Annäherung der Stadtnachbarn1. FC Köln und Viktoria Köln rücken enger zusammen

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Viktorias Toptalent Said El Mala wechselt mit seinem Bruder Malek zum 1. FC Köln. Vorerst spielen sie weiter für den Drittligisten.

Jahrelang pflegten der 1. FC Köln und Viktoria Köln ein eher distanziertes Verhältnis zueinander. Das könnte sich spätestens mit dem Leihgeschäft der El Mala-Brüder ändern.

Es war durchaus eine Überraschung, als der 1. FC Köln am Dienstag die Verpflichtung von Said El Mala (17) und seines zwei Jahre älteren Bruders Malek verkündete. Spätestens mit seinem Debüt für die deutsche U18-Nationalmannschaft Ende Mai soll Said El Mala das Interesse mehrerer Vereine aus der Fußball-Bundesliga auf sich gezogen haben. Borussia Dortmund galt im Werben um das wohl größte Talent des FC Viktoria Köln als namhaftester Konkurrent, den Zuschlag aber erhielt der Zweitligist. Wohl auch, weil sich die FC-Verantwortlichen um Sportchef Christian Keller taktisch clever darum bemüht hatten, das Brüderpaar im Doppelpack unter Vertrag zu nehmen.

Entstanden ist eine Konstellation, von der beide Seiten profitieren. Der 1. FC Köln hat das Offensivduo langfristig an sich gebunden und für die kommende Saison leihweise an seinen Stadtnachbarn zurückgegeben. Ein Modell, das sich aus den Zwängen der Transfersperre entwickelt hat. „Wir hatten gute Gespräche mit Christian Keller und Thomas Kessler und haben eine vernünftige Lösung gefunden“, stellt Stephan Küsters, der Sportliche Leiter des Drittligisten, zufrieden fest. Doch damit nicht genug: Bevor sich die Geißböcke in ihr Trainingslager nach Österreich aufmachen, gastieren sie am Samstag, 20. Juli (14 Uhr), noch im Sportpark Höhenberg auf der Saisoneröffnung des FC Viktoria, der sein 120-jähriges Bestehen feiert. „Ein echtes Highlight“, freut sich Küsters auf das Stadtduell, das für voll besetzte Ränge sorgen dürfte.

Wir sind froh darüber, ein gutes Verhältnis zum 1. FC Köln hergestellt zu haben.
Franz Wunderlich, Sportvorstand FC Viktoria Köln

In früheren Jahren ist es nicht immer ganz so harmonisch zwischen beiden Clubs zugegangen. Der im vergangenen Jahr verstorbene Viktoria-Mäzen Franz-Josef Wernze war ein großer Förderer des Sports in der Region. Er war jedoch auch ein Mann, der polarisierte. Sein Vorhaben, als Investor beim 1. FC Köln einzusteigen, wirbelte einst viel Staub in der Stadt auf. Inzwischen haben sich die Wogen geglättet. „Wir sind froh darüber, ein gutes Verhältnis zum 1. FC Köln hergestellt zu haben“, erklärt Viktorias Sportvorstand Franz Wunderlich. Es war eine schrittweise Annäherung. 2020 wechselte Marcel Risse von der linken auf die rechte Rheinseite. Ein Jahr später waren die Geißböcke zu Gast in Höhenberg für ein Stadtturnier mit dem FC Viktoria und dem SC Fortuna, das in Zeiten der Corona-Pandemie einen Schulterschluss der drei führenden Kölner Fußballclubs demonstrieren sollte.

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Nun könnte es zu einem Ausbau der Beziehungen zwischen dem 1. FC Köln und dem FC Viktoria Köln kommen, wo mit Cheftrainer Olaf Janßen, Sportvorstand Franz Wunderlich und Nachwuchsleiter Christoph John mehrere Akteure mit Geißbock-Vergangenheit an den Schalthebeln sitzen. „Beide Vereine pflegen wieder ein vernünftiges Miteinander. Daraus kann eine Win-win-Situation entstehen, von der beide Seiten profitieren“, meint Wunderlich, der mit Blick auf das jüngste Leihgeschäft bei Said und Malek El Mala anfügt: „Der erste Schritt ist gemacht, darauf wollen wir aufbauen.“ Was auch im Sinne von Christian Keller wäre: „Seit ich beim FC bin, habe ich das Verhältnis zur Viktoria immer als sehr gut und sehr positiv wahrgenommen und das soll auch in Zukunft so bleiben“, sagt der seit April 2022 am Geißbockheim tätige Sportchef.

Viktoria Köln muss in Zeiten des Sparens neue Wege finden

Die Annäherung fällt in eine Zeit, in der die Kölner Viktoria um ihre Zukunft im Profifußball kämpft. Die Suche nach neuen, großen Geldgebern gestaltet sich kompliziert. Ein radikaler Sparkurs ist die Folge. Gutdotierte Verträge wie der von Topscorer Luca Marseiler (wechselt zu Bundesliga-Absteiger Darmstadt 98) konnten nicht verlängert oder mussten aufgelöst werden. Das sechste Drittliga-Jahr dürfte das mit Abstand schwierigste werden. In Höhenberg ist nun viel Ideenreichtum gefragt. Mit Bayer Leverkusen wurde sich bereits über die Möglichkeit einer Kooperation ausgetauscht – bislang ohne Ergebnis.

Auch Leihgeschäfte mit höherklassigen Clubs wie dem 1. FC Köln könnten stärker in den Fokus rücken. Beispiele gibt es genug, bei denen ein Wechsel der Rheinseite in der jüngeren Vergangenheit Sinn ergeben hat. So wurden die heutigen Viktoria-Profis Florian Engelhardt und Luca de Meester am Geißbockheim ausgebildet. Umgekehrt liefen mehrere Spieler der U17- und U19-Mannschaft des FC auch schon für die Viktoria auf. Prominentester Name ist Justin von der Hitz, der mit Fayssal Harchaoui U17-Weltmeister wurde – und nun ebenfalls langfristig an den FC gebunden werden soll.

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