen Kinderspielplatz. Es ist ein sehr buntes Publikum. Die Spiele sind spannend, gleichzeitig sehr fair dem Gegner und dem Schiedsrichter gegenüber. Wir haben einen Stadionsprecher, der immer erklärt, worum es gerade geht. Und es gibt natürlich ein gutes Theken-Angebot.
Was würden Sie Eltern sagen, die nach einer Sportart für ihre Kinder suchen, aber Rugby als zu brutal empfinden?
Metternich: Ich finde, dass Rugby das Allerbeste ist, was Kindern passieren kann. Wir trainieren immer draußen, bei Wind und Wetter. Die kleinsten Kinder, die Zwei- und Dreijährigen, starten mit der Ballgewöhnung. Mit fünf oder sechs spielen die Kids Flag-Rugby, also noch ohne Tacklings. Sie lernen, wie man mit dem Ball umgeht und Lücken sucht. Es geht Schritt für Schritt. Tacklings und das Gedränge kommen erst später dazu. Man lernt fürs Leben – gerade als Mädchen. Die hier, wie auch die Jungs, die Möglichkeit haben, ihre körperlichen Kräfte zu messen und kennenzulernen und sich auszutoben. Und dafür ist Rugby ideal. Es ist ein äußerst respektvoller Sport. Dem Gegner und dem Schiri gegenüber. Das ist auch dringend nötig, gerade im Herren-Bereich, wo große Kräfte aufeinanderprallen.