Köln – Es war ein ernüchternder Tag für den 1. FC Köln. Sportlich zeigte Borussia Mönchengladbach im 123. rheinischen Derby am Samstag den Geißböcken die Grenzen auf, und abseits des Spielfelds sorgten erneut gewaltbereite Chaoten für schlimme Szenen.
Kurz vor Abpfiff – der FC versuchte gerade vergeblich, sich gegen die Niederlage zu stemmen – warf ein 35-jähriger Kölner von der Südtribüne einen Böller in die Menge. Zwölf Menschen wurden durch die laute Explosion verletzt, darunter Ordner, freiwillige Helfer und Pressefotografen. Sie wurden von Ersthelfern versorgt und mit Verdacht auf ein Knalltrauma in Krankenhäuser gebracht. Ein Fotograf ließ vor Schreck seine 13 000 Euro teure Kamera fallen, die beim Aufprall beschädigt wurde.
Böllewerfer erwartet strafrechtliches Verfahren
„Dem koordinierten und entschlossenen Eingreifen von Polizei und Ordnern ist es zu verdanken, dass der mutmaßliche Böllerwerfer noch im Block festgehalten und festgenommen werden konnte“, sagte FC-Sprecher Tobias Kaufmann. „Die Überprüfung der Videobilder hat ergeben, dass es sich bei dem Festgenommenen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um den mutmaßlichen Täter handelt.“
Die Polizei nahm den 35-Jährigen über Nacht in Gewahrsam. Am Sonntag wurde er von der Staatsanwaltschaft vernommen. Da der Mann nach Angaben eines Polizeisprechers einen festen Wohnsitz nachweisen konnte und keine Flucht- und Verdunkelungsgefahr bestanden habe, kam er auf freien Fuß. Ihn erwarten nun ein strafrechtliches Verfahren wegen mehrfacher gefährlicher Körperverletzung sowie Schadenersatzklagen des 1. FC Köln und der geschädigten Personen.
Auf Paderborn-Fall von 2014 berufen
Kaufmann sagte, beim FC sei man schockiert über den Vorfall und „stocksauer“ auf den Böllerwerfer. Der Verein werde Kontakt zu den Geschädigten suchen. Für den Schaden, der dem Verein entstanden sei, werde man den Böllerwerfer haftbar machen, kündigte Kaufmann an. „Der 1. FC Köln wird den Tatverdächtigen für die zu erwartende Verbandsstrafe des DFB in Regress nehmen.“
Dabei dürfte es um eine fünfstellige Summe gehen. Ein Fußball-Chaot, der im Februar 2014 beim Heimspiel gegen Paderborn einen Böller gezündet hatte, musste 20 340 Euro an den FC zahlen. Der FC war dafür durch alle Instanzen bis zum Bundesgerichthof (BGH) gegangen und hatte durchgesetzt, dass Vereine Täter für DFB-Verbandsstrafen in Haftung nehmen können. Die BGH-Entscheidung diene als Präzedenzfall, auf den man sich nun berufen werde, erklärte Kaufmann.
FC will „mit aller dem Verein möglichen Härte“ vorgehen
Dass Unbelehrbare Böller ins Stadion schmuggeln, lasse sich in keinem Stadion der Welt mit hundertprozentiger Sicherheit verhindern, sagte der FC-Sprecher. Der Verein habe gegen Gladbach bereits die Zahl der Ordner auf 700 erhöht – bei „harmlosen“ Spielen seien es 150. Außerdem waren rund 1800 Polizisten mit 18 Polizeipferden und vier Wasserwerfern im Einsatz.
Kaufmann kündigte an, dass der FC „mit aller dem Verein möglichen Härte“ gegen den Böllerwerfer vorgehen werde. „Sobald uns die Personalien vorliegen, werden wir ein Stadionverbot verfügen. Das sind Kriminelle, die im Stadion nichts zu suchen haben. Falls es sich um ein Vereinsmitglied oder Dauerkartenbesitzer handelt, werden wir dies ändern. Es geht uns darum, eine möglichst hohe Abschreckungswirkung zu erzielen, damit sich solche Vorfälle nicht wiederholen.“
Borussen-Fans von Polizei zum Stadion eskortiert
Der Böllerwurf sei der erste massive Fall dieser Art seit dem Paderborn-Spiel 2014 gewesen, sagte Kaufmann. Es war jedoch nicht die einzige unschöne Szene im Stadion. Am Vormittag entdeckten FC-Ordner im Eingangsbereich zum Gästeblock eine übel riechende Substanz. Offenbar hatten in der Nacht oder am Morgen Chaoten Buttersäure über die Absperrungen geworfen – als stinkenden „Gruß“ an die Gästefans.
Reinigungskräfte entfernten die Flüssigkeit, bevor die Zuschauer eintrafen. Friedlich verlief die Anreise von rund 1000 Borussen-Fans, die von starken Polizeikräften vom Bahnhof Ehrenfeld zum Stadion und zurück eskortiert wurden. Die KVB setzte dafür Direktzüge ein.