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Poker um Justin DiehlWarum der 1. FC Köln neue Hoffnung schöpft

Lesezeit 4 Minuten

Die Zukunft von FC-Talent Justin Diehl ist weiter ungeklärt.

Bleibt Justin Diehl doch noch beim 1. FC Köln? Nach zwischenzeitlich festgefahrenen Verhandlungen zeichnet sich eine Annäherung zwischen den Geißböcken und Justin Diehl ab.

Es sagt viel aus über die Offensive des 1. FC Köln, wenn es der Einwechselung eines 19-Jährigen bedurfte, damit mal so etwas wie ein Ruck durch die vordere Reihe ging. Als Justin Diehl im Heimspiel gegen den SV Werder Bremen nach 67 Minuten für Kapitän Florian Kainz auf den Platz geschickt wurde, da dauerte es nicht lange und das Talent zog die Blicke der 50.000 Zuschauer auf sich. Diehl versuchte viel, wirbelte umher und ging in die Dribblings. Zudem verzeichnete er einen gefährlichen Abschluss, der sich auf das Tordach senkte. Dem U20-Nationalspieler gelang zwar nicht alles, hier und da bekam er wegen seiner noch fehlenden körperlichen Robustheit die Grenzen aufgezeigt. Auch konnte er nicht verhindern, dass die Geißböcke eine im Kampf um den Klassenerhalt in der Fußball-Bundesliga bittere 0:1-Niederlage hinnehmen mussten. Diehls Spielwitz und Mut bildeten jedoch einen Hoffnungsschimmer an diesem 22. Spieltag, der aus Sicht des Relegationsplatz-Inhabers kaum schlechter hätte verlaufen können.

Hinterher heimste Justin Diehl ein verdientes Lob seines Trainers ein. „Justin ist ein gutes Beispiel dafür, auch mal das Herz in beide Hände zu nehmen, ins offensive Eins-gegen-eins zu gehen und draufzuhalten. Er hätte sich fast dafür belohnt, dass er eben genau diese Tribute auf den Platz bringt“, freute sich Timo Schultz über den Auftritt des Kölner Eigengewächses, das im Gegensatz zu manch erfahrenerem Akteur mit einer gewissen Unbekümmertheit drauflos spielte. „Das macht ihn aus. Das ist seine große Stärke. Deshalb bin ich froh, dass ich ihn habe und dass er nach seiner Erkrankung wieder voll im Trainingsbetrieb ist“, erklärte Schultz, der in den vorherigen beiden Partien auf Diehl verzichten musste. Der seit Januar im Amt befindliche FC-Trainer ging sogar noch einen Schritt weiter und stellte Diehl in Aussicht, nach vier Joker-Einsätzen im Jahr 2024 erstmals bei einem Bundesligaspiel für die Startelf nominiert zu werden. „Er ist für uns eine ernsthafte Alternative, dass er auch mal von Anfang an auflaufen kann“, sagte Schultz.

Läuft Justin Diehl in Stuttgart gegen seinen zukünftigen Verein auf?

Womöglich ist es schon am Samstag (15.30 Uhr) so weit, wenn der FC bei Champions League-Anwärter VfB Stuttgart zum ersten von drei fast aufeinanderfolgenden Duellen gegen einen Kontrahenten aus dem oberen Tabellendrittel gefordert ist. Es wäre eine Premiere mit pikantem Beigeschmack für Justin Diehl. Schließlich zählen die Schwaben, bei denen der frühere FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle als Vorstandsvorsitzender fungiert, neben der TSG Hoffenheim zu den ganz heißen Anwärtern im Gerangel um den gebürtigen Kölner, der sich bislang nicht bereit zeigt, seinen auslaufenden Vertrag zu verlängern.

Waren die Fronten zwischen dem 1. FC Köln und der Diehl-Seite um Berater-Schwergewicht Roger Wittmann (Rogon) in den vergangenen Monaten derart verhärtet, dass eine Zusammenarbeit über den Sommer 2024 hinaus als praktisch ausgeschlossen galt, zeichnet sich inzwischen zumindest eine Annäherung ab. Dies hat nach Rundschau-Informationen zur Folge, dass Justin Diehl den Fokus auf den Kampf um den Klassenerhalt legen und die weitere sportliche Entwicklung der Geißböcke abwarten will. Von einer Entscheidung ist daher frühestens im März auszugehen, wenn sich klarer abzeichnet, ob Diehls Weg beim FC in der Ersten oder in der Zweiten Liga weitergehen würde.

Kleine Schritte bei den Verhandlungen mit der Diehl-Seite

Damit zieht sich der ohnehin zähe Poker zwar weiter in die Länge. Doch die Gewinnung zusätzlicher Zeit kann auch eine Chance für den 1. FC Köln darstellen, durch weitere Bundesliga-Einsätze für ein spätes Umdenken bei Justin Diehl und seinem einflussreichen Umfeld zu sorgen. Wie die Rundschau aus Diehls Kreisen erfuhr, schätzt der Teenager die Zusammenarbeit mit dem ruhig und sachlich auftretenden Timo Schultz, der Talenten wie Max Finkgräfe, Denis Huseinbasic und eben Diehl konsequent eine Chance gibt. Vorgänger Steffen Baumgart galt dagegen als treibende Kraft bei der Degradierung Diehls in die Regionalliga-Mannschaft, für die er in der Hinrunde Tore wie am Fließband erzielte. Baumgarts öffentlicher Angriff Ende November auf Diehl („Warum lehnst du uns ab?“) hatte ebenfalls für Unverständnis beim Offensiv-Talent gesorgt.

Für Christian Keller stellen die Verhandlungen mit der Diehl-Seite einen Weg der kleinen Schritte dar. Der FC-Sportchef muss behutsam vorgehen und vermeidet, wenn irgendwie möglich, öffentliche Äußerungen zum Stand der Gespräche, um diese nicht zu gefährden. Im Hintergrund wird derweil beharrlich daran gearbeitet, Diehl trotz des drohenden Abstiegs und einer noch bis Januar 2025 geltenden Transfersperre eine Perspektive am Geißbockheim aufzuzeigen. Vor dem Jahreswechsel sprang Keller zudem über seinen eigenen Schatten, als er Diehl die Türe für eine Rückkehr zu den Profis öffnete. All diese großen und kleinen Zeichen könnten sich auszahlen. Hatte Keller auf dem Mitglieder-Stammtisch im Januar die Wahrscheinlichkeit eines Diehl-Verbleibs noch als „nicht allzu hoch“ beziffert, werden den Kölnern inzwischen zumindest bessere Chancen eingeräumt als noch im Winter. Und das ist eine gute Nachricht in diesen so schwierigen Zeiten.