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FC-Präsident Wolf im Interview„Wir sind gut vorbereitet“

Lesezeit 7 Minuten
Werner Wolf dpa

Werner Wolf, Präsident des 1. FC Köln

Herr Dr. Wolf, Sie stammen aus der Eifel und sind in Euskirchen groß geworden. Ein Gebiet, das von der Flutkatastrophe im Juli betroffen war. Hat es Sie und Ihre Familie direkt getroffen?

Wolf: Nein, das elterliche Haus liegt in der Südstadt von Euskirchen und ist verschont geblieben. Es sind aber viele Freunde und Bekannte direkt und extrem betroffen. Bei der Schwester einer guten Freundin aus Kreuzweingarten ist die Erft durchs Haus geflossen. Sie hat alles verloren. Und der Veybach hat die Euskirchener Innenstadt komplett zerstört. Der ist sonst ein Rinnsal, das kaum einer wahrnimmt. Ich kenne den Bach nur, weil ich ihn jedem Tag auf meinem Schulweg zum Gymnasium überquert habe.

Der 1. FC Köln hat 115.000 Mitglieder und eine enorme Reichweite. Wie hilft der Club den Opfern der Flutkatastrophe?

In dem wir Gelder einsammeln und gezielt zur Verfügung stellen. Es hat in Zusammenarbeit mit der Bayern München und der Telekom eine Soforthilfe von 100 000 Euro gegeben. Über die Stiftung 1. FC Köln haben wir bislang 200 000 Euro gesammelt. Rund um das Heimspiel gegen Hertha BSC werden wir wieder zum Spenden aufrufen.

Wie setzt die Stiftung dieses Geld ein?

Wir haben die Aktivitäten der Stiftung unter dem Begriff Bildung gebündelt. Rund 5000 Kinder haben in der Flut ihre Schulsachen verloren. Etwa 2000 Schulranzen können wir zum Schulstart ersetzen. Zudem haben wir Sponsoren dazu bewegt, die Ranzen mit allen wichtigen Utensilien zu füllen.

Hat der FC auch direkt vor Ort helfen und bei den Aufräumarbeiten mitanpacken können?

Wir haben unseren betroffenen Mitarbeitern direkt geholfen. Die Kollegen haben da persönlich mitangepackt. Von den Fans haben sehr viele geholfen wie zum Beispiel die „Südkurve“. Über unseren Sponsor Ford konnten wir diese Helfer mit den nötigen Transportfahrzeugen versorgen. Es gehört zu unseren Grundideen unsere Fan-Basis künftig, noch besser zu vernetzen . Es gibt ein Riesenpotenzial an Menschen in den Fan-Clubs, die gerne etwas tun wollen. Diese Ressourcen wollen wir noch besser nutzen.

In puncto Corona hat sich der FC klar positioniert und für eine konsequente 2G-Regelung ausgesprochen. Ab dem zweiten Heimspiel gegen Bochum dürfen nur noch Genesene und Geimpfte ins Stadion. Warum hat sich der FC dafür entscheiden?

Aus unserer Sicht ist nur mit einer signifikanten Impfquote der Weg zu einer Herdenimmunität und damit zurück in eine sich weiterhin verändernde Normalität – allerdings mit mehr Freiheit. Wir wollen diesen Weg konsequent gehen – mit zwei Ausnahmen: Wir haben 220 Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen 6 und 16 mit einer Dauerkarte, die nicht unter die 2G-Regel fallen. Genauso wie die Dauerkartenbesitzer, die nicht geimpft werden dürfen. Für diese beiden Gruppen reicht ein negativer Test. Mit zwei Impfstationen bei Heimspielen am Stadion leisten wir zudem einen Beitrag gegen die Impfmüdigkeit. Wir bieten so eine unkomplizierte Möglichkeit, sich impfen zu lassen.

Das ist ein lobenswertes Engagement für die Gesellschaft, aber sicher ebenso ein nicht ganz Uneigennütziges. Es geht für den FC dabei auch um eine Vollauslastung des Rhein-Energie-Stadions, oder?

Das ist richtig. Dir meisten Clubs der Deutschen Fußball Liga werden eine weitere Saison mit Geisterspielen oder einer Teilauslastung der Stadien wohl kaum überstehen. Eine Rückkehr zur Normalität bei Sportveranstaltungen ist für den Fußball und für den gesamten Sport überlebensnotwendig.

Mit welcher Stadionauslastung kalkuliert der FC in seinem Budget für die Saison 2021/22?

Wir kalkulieren weiter sehr konservativ und haben für die neun Heimspiele der Hinrunde die Zahlen von 50 Prozent, also gut 23.000 Zuschauer, auf ein Drittel Auslastung, also 16.500 Zuschauer, nach unten korrigiert. Ab der Rückrunde planen wir dann wie die meisten anderen Clubs auch mit einer Vollauslastung.

Bei einem Drittel Auslastung würde der FC pro Heimspiel rund eine Million Euro verlieren. Wie könnten Sie solche Verluste überhaupt kompensieren?

Die Reduzierung der Stadionpacht, die auch für die anstehende Saison schon geregelt ist, hilft uns sehr. Wir legen großen Wert darauf, alle neuen Verträge zu angepassten Konditionen abzuschließen.

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Der FC hat ein sehr schweres Jahr hinter sich und konnte den Abstieg erst in der Relegation vermeiden. Am Sonntag startet mit dem Heimspiel gegen Hertha BSC Berlin die neue Saison. Mit welchem Gefühl gehen Sie als FC-Präsident in die Spielzeit 2021/22?

Mit einem weiterhin angespannten Gefühl sowie Demut und Respekt, denn wir wissen nicht, wie sich die Pandemie weiter auf den Fußball auswirken wird. Wir hoffen alle auf volle Stadien, aber vorhersehbar ist dieses Szenario nicht. Ich bin voller Vorfreude, dass es wieder losgeht. Das Pokalspiel in Jena mit Zuschauern und dem Nervenkitzel hatte schon wieder viel von dem, was den Fußball ausmacht.

Sie waren im Trainingslager in Donaueschingen und haben die Mannschaft mit dem neuen Trainer Steffen Baumgart hautnah bei der Arbeit erlebt. Wie sind Ihre Eindrücke?

Ich habe eine sehr gute Stimmung erlebt. Der Trainer arbeitet sehr klar und jederzeit voll auf seine Aufgaben fokussiert. Es passt zusammen, auch die zwischenmenschlichen Töne habe ich insgesamt als sehr angenehm wahrgenommen. Das stimmt mich zuversichtlich, dass wir diese Saison nicht wieder bis zum Schluss um den Klassenerhalt zittern müssen. Entscheidend bleibt natürlich, was auf dem Platz geschieht.

Ist die Mannschaft in ihrer aktuellen Besetzung gut genug, um den Klassenerhalt zu schaffen?

Dazu sagt der Präsident nichts (lacht)

Anders gefragt: Ist noch Geld für weitere Neuverpflichtungen vorhanden?

Für weitere Verstärkungen müssen finanzielle Dinge geregelt werden. Zum Beispiel, ob es ein marktgerechtes Angebot für einen Spieler wie Ellyes Skhiri gibt. Notverkäufe haben wir jedenfalls nicht nötig. Sollte es kein Angebot geben, haben wir aber auch noch andere Lösungen. Wir sind auf jeden Fall vorbereitet.

Die jüngste Mitgliederversammlung hat dem FC mit der Entlastung des Vorstands und der Wahl von Vize Carsten Wettich etwas Ruhe eingebracht. Die nächste Mitgliederversammlung mit einem Termin im November steht schon vor der Tür. Was erwarten Sie?

Der Jahresabschluss 2020/21 wird den Mitgliedern vorgestellt. Da ist aber nichts, was uns größere Sorgen bereitet. Der wichtigste Punkt ist sicher die Wahl des neuen Mitgliederrates. Dazu dürfen und werden wir uns als Vorstand nicht äußern. Der Mitgliederrat ist als Aufsichtsrat des Vereins bedeutend für die künftige Entwicklung des FC.

Sie meinen, weil der Mitgliederrat für die Versammlung 2022 einen Vorstand zur Wahl vorschlägt? Wollen Sie in der Besetzung des Vorstands mit den Vizes Carsten Wettich und Eckhard Sauren ihre Arbeit fortsetzen?

Unser Wunsch ist es, in der aktuellen Besetzung über das Jahr 2022 hinaus weiterzumachen. Wir stehen in der Verantwortung und wissen, wo wir mit unserer Strategie „FC Matchplan“, die gerade implementiert wird, hinwollen. Wir drei im Vorstand haben viel Ehrgeiz und wollen den 1. FC Köln weiterentwickeln. Wir sind gut unterwegs und haben schon einige Pflöcke eingeschlagen, obwohl Corona den Prozess verzögert hat. Wenn es um das Überleben des Clubs geht, kümmert man sich eben erst einmal darum. Wir haben jetzt zwei weitere schwierigere Jahre vor uns, aber wir sind zuversichtlich, dass wir diese Herausforderungen meistern können.

FC-Profis wieder Heimschläfer

Die Zeiten von Markus Gisdol und seinem Nachfolger Friedhelm Funkel als Trainer des 1. FC Köln sind vorbei. Und für die Mannschaft damit auch ein Aufenthalt vor Heimspielen im Teamhotel. Der neue FC-Coach Steffen Baumgart lässt die FC-Profis wieder im eigenen Bett schlafen.

Das gab der 49-Jährige vor dem Bundesliga-Auftakt am Sonntag (17.30 Uhr/DAZN) im Rheinenergiestadion gegen Hertha BSC Berlin bekannt: „Ich gehöre nicht zu denen, die davon überzeugt sind, dass das Hotel hilft. Ich glaube, wir fühlen uns alle zu Hause am wohlsten“, erklärte Baumgart und fügte an: „ Als Spieler habe ich es eine ganze Zeit mit Hotel gemacht und fand das nicht immer kribbelnd. Als Trainer habe ich dann darauf verzichtet, und das hat Erfolg gebracht. Es ist bei mir aber nichts in Stein gemeißelt.