Justin Diehl deutet nach seiner Begnadigung an, dass er dem 1. FC Köln im Abstiegskampf helfen kann. Die Zukunft des abwanderungswilligen Youngsters könnte indes noch länger offen bleiben.
Offensivnot des 1. FC KölnNeue Chance im Diehl-Poker? – Das sagt Lemperle zu einer Rückkehr
Vielleicht war es gar nicht so verkehrt, dass am Geißbockheim zu Wochenbeginn der Ball ruhte. Der trainingsfreie Montag gab allen Beteiligten Gelegenheit, die Geschehnisse des Vortages sacken zu lassen. Dieser erinnerte in seiner Chronologie ein wenig an den denkwürdigen 21. Dezember 2023. Jenen Tag, an dem mit der Trennung von Trainer Steffen Baumgart und der Bestätigung der Transfersperre zwei Ereignisse schwerwiegenden Ausmaßes zeitlich ineinander übergingen. Am Sonntag herrschte schon wieder Schockstarre beim 1. FC Köln. Auslöser waren abermals zwei kurz hintereinander eingetroffene Hiobsbotschaften, die den Tabellenvorletzten der Fußball-Bundesliga bis ins Mark trafen. Die Ausfälle von Luca Waldschmidt (Wadenbein angebrochen) und Davie Selke (Fußverletzung) bedeuten den nächsten herben Dämpfer im Kampf um den Klassenerhalt, dessen Wahrscheinlichkeit durch das im Ergebnis ernüchternde 1:1 gegen den Aufsteiger 1. FC Heidenheim nicht größer geworden ist.
Dem neuen Trainer Timo Schultz stehen bei seiner ohnehin hoch komplizierten Rettungsmission damit zwei fest eingeplante Offensivkräfte bis ins Frühjahr hinein nicht zur Verfügung. Obwohl auch Mittelstürmer Davie Selke in dieser Saison selten überzeugte, ist er mit fünf Toren erfolgreichster Schütze des harmlosen Abstiegskandidaten. Sein technisch anspruchsvoller Führungstreffer gegen Heidenheim hatte zudem für Hoffnung auf Besserung in der Rückrunde gesorgt. Uneingeschränkt erstligatauglichen Ersatz hat der Kader nicht zu bieten. Steffen Tigges enttäuschte nach seiner Einwechselung am Samstag auf ganzer Linie und ist in dieser Verfassung keine Hilfe. Auch der lange verletzte dritte Stoßstürmer Florian Dietz ist nur als Ergänzung eingeplant gewesen. Sollte insbesondere Tigges nicht eine Leistungssteigerung erleben, bliebe noch die Möglichkeit zur Umstellung auf ein System mit beweglichen Spitzen. Denkbar ist zudem, dass Damion Downs wieder in den Profikader hochgezogen wird, wo Jaka Cuber Potocnik wegen seiner noch bis Ende Februar geltenden Sperre vorerst keine Option darstellt.
Der Ausfall von Luca Waldschmidt schmerzt den Kölnern in doppelter Hinsicht. Mit Mark Uth (Knieverletzung) hatte sich bereits einer der beiden etatmäßigen Spielmacher ins Lazarett begeben. Der Routinier wird erst im Februar auf dem Rasen zurückerwartet. Wann Uth, der nach mehreren Rückschlägen schon zuletzt nicht mehr richtig spritzig gewirkt hatte, wieder in der Verfassung sein wird, um eine ernsthafte Alternative darzustellen, bleibt abzuwarten. Die Verletzung Waldschmidts bedeutet für den FC auch deshalb einen bitteren Verlust, weil unter Timo Schultz das in der Hinrunde erfolglose Flankenspiel hinten angestellt und stattdessen verstärkt durch das Zentrum agiert werden soll. Ein technisch versierter Spieler wie Waldschmidt, der als einer der wenigen FC-Profis zudem auch aus der Distanz Gefahr ausstrahlen kann, hätte den Kölnern daher gut zu Gesicht gestanden. Immerhin machten die jüngsten Auftritte von Youngster Denis Huseinbasic im Zentrum Mut.
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Durch die fehlende Möglichkeit, auf dem Transfermarkt nachzulegen, rückt die junge Garde um Saison-Debütant Justin Diehl automatisch stärker in den Fokus. In der Schlussphase des Heidenheim-Spiels standen mit Diehl, Max Finkgräfe (beide 19), Jan Thielmann, Eric Martel (beide 21) sowie Denis Huseinbasic und Faride Alidou (beide 22) gleich sechs Spieler auf dem Platz, die 22 Jahre und jünger sind. Sie stehen für Gegenwart und Zukunft des FC. „Wir sind auch dafür da, dass wir unsere Jungs in den nächsten Monaten entwickeln. Entwickeln heißt, ihnen auch Spielzeiten zu geben und ihnen das Vertrauen zu schenken“, erklärte Timo Schultz, der die Talente konsequenter einbauen soll, als unter seinem Vorgänger geschehen.
Neben dem VfB Stuttgart zeigt auch die TSG Hoffenheim Interesse an Justin Diehl
In seinem ersten Einsatz für die Kölner Bundesliga-Mannschaft seit fast einem Jahr durfte der nach einer Aussprache in der Winterpause begnadigte Justin Diehl gleich eine halbe Stunde wirbeln. „An Selbstvertrauen mangelt es ihm nicht“, stellte Schultz fest, nachdem sich der Quasi-Neuzugang auf Anhieb sämtliche Eckbälle und Freistöße geschnappt hatte. Zudem probierte Diehl am Ball stets das Besondere, womit er – auch wenn längst noch nicht alles gelang – eine neue Note ins Kölner Spiel einfließen ließ. „Er ist ein Junge, der Spaß macht, der auch auf dem Trainingsplatz immer wieder die Kugel haben will und ins Eins-gegen-eins geht. Er kann uns in der Rückrunde auf jeden Fall helfen“, meint Timo Schultz, der aber vor zu großen Erwartungen an Diehl warnt: „Man hat in der ein oder anderen Situation auch gesehen, dass ihm die Heidenheimer allein schon von der Physis her noch ein bisschen überlegen waren, wenn es in den direkten Zweikampf ging.“
Regelmäßige Einsatzzeiten in der Bundesliga-Rückrunde könnten auch Justin Diehls Standpunkt noch einmal verändern. Bislang zeigte sich der gebürtige Kölner nicht gewillt, seinen auslaufenden Vertrag zu verlängern. Die Gespräche mit dem FC galten als festgefahren. Wie berichtet beschäftigt sich der VfB Stuttgart mit einer Verpflichtung des im Sommer ablösefreien U20-Nationalspielers. In Schwaben zählt man nach Rundschau-Informationen die TSG Hoffenheim, die enge Verbindungen zu Diehls Beraterfirma Rogon pflegt, zu einem ernsten Konkurrenten im Werben um das wohl größte Kölner Talent seit Florian Wirtz und rechnet nicht mit einer baldigen Entscheidung.
Eine vorzeitige Beendigung von Leihvereinbarungen, um die Auswirkungen der Transfersperre ein wenig abzumildern, ist dem FC laut Fifa-Statuten derweil nicht möglich. Im Fall von Tim Lemperle, der in der nun ausgedünnten Kölner Offensive gute Einsatzchancen gehabt hätte, wäre sie wohl auch nicht infrage gekommen. „Tim hat in Fürth gute Schritte gemacht. Eine Rückkehr im Winter würde daher keinen Sinn machen“, teilte sein Berater Dusan Jevtic auf Anfrage der Rundschau mit. Da sich der FC trotz bereits damals drohender Transfersperre bei keinem seiner fünf Leihspieler eine vertragliche Rückholoption für die Rückrunde hatte zusichern lassen, wäre ein solches Unterfangen ohnehin auch nur mit Zustimmung des Leihpartners möglich gewesen. FC-Sportchef Christian Keller hatte unter Hinweis auf die Förderung von Spielpraxis von einer bewusst getroffenen Entscheidung gesprochen.