Köln – Die Sache mit dem Abstand war plötzlich nicht mehr auf dem Schirm. Mike Wunderlich hatte im Kellerduell gegen den FSV Zwickau gerade für die Vorentscheidung gesorgt, als sich der Kapitän des FC Viktoria Köln den Vorlagengeber schnappte und ihn fest an sich drückte. Für einige Momente standen Wunderlich und Albert Bunjaku eng umschlungen auf dem sonnenüberfluteten Rasen des Sportparks Höhenberg.
In Frankfurt am Main, dem Sitz des für die 3. Liga zuständigen Deutschen Fußball-Bundes (DFB), wird man den innigen Torjubel der beiden Kölner Torgaranten nur ungern gesehen haben. Im Hygienekonzept des Verbandes ist die Vorgabe verankert, gemeinsames Jubeln, Umarmungen und Abklatschen zu unterlassen. Das Konzept gilt als Grundlage für das Entgegenkommen der Politik, die Fortsetzung des Profifußballs mit Geisterspielen in der Corona-Pandemie zu erlauben.
Große Freude bei Viktoria Köln
Nun war die Kölner Missachtung der Torjubel-Vorgabe sicherlich nicht böse gemeint. Sie war allenfalls unüberlegt und veranschaulichte vielmehr, wie groß Freude und Erleichterung waren bei Wunderlich, Bunjaku und Co. über den im Kampf um den Klassenerhalt bedeutsamen 3:0 (0:0)-Erfolg gegen einen direkten Rivalen. Der Sportliche Leiter Marcus Steegmann warb deshalb um Verständnis für seine beiden Schützlinge: „Sie haben sich in dem Moment fallen gelassen. Wir wissen aber, wie wir uns zu verhalten haben.“
Durch den ersten Sieg im zweiten Spiel nach der monatelangen Zwangspause hat sich die Mannschaft von Trainer Pavel Dotchev etwas mehr Luft und Ruhe verschafft und fünf Zähler Differenz zwischen sich und den ersten Abstiegsplatz geschaufelt. Auch wenn der Weg für den Neuling zu einem weiteren Jahr in der 3. Liga bei neun im Englischen-Wochen-Takt verbleibendenden Spielen ein weiter bleibt, fühlt sich der Druck vor der hohen Hürde am Samstag (14 Uhr) bei Waldhof Mannheim nicht mehr ganz so groß an. „Es war ein wichtiger Zwischenschritt“, sagte ein erleichterter Marcus Steegmann.
Keine Konsequenzen für Mike Wunderlich und Albert Bunjaku
Das klare Endergebnis konnte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, wie schwer sich der FC Viktoria lange Zeit gegen massiv stehende Zwickauer getan hatte. „Wir hatten in der ersten Halbzeit zwar viel Ballbesitz, aber keine Lösungen“, bemängelte Sportvorstand Franz Wunderlich die fehlende Tiefe im Spiel seines Teams. Erst als Albert Bunjaku nach einer Stunde zur schmeichelhaften Führung eingeköpft hatte, erlangten die Kölner Oberwasser. Zwickau gelang es mit schwindenden Kräften kaum noch, in die Zweikämpfe zu kommen und die Räume zu verengen. Das kam der Spielstärke des Aufsteigers entgegen, der sich durch Wunderlich (81.) und Fabian Holthaus (90.) zu weiteren sehenswerten Treffern kombinierte.
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Die Einwechslung von Simon Handle, der eine halbe Stunde vor dem Ende den erneut blass gebliebenen Steven Lewerenz abgelöst hatte, stellte auf dem Weg zum pausenübergreifend dritten Heimsieg in Folge einen klugen Schachzug dar. „Simon verfügt über ein gutes Tempo und geht lange Wege. Genau diese Tiefe haben wir gebraucht“, begründete Pavel Dotchev die Hereinnahme des flinken offensiven Außenbahnspielers. Kölns Trainer sprach nach seinem 100. Erfolg als Drittliga-Rekordcoach von einem Sieg der Geduld: „Das war ein verdammt schweres Spiel. Wir haben viel Zeit gebraucht, um den Gegner weichzuklopfen.“ Die im Vergleich zur 2:4-Auftaktniederlage bei Eintracht Braunschweig deutlich verbesserte Defensivleistung war dabei ebenfalls hilfreich.
Konsequenzen haben Mike Wunderlich und Albert Bunjaku derweil nicht zu befürchten. Bei den Vorgaben in Sachen Torjubel handelt es sich nach einer Erläuterung des Verbandes lediglich um „Hinweise zur Orientierung“. Sanktionen sind damit ausgeschlossen. Ersetzen muss Pavel Dotchev in Mannheim dafür seinen defensiven Mittelfeldspieler André Dej, der zum bereits zehnten Mal den gelben Karton gesehen hat.
FC Viktoria: Weis; Gottschling (70. Koronkiewicz), Lanius, Hajrovic, Carls (70. Holthaus); Dej, Saghiri (85. Willers); Holzweiler, Wunderlich (85. Klefisch), Lewerenz (60. Handle); Bunjaku. – Zwickau: Brinkies; Godinho, Hehne (37. Dörfler), Odabas, Lange (77. Bickel); Jensen, Reinhardt; Morris Schröter, Miatke (46. Viteritti); Wegkamp, Huth (83. Jäpel). – SR.: Braun (Wuppertal). – Tore: 1:0 Bunjaku (63.), 2:0 Wunderlich (81.), 3:0 Holthaus (90.).