Nach den Ausfällen der Offensivkräfte Davie Selke, Luca Waldschmidt und Mark Uth nimmt FC-Trainer Timo Schultz die Spieler aus der zweiten Reihe in die Pflicht. Wer sich nun zeigen muss.
Verletzungspech beim 1. FC KölnJetzt rücken die Reservisten in den Fokus
Timo Schultz war bei der ersten Zusammenkunft nach dem Doppelschock weit davon entfernt, in Wehklage zu verfallen. Angesprochen auf die Ausfälle von Davie Selke und Luca Waldschmidt, ließ sich der neue Coach des 1. FC Köln am Rande der Trainingseinheit am Dienstag nur wenige Sätze entlocken, in denen Betrübtheit mitschwang. „Es ist für uns als Mannschaft und für die beiden Jungs natürlich extrem ärgerlich“, äußerte Schultz zum langen Fehlen der beiden gestandenen Offensivspieler, die im Kampf gegen den Abstieg aus der Fußball-Bundesliga hätten voran gehen sollen.
Schultz richtet den Blick nach vorne
Schultz erwähnte auch in keinem Satz die Transfersperre, ohne die der 1. FC Köln auf die Hiobsbotschaften nach dem verpassten Befreiungsschlag gegen den 1. FC Heidenheim (1:1) in Form von externer Verstärkung reagieren könnte. Stattdessen richtete der als positiv denkender Mensch bekannte Ostfriese den Blick nach vorne. „Wir können die Situation nicht ändern, und wir nehmen sie auch so an“, betonte Schultz, der seine Mannschaft als gefestigt genug kennengelernt hat, um auch von der Last der neuerlichen Rückschläge nicht erdrückt zu werden: „Ich bin mir sicher, dass wir es als Team kompensieren werden. Es ist auch eine Möglichkeit, noch enger zusammen zu rutschen.“
Als er dies sagte, fühlte sich der FC-Trainer an seine Worte vom Dienstantritt vor zwei Wochen erinnert. „Ich habe es den Jungs von Anfang an gesagt: Wir werden hier jeden brauchen. Von der Nummer 1 bis zur Nummer 38“, betonte Timo Schultz, der anfügte: „Dass sich das so schnell bewahrheiten würde, hatte ich nicht gehofft. Aber es war von vornherein klar.“ Noch stärker auf alle Mitglieder der Mannschaft zu bauen, sei ohnehin „der Weg, den wir gehen wollen“, erläuterte Schutz, der jungen wie erfahrenen Spielern Berücksichtigung schenken will: „Jeder, der hier in der Gruppe dabei ist, wird von uns maximal gefördert. Wir haben das Vertrauen, egal ob der Spieler 19 oder 38 Jahre ist.“ Die ausgedünnte Personaldecke in der Offensive betrachtet Schultz daher als „Chance“ für die bisherigen Reservisten, „zu spielen und zu zeigen, dass sie mindestens genauso gut sind“. Der FC-Coach machte deutlich, dass er dies auch genau so erwartet: „Es liegt jetzt an den Jungs, die hinten dran sind und noch nicht so viel Spielzeit hatten, die Chance zu ergreifen.“
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Timo Schultz nannte zwar keine Namen. Doch es lag auf der Hand, wen er allen voran meinte. Mittelstürmer Steffen Tigges sollte nun den Beweis antreten, dass er mehr als nur ein Notnagel für Davie Selke sein kann. Sargis Adamyan steht in der Pflicht, nach anderthalb Jahren in Köln endlich zu zeigen, warum er im Sommer 2022 mit einem Vierjahresvertrag ausgestattet wurde. Auch Faride Alidou konnte die Erwartungen bislang nicht ansatzweise erfüllen. Dass Sportchef Christian Keller zuletzt andeutete, die Kaufoption für die Leihgabe von Eintracht Frankfurt wohl nicht ziehen zu wollen, sollte ihn wachrütteln. Aus dem Kreise der etablierten Kräfte beruhen die Hoffnungen auf Dejan Ljubicic. Der österreichische Nationalspieler ist auch hinsichtlich einer EM-Teilnahme auf jene Form angewiesen, die ihn beim FC zwei Jahre lang zu einem Mann für den Unterschied gemacht hat. Zum zweiten Heimspiel in Folge am Samstag (15.30 Uhr) gegen Borussia Dortmund soll Ljubicic, der nach überwundener Grippe seinen Trainingsrückstand aufgeholt hat, ebenso wieder zur Verfügung stehen wie Linksverteidiger Leart Pacarada (nach Muskelverletzung).
Ljubicics Landsmann Florian Kainz hat mit einem ersten Schritt aus der Krise vorgelegt. „Er hat ein richtig, richtig gutes Spiel gemacht, ist als Kapitän vorweggegangen und war sehr spielfreudig“, lobte Timo Schultz den unter Steffen Baumgart in der Hinrunde hin und her verschobenen Spielführer, der sich gegen Heidenheim offensiv frei entfalten durfte – und mit einer sehenswerten Torvorlage dankte. Umso wichtiger, dass sich Kainz' Blessur als nicht allzu hartnäckig herausgestellt hat. Am Dienstag konnte der Kapitän schon wieder einen Großteil der Übungen mitmachen. Auf Verstärkung aus der Regionalliga-Mannschaft, die ebenfalls „noch ein paar fantastische Spieler“ zu bieten habe, wird Schultz zunächst verzichten: „Wenn wir auf unsere Trainingsgruppe schauen, haben wir noch genug Spieler, die vorne drin und im Zentrum spielen können. Dementsprechend liegt mein Fokus jetzt erstmal auf den Jungs, die da sind.“ Bei der taktischen Ausrichtung zeigt sich der 46-Jährige flexibel: „Vorstellbar ist grundsätzlich alles. Du kannst mit vielen Künstlern spielen, brauchst aber auch Tiefgang und dementsprechend Robustheit. Du kannst auch mit zwei Zielspielern spielen. Es ist für jeden Gegner unangenehm, wenn du zwei Tanker vorne drin hast. Wir werden von Spiel zu Spiel schauen. Im Training kann sich jeder empfehlen.“
Mark Uth hat keinen Zweitliga-Vertrag
Zwei Spieler des 1. FC Köln besitzen – wie Sportchef Christian Keller auf dem Mitglieder-Stammtisch in der vergangenen Woche bestätigte – keinen für die Zweite Liga gültigen Vertrag. Neben Mittelstürmer Davie Selke (die Rundschau berichtete) könnte laut „Sky“ auch Mark Uth die Geißböcke im Abstiegsfall ablösefrei verlassen. Der gebürtige Kölner hatte sein Arbeitspapier im Januar 2023 um eine Saison bis Sommer 2025 verlängert. In den vergangenen anderthalb Jahren ist Uth jedoch nie mehr dauerhaft in Tritt gekommen.
Derzeit laboriert der Offensivakteur (7 Liga-Einsätze/0 Tore), der die abgelaufene Spielzeit wegen einer Schambeinverletzung nahezu komplett verpasste, an einer Knieblessur. Die Interessenten aus der Ersten Liga dürften folglich nicht gerade Schlange stehen. Auch deshalb erscheint es gut möglich, dass Uth bereit wäre, seinem Heimatverein selbst im Falle des Abstiegs die Treue zu halten. Doch zuvor muss der 32-Jährige erstmal wieder vollständig fit werden. (tca)