AboAbonnieren

Interview mit Ex-Trainer Marco Antwerpen„Ich hatte eine super Zeit bei Viktoria Köln“

Lesezeit 5 Minuten
Neuer Inhalt

Wiedersehen mit seinem Ex-Club: Eintracht Braunschweigs Trainer Marco Antwerpen.

Köln – Es ist ein Wiedersehen unter besonderen Umständen: Zum Start der 3. Fußball-Liga nach fast dreimonatiger Corona-Zwangspause tritt der FC Viktoria Köln am kommenden Samstag (14 Uhr, Magenta Sport) bei Eintracht Braunschweig an. Trainiert werden die Niedersachsen vom früheren Viktoria-Coach Marco Antwerpen, mit dem sich Tobias Carspecken im Vorfeld der Partie unterhielt.

Herr Antwerpen, erreichen wir Sie gerade im Quarantäne-Trainingslager von Eintracht Braunschweig?

Wir sind seit Sonntag in der Sportschule Barsinghausen. Wir wollten bewusst raus aus der Stadt, weil es uns in einem Stadthotel noch mehr wie Quarantäne vorgekommen wäre.

Zur Person

Marco Antwerpen (48) ist seit November 2019 als Trainer des Fußball-Drittligisten Eintracht Braunschweig tätig. Zuvor führte er zwischen Dezember 2017 und Mai 2019 den zu seinem Amtsantritt noch abstiegsgefährdeten SC Preußen Münster zweimal ins gesicherte Mittelfeld der 3. Liga. Mit dem FC Viktoria Köln gewann der gebürtige Unnaer in der Saison 2016/2017 die Meisterschaft in der Regionalliga West, scheiterte jedoch in der Aufstiegs-Relegation wegen der Auswärtstorregel an Carl Zeiss Jena. Zu aktiven Zeiten bestritt der frühere Mittelstürmer 109 Partien (38 Tore) in der damals drittklassigen Regionalliga Nord für den SC Fortuna Köln sowie Münster. (tca)

Hier sind wir unter uns und haben den Trainingsplatz direkt vor der Tür. Wir versuchen, das Ganze eher als sportliches Trainingslager zu nutzen.

Wie bewerten Sie den Beschluss des DFB-Bundestages, dass in der 3. Liga ab kommendem Samstag wieder gespielt werden soll?

Ich finde den Beschluss richtig. Es ist wichtig, einen regulären Saisonabschluss sicherzustellen, auch wenn die Bedingungen sehr speziell sein werden.

Hinter der 3. Liga liegen Wochen des erbitterten Streits zwischen Befürwortern und Gegnern eines Saisonabbruchs. Wie haben Sie die Debatte wahrgenommen?

Ich hätte mir mehr Zurückhaltung gewünscht. Es tat der gesamten 3. Liga irgendwann nicht mehr gut, dass jeden Tag Kommentare aus verschiedenen Lagern abgegeben wurden, um sich zu positionieren. Der richtige Weg wäre gewesen, gemeinsam nach Lösungen zu suchen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Hätten Sie sich also mehr Konzentration auf das Wesentliche – die Umsetzung des Hygienekonzeptes des DFB – gewünscht?

Von denjenigen Vereinen, die sich für einen Saisonabbruch ausgesprochen haben, kam nie ein Vorschlag zur Verbesserung der Situation. Es kann ja nicht richtig sein, die Saison abzubrechen, ohne einen Vorschlag zu haben, wie es danach weitergehen soll.

Mit elf Spielen in 36 Tagen steht den Drittligisten im Saisonendspurt nun ein echtes Mammutprogramm bevor. Wie bewerten Sie den Zeitplan des DFB?

Es wird sehr, sehr schwierig für die Spieler, dieses Programm zu bewältigen. Das hat es so noch nicht gegeben.

Legt man sich als Trainer für diese Ausnahmesituation ein spezielles personelles Konzept zurecht?

Das ist schwierig, weil ein Trainer immer seine beste Formation auf dem Platz haben will. Wir werden die Situation von Spieltag zu Spieltag neu bewerten müssen. Auch für die Trainerteams wird das eine große Herausforderung.

Ihr Trainerkollege Pavel Dotchev vom FC Viktoria Köln erwartet ein „absolutes Roulette“. Fürchten auch Sie eine Verzerrung des Wettbewerbs in der entscheidenden Saisonphase?

Die wird es definitiv geben. Es gab Drittligisten, die befanden sich zu Beginn dieser Woche noch nicht einmal im regulären Mannschaftstraining. Der Leistungsstand der Spieler wird unterschiedlich sein.

Zum Wiederbeginn wartet gleich eine sehr spezielle Partie auf Sie. Mit welchen Gefühlen blicken Sie dem Wiedersehen mit Ihrem Ex-Club Viktoria Köln entgegen?

Ich hatte eine super Zeit in Köln und kenne die Verantwortlichen sowie viele Spieler noch persönlich.

Haben Sie noch Kontakt nach Köln?

Hin und wieder mal. Gut verstehe ich mich nach wie vor mit Niklas Hauck (Physiotherapeut der Viktoria, Anm. d. Red.). Ich war auch zu seiner Hochzeit eingeladen.

Ihr plötzlicher Wechsel im Dezember 2017 zu Drittligist Preußen Münster erfolgte unter geräuschvollen Umständen. Haben Sie sich mit den Kölner Verantwortlichen in der Zwischenzeit ausgesprochen?

Manchmal ist es im Fußball ja so, dass die eine Seite irgendwann nicht mehr will. Man darf es einem Trainer nicht verübeln, wenn der Wunsch nach persönlicher Weiterentwicklung besteht. Ich denke, dass Franz Wunderlich (Sportvorstand der Viktoria, d. Red.) und Franz-Josef Wernze (Mäzen der Viktoria, d. Red.) das mit zeitlichem Abstand genauso sehen.

Hat Sie der Drittliga-Aufstieg der Viktoria gefreut?

Es hat mich gefreut, dass die Viktoria ihr Ziel endlich erreicht hat, weil ich weiß, wie viel Franz Wunderlich und Franz-Josef Wernze in das ganze Projekt investieren. Auch Mike Wunderlich ist als Kapitän den kompletten Weg mitgegangen, obwohl er zu anderen Vereinen hätte gehen können.

Wie bewerten Sie den bisherigen Saisonverlauf Ihres Ex-Clubs?

Ich würde ihn als wellenförmig bezeichnen. Die Viktoria hat gerade zu Saisonbeginn begeisternden Fußball geboten, musste sich als Aufsteiger danach aber erst noch an die Intensität der 3. Liga gewöhnen.

Wo sehen Sie die Stärken des Teams?

Im spielerischen Bereich. Fußball spielen zu lassen, entspricht Pavels Philosophie. Das passt zur Viktoria, weil die dafür notwendigen Spieler vorhanden sind. Die Viktoria hat ein super Umschaltspiel und zeigt das in jeder Partie. Da geht die Post ab.

Eintracht Braunschweig ist derzeit nur Tabellenneunter. Wo liegen die Probleme?

Wir haben es zumindest in den Heimspielen geschafft, uns zu stabilisieren. Daheim sah das teilweise richtig gut aus. Auswärts sind wir dagegen sehr behäbig und träge aufgetreten.

Soll die Partie gegen die Viktoria als Neustart dienen?

Wir haben in den vergangenen Wochen über einen längeren Zeitraum intensiver zusammenarbeiten können. Nun haben wir sehr viele Spiele in kurzer Zeit vor der Brust. Eine Mannschaft kann daran wachsen, weil jeder Spieler gebraucht und seine Einsatzzeiten bekommen wird.

Normalerweise gleicht das Eintracht-Stadion einem Tollhaus. Wie sehr werden Ihrer Mannschaft die Fans am Samstag fehlen?

Ein Publikum wie in Braunschweig kann dich durch ein Spiel tragen. Ohne Fans im Rücken werden wir eine hohe Eigenmotivation brauchen.

Ihr Vertrag läuft im Sommer aus...

Wer als Trainer bei einem Traditionsclub wie Eintracht Braunschweig arbeitet, muss wissen, wie hoch die Ambitionen dort sind. Man hat mir bei meinem Amtsantritt nicht gesagt, dass ich aufsteigen muss. Es ging um Stabilisation. Mir gefällt es hier gut. Wir wollen unsere Kritiker mit guten Spielen überzeugen, dass wir das richtige Trainerteam für die Eintracht sind.