Bayer 04 Leverkusen benötigt noch drei Siege zum ersten Meistertitel der Klub-Geschichte. Am Samstag spielt die Werkself bei Union Berlin.
Vor Leverkusens Spiel bei UnionXabi Alonso legt seine Zurückhaltung ab
Ähnlich wie er sein Spiel in den größten Arenen der Fußball-Welt mit dem richtigen Gespür für Ball, Raum und Zeit aufgezogen hat und alle wichtigen Titel einheimsen konnte, geht Xabi Alonso auch als Trainer von Bayer Leverkusen vor. Im Rennen um die erste deutsche Meisterschaft der Vereinsgeschichte, den ebenso greifbaren DFB-Pokalsieg und obendrauf den Triumph in der Europa League, hat der Spanier den richtigen Moment erkannt zu haben, um aus einer defensiven Grundhaltung heraus nach vorne zu preschen: „Wir sprechen im April“, lautete bislang sein Credo, um in seinen Augen voreilige Fragen zu den Titelchancen der Werkself abzukanzeln.
Zwei Tage nach dem Einzug ins Pokalfinale durch das 4:0 gegen Fortuna Düsseldorf und 24 Stunden vor dem vorgelagerten Berlin-Abenteuer im Ligaspiel bei den auf Rang zwölf platzierten Eisernen, legte Alonso seine Zurückhaltung ab: „Jetzt ist es klar und normal, dass wir die Bundesliga gewinnen wollen“, kam er bei 13 Punkten Vorsprung auf Bayern München und sieben verbleibenden Spielen nicht umhin, die eigene „Topchance“ als solche zu benennen.
So offen und klar Senior Alonso aus seiner Deckung gekommen war, schnellte er auch wieder zurück. „Es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist. Wir wissen, dass im Fußball alles passieren kann“, ignorierte der Coach das unerschütterliche Leverkusener Selbstverständnis, nach mittlerweile 40 Pflichtspielen ohne Niederlage. Wohl wissend, dass auch der Champions-League-Teilnehmer in Köpenick darauf brennen wird, den Rheinländern den Nimbus der Unbesiegbarkeit zu nehmen.
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„Unser Fokus gerade für diesen Block ist auf den nächsten beiden Spielen gegen Union und gegen Bremen“, klammerte Alonso das Europa League-Viertelfinale gegen West Ham United (11./18. April) aus. „Wenn wir diese zwei Bundesliga-Spiele gewinnen, sind wir in einer viel besseren Position“, wusste er um die fehlenden neun Punkte, die seiner Mannschaft die Meisterschaft 2024 garantieren werden.
Vor dem Gastauftritt im Südosten der Hauptstadt beschwor er dafür auch den Geist der 2500 Fans, die den Werksclub zur Alten Försterei begleiten. Schon gegen Düsseldorf hatten die Anhänger mit ihrer imposanten Pokal-Choreographie ein feines Gespür für historische (das Bayer-Kreuz) und zukünftige Wahrzeichen (die Werkself) bewiesen.
Boniface und Arthur mit Einsatzchance
Für Alonso Grund genug die Gefolgschaft kräftig zu loben: „Die Fans sind intelligent und haben im Gedächtnis, was in Unterhaching passiert ist“, spielte der Coach auf die tiefste Wunde des Vereins aus dem Jahr 2000 an, als Bayer 04 am letzten Spieltag ein Unentschieden zur Meisterschaft gereicht hätte und ergänzte: „Jetzt haben wir alle Geduld und wollen zusammen feiern, wenn es so weit ist.“
Für den 24. Sieg im 28. Punktspiel könnte er wieder auf Robert Andrich vertrauen. Für diesen scheinen aller guten Vertragsjahre an der Dhünn drei zu sein. „Rob ist in einem guten Moment“, sprach sein Trainer dem formstarken Ex-Unioner ein Lob aus, „nicht nur mit uns, auch in der Nationalmannschaft hat er sich seine Rolle verdient“.
Weil der 29-jährige, gebürtige Potsdamer die Alte Försterei als stimmungsvolles Stadion kennt, könnte er erneut den Vorzug vor Weltmeister Exequiel Palacios bekommen. Wobei sich Alonso bei der Aufstellung nicht in die Karten schauen ließ, sondern nach Victor Bonifaces 25 Minuten-Einsatz gegen Düsseldorf offensiv, und mit dem ebenfalls wieder fitten Arthur defensiv, weitere Alternativen ansprach. „Vielleicht werden wir ein bisschen wechseln“, kitzelte der Erfolgscoach seinen voll besetzten Kader ebenso wie den Gegner. Die Berliner können sich nach dem eigenen 0:0 in Frankfurt und dem Leverkusener 2:1 gegen Hoffenheim nicht sicher sein, wie das Bundesliga-Gesicht der Werkself am Samstag (15.30 Uhr/Sky) aussehen wird.
Sein gutes Gespür bewies Alonso mit seiner Meisterschaftsansage nicht nur psychologisch, sondern auch in der Kernkompetenz eines Trainers. So wie der 42-Jährige sein Team in den vorherigen 40 Pflichtspielen richtig eingestellt hatte, schickt er es auch am Samstag mit der passenden Marschroute auf den Rasen. „Wir müssen bereit sein, vielleicht nicht das schönste Spiel zu haben. Es geht um ein gutes Ergebnis, auch gut zu spielen, aber manchmal sind andere Dinge wichtiger.“
Voraussichtliche Aufstellungen: Union Berlin: Rönnow; Doekhi, Vogt, Leite; Khedira; Juranovic, Gosens; Tousart, Schäfer; Vertessen, Volland. — Bayer 04 Leverkusen: Hradecky; Kossounou, Tah, Hincapie; Stanisisc, Andrich, Xhaka, Grimaldo; Tella, Wirtz; Schick. — Schiedsrichter: Brand (Unterspiesheim).