Das Wunder ist ausgeblieben. Bayer 04 Leverkusen hat sich im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League gegen den FC Bayern München noch nicht einmal der Möglichkeit genähert, die 0:3-Hypothek aus dem Hinspiel vor einer Woche zu tilgen. Der deutsche Doublesieger verlor in der ausverkauften BayArena verdient mit 0:2 (0:0) und muss nach der deutschen Meisterschaft den zweiten Titeltraum begraben. Für den Werksclub war es die dritte Niederlage hintereinander ohne eigenen Treffer.

Harry Kane (52.) und Alphonso Davies (71.) trafen für die Bayern, die Viertelfinale auf Inter Mailand treffen. Die Italiener setzten sich mit 2:0 und 2:1 gegen Feyernoord Rotterdam durch. „Über zwei Spiele waren die Bayern klar besser. Wir stecken leider gerade in einem Formtief. Die Enttäuschung bei uns ist groß“, sagte Leverkusens Kapitän Lukas Hradecky.

Xabi Alonso entscheidet sich für Lukas Hradecky

Xabi Alonso sendete vor dem Anpfiff zwei Signale an sein Team und alle Leverkusener Anhänger. Der Bayer-Coach wechselte entgegen der Erwartungen im Tor und gab Hradecky den Vorzug vor dem im Hinspiel beim 0:2 patzenden Matej Kovar. Der Spanier ließ zudem alle Diskussionen um einen Stoßstürmer verstummen und stellte Patrik Schick in die Startelf. Aleix Garcia ersetzte in der Schaltzentrale den verletzten Florian Wirtz (Innenband rechtes Sprunggelenk) und Arthur rechts hinten den Gelb-rot gesperrten Nordi Mukiele.

Der deutsche Meister war von Anfang im 4:4:2 bemüht, Intensität in seine Zweikämpfe zu legen, um die Bayern zu beeindrucken und das eigene Publikum mitzunehmen. Das gelang zeitweise ganz gut und brockte den Münchnern zwei frühe Gelbe Karten für Konrad Laimer (8.) und Kingsley Coman (10.).

So wirklich beeindrucken ließ sich der Bundesliga-Spitzenreiter aber nicht. Harry Kane hatte nach einer kleinen Ringkampfeinlage mit Jonathan   Tah die erste Möglichkeit (5.). Der Engländer prüfte Hradecky nach einem Fehlpass von Granit Xhaka ein zweites Mal (15.). Dann verpasste Michael Olise das Bayer-Tor von der Strafraumkante nur knapp (16.). Die Gäste traten abgeklärt auf und hatten oft gute Antworten auf die Leverkusener Attacken.

Bayer 04 kommt nicht in die Köpfe der Bayern

Die Werkself versuchte viel, kam aber nicht wirklich in die Köpfe ihres Gegners. Alejandro Grimaldo setzte einen Freistoß zu hoch an (11.) und Exequiel Palacios traf aus 14 Metern mit rechts nur sein linkes Standbein (12.). Leverkusen fehlten bei aller Intensität die zündenden Ideen im Spiel nach vorne. Das Fehlen von Wirtz machte sich wie befürchtet bemerkbar.

Bayern blieb das gefährlichere Team. Tah musste in höchster Not seinen eigenen Fehler gegen Jamal Musiala ausbügeln (22.) und Coman zielte aus neun Metern zu weit nach rechts (29.). Was die Münchner vor allem auszeichnete, war die aufmerksame Rückwärtsbewegung. Nur als Leon Goretzka sich einmal einen Fehler im Aufbau leistete, konnte Palacios Schick einsetzen. Der zurückeilende Goretzka konnte gerade noch so  Schlimmeres verhindern (33.).

Patrik Schick vergibt Leverkusens größte Möglichkeit und schlägt ein Luftloch

Der tschechische Torjäger hatte auch die größte Leverkusener Chance der ersten Hälfte. Nach der sechsten Ecke köpfte er am kurzen Pfosten allerdings nur ans Außennetz (45.). Bayer verlor vor der Pause noch Mario Hermoso. Der Innenverteidiger musste mit einer Schulterverletzung vom Platz (38.).

Der Alonso-Elf blieb noch eine Halbzeit und auf der Tribüne wurde der Geist von 1988 beschworen, als Bayer 04 im UEFA-Cup Finale nach einem 0:3 im Hinspiel, den ersten Treffer zum Wunder des Rückspiels nach 56 Minuten erzielt hatte.

Der Geist blieb in der Flasche, denn Bayern zeigte sich eiskalt. Joshua Kimmich chippte einen Freistoß an den Fünfer, wo Schick ein Luftloch schlug und Harry Kane keine Mühe hatte den Ball zu stoppen und zum 0:1 ins rechte Eck zu schieben (52.). Der Treffer wirkte wie eine Vorentscheidung.

Alphonso Davies macht den Deckel auf den Bayern-Sieg

Bayer war jedenfalls tief getroffen und hätte wohl unmittelbar ein Signal von draußen gebraucht. Xabi Alonso ließ aber 13 Minuten verstreichen, bis er „All in“ ging und mit Amine Adli und Victor Boniface zwei weitere Offensivkräfte brachte. Jeremie Frimpong kurz vor dem Doppelwechsel (65.) und Schick kurz danach (66.) hätten ausgleichen können, Torwart Jonas Urbig als Vertreter von Manuel Neuer bewies aber zweimal, dass er als ehemaliger Keeper des Zweitligisten 1. FC Köln, dem Druck eines Champions League-Achtelfinals gewachsen ist .

Die Münchner reagierten schnell auf den verzweifelten Ansturm der Leverkusener. Piero Hincapie gab den Ball unnötig gegen den eingewechselten Serge Gnabry her. Kane leitete weiter auf Alphonso Davies, der mit einer Direktabnahme aus elf Metern zum 0:2 die letzten Zweifel am Achtelfinal-Einzug beiseite fegte (71.). Jamal Musiala hätte den durch und durch kontrollierten Auftritt der Münchner krönen können, der Nationalspieler scheiterte am zweimal am Aluminium (81./86.). Die Bayern hatten aber auch mit dem 2:0 ein Leverkusener Wunder im Keim erstickt.

„Wir haben nicht heute verloren, sondern in der zweiten Halbzeit in München. Da war unsere Leistung zu soft. Wir haben in einer schwierigen Situation mit einigen Verletzten gegen einen sehr starken FC Bayern alles versucht, aber mit dem ersten Tor, war es entschieden“, sagte Bayer-Coach Xabi Alonso. 

Statistik:

Bayer 04 Leverkusen: Hradecky; Arthur (65. Adli), Tah, Hermoso (38. Andrich), Hincapié; Xhaka, Palacios, García (65. Boniface), Grimaldo (84. Buendia); Frimpong, Schick. — FC Bayern München: Urbig; Laimer (46. Stanisic), Upamecano, Kim, Davies; Kimmich, Goretzka (84. Palinha); Olise (69. Ito), Musiala, Coman (58. Gnabry); Kane (84. Müller). — SR.: Vincic (Slowenien). —Zuschauer: 32.100. — Tore: 0:1 Kane (52.), 0:2 Davies (71.). — Gelbe Karten: Hermoso, Xhaka, Schick; Laimer, Coman, Kane.