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Interview mit FC-Profi Jan Thielmann„Wir haben richtig gut gespielt, bis Corona kam“

Lesezeit 5 Minuten
Jan Thielmann

Jan Thielmann beim U19-Derby gegen Borussia Mönchengladbach. (Archivbild)

Jan Thielmann ist erwachsener geworden. Nach zwölf Bundesliga-Einsätzen und vor seiner zweiten Saison als Bundesliga-Profi des 1. FC Köln sitzt der 18-Jährige auf der Terrasse des Öschberghofes in Donaueschingen und spricht mit Martin Sauerborn über die Dinge, die vergangene Saison mit ihm und dem FC passiert sind und über die Dinge, die nächste Saison kommen sollen.

Herr Thielmann, wie war die Radtour am Montagvormittag?

Jan Thielmann: Wir sind eine schöne Strecke rund um den Golfplatz gefahren. Es hat gut getan, sich die Beine mal in Gesellschaft der anderen zu vertreten. Wir haben gequatscht, die schöne Landschaft hier genossen – und konnten mal durchatmen zwischen den Einheiten.

Erinnert Sie die Landschaft hier in Donaueschingen an Ihre Heimat in Föhren bei Trier?

Ja, bei mir Zuhause ist es schon ähnlich. Auch sehr ruhig, aber ein bisschen größer.

Zurück zur Regeneration auf dem Rad. Waren die Einheiten im Trainingslager bislang anstrengend?

Ja, das waren sie und das Spiel am Samstag gegen Union Berlin habe ich auch in den Knochen gemerkt. Ich glaube aber, dass uns der richtig schwere Trainingsteil hier noch bevorsteht.

Sie haben ein aufregendes Jahr hinter sich?

Allerdings, es gab viele Highlights. Erst die U17-Meisterschaft, dann der kurzzeitige Aufstieg zu den Profis, dann als fester Bestandteil des Profikaders mit den ersten Spielen als 17-Jähriger in der Bundesliga, das erste Trainingslager mit den Profis in Benidorm. Danach haben wir richtig gut gespielt, bis Corona kam.

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Für mich persönlich war die Zeit nach der Pause mit einer Leistungsdelle verbunden und ich habe nicht mehr so viel gespielt. Das war wieder eine neue Situation, an die ich mich erst einmal gewöhnen musste. Jetzt vor der neuen Saison werden die Karten wieder neu gemischt.

Kam Ihre Leistungsdelle durch Corona zustande?

Eher nicht. Jeder junge Spieler tritt am Anfang befreit auf. Und dann fängt man irgendwann an, über sein Spiel nachzudenken. Für mich war es dann schwieriger, unbeschwert aufzuspielen.

Wann haben Sie angefangen über Ihr Spiel nachzudenken?

In der Corona-Zeit. Ich habe darüber nachgedacht, wie es sein wird, ohne Fans zu spielen und was das für mich bedeutet, dass dieses wichtige Gefühl der Unterstützung fehlt. Dazu kamen die Umstände, die jeden betroffen haben.

Was hat Ihrem Spiel nach der Corona-Pause gefehlt?

Ich war nicht mehr mutig genug, hatte zu wenig Zutrauen in mein Spiel und habe lieber abgespielt als mal ins Eins-gegen eins zu gehen.

Haben Sie das Gefühl, Ihre Möglichkeiten im Spiel nicht ausreizen zu können. Es heißt, Sie müssten vielmehr auf Tor schießen, weil Sie es können?

Im Training gelingen mir die Tore. Im Spiel muss ich mir einfach noch mehr zutrauen.

Gibt es eine Strategie, wie Sie diesen Respekt ablegen können?

Dafür gibt es keine Masterplan. Ich denke, je länger ich bei den Profis bin, desto mehr wird mir das helfen. Und desto besser wird es mir gelingen, mit dem Druck umzugehen.

Es gibt da diese Szene in der FC-Dokumentation, in der sie Trainer Markus Gisdol in der Halbzeit des Spiels gegen Leverkusen anpfeift. Wie haben Sie diese doch recht harte Kritik empfunden und was haben Sie aus diesem Moment mitgenommen?

Das war gut für den Trainer und für mich. Wenn er uns kritisiert, macht er das, um uns zu helfen und für mich war es ein Weckruf. Danach habe ich noch lange mit Seb in der Kabine geredet und er hat mir Mut zugesprochen. Der Anpfiff hatte eine positive Wirkung, in der zweiten Halbzeit habe ich es deutlich besser gemacht. Nach dem Spiel hat mir der Trainer dann auch gesagt, dass er mich so sehen will, wie in der zweiten Hälfte. Die Kritik war richtig und kam zum richtigen Zeitpunkt. Jeder macht Fehler und jeder bekommt solche Ansagen. Das ist ein ganz normaler Vorgang im Fußball.

Wie läuft die aktuelle Vorbereitung für Sie?

Gut, ich gebe Gas und es hat mich sehr gefreut, dass ich gegen Union von Anfang an gespielt habe.

Sie sind eigentlich auf der rechten Außenbahn zuhause. Der Trainer hat sie in den Testspielen aber zuletzt in der Sturmspitze und gegen Union sogar als Zehner eingesetzt. Wie finden Sie diese Experimente?

Es ist eine gute Sache, zeigen zu können, dass ich flexibel bin und auf mehreren Positionen spielen kann. Auf der Zehn habe ich mich richtig gut gefühlt.

Was haben Sie sich also für die kommende Saison vorgenommen?

Ich möchte so viel wie möglich spielen, ob bei den Profis, in der U21 oder der U19.

Wäre die U21 oder die U19 nicht ein Rückschritt?

Nein, Iso Jakobs ist diesen Weg auch gegangen. Ich mache mir da keinen Stress und habe noch genug Zeit.

Haben Sie eigentlich inzwischen auch eine eigene Wohnung?

Nein, ich kann noch ein Jahr im Internat bleiben. Meine Freundin wohnt ja auch noch bei ihren Eltern, im Moment passt das bestens so.

Neben dem Fußball steht für Sie in dieser Saison auch noch das Abitur an. Werden Sie es schaffen?

Ich strebe es auf jeden Fall an. Es ist momentan natürlich schwer für mich, in die Schule zu gehen, aber ich versuche den Stoff so gut es geht von zu Hause aus aufzuarbeiten. Die Prüfungen werden es am Ende entscheiden und darauf kann ich mich gut vorbereiten.