AboAbonnieren

1. FC Köln dreht Spiel gegen VfL BochumJoker-Wahnsinn in der Nachspielzeit

Lesezeit 5 Minuten
Luca Waldschmidt bei seinem Kopfballtor.

Das Happyend, Luca Waldschmidt erzielt per Kopf den 2:1-Siegtreffer für den 1. FC Köln.

Der 1. FC Köln hat ein schon verloren geglaubtes Spiel gegen den VfL Bochum in der Nachspielzeit noch gedreht.

Der 1. FC Köln lag komplett am Boden, hatte den Abstieg in die 2. Bundesliga schon vor Augen, als der totgesagte Fußball-Bundesligist doch noch wie Phönix aus der Asche stieg. Die Geißböcke lagen am 28. Spieltag der Fußball-Bundesliga-Saison 2023/24 im vorentscheidenden Abstiegsduell gegen den VfL Bochum mit 0:1 hinten, als die Nachspielzeit anbrach. Die Kölner Verzweiflung in Müngersdorf war greifbar, als Florian Kainz die neunte FC-Ecke in den VfL-Strafraum schlug.

Der Kapitän fand den Kopf des eingewechselten Steffen Tigges und der Joker glich mit seinem ersten Saisontor aus (90.+1). Eine Minute später flankte der ebenfalls eingewechselte Benno Schmitz von rechts und in der Mitte köpfte mit Luca Waldschmidt der nächste Joker von Trainer Timo Schultz tatsächlich noch zum umjubelten 2:1 (0:0)-Sieg ein.

Die Spieler stehen in einem Kreis, jubeln und umarmen sich.

Die Kölner Spieler um Luca Waldschmidt (l) und Steffen Tigges (r) jubeln nach der Partie.

Die Südkurve tobte, alle Kölner Spieler und der gesamte FC-Staff liefen in vollkommener Ekstase auf den Rasen, um die unglaubliche Wende zu feiern. Die Geißböcke sind nach ihrem erst vierten Saisonsieg aufgrund des 4:0-Erfolgs von Mainz gegen Darmstadt zwar weiter Tabellenvorletzter, im Geschäft um den Klassenerhalt aber bei einem Punkt Rückstand auf den FSV weiter aussichtsreich im Rennen. Auch, weil der in der 90. Minute eigentlich schon auf zehn Punkte enteilte VfL Bochum auf Rang 15 bei vier Zählern Rückstand für die Elf von Trainer Timo Schultz wieder in Reichweite liegt.

„Wir haben in diesem wichtigen Spiel zurückgelegen und haben es noch gedreht. Nach dem 2:1 ist es ein unglaubliches Gefühl, eine unglaubliche Stimmung. Dieser Sieg wird uns Selbstvertrauen für die nächsten Aufgaben geben“, jubelte ein erschöpfter, aber sehr glücklicher Florian Kainz.

Timo Schultz nahm im Vergleich zum 1:1 in Augsburg drei nachvollziehbare Änderungen vor. Max Finkgräfe stand nach vollständig überstandenen Rückenproblemen hinten links wieder für Leart Pacarada in der Startelf. Auch Eric Martel kehrte als kampfstarker Sechser für Denis Huseinbasic zurück. Und Linton Maina hatte rechts vorne nach seiner Einwechslung in Augsburg einen besseren Eindruck hinterlassen als Faride Alidou.

Bochum setzt auf Defensive

Bochums Coach Thomas Letsch überraschte und setzte mit Takuma Asano und Christopher Antwi-Adjej seinen beiden schnellsten Flügelstürmer auf die Bank. Asanso ist zudem nach 27 Bundesliga-Spieltagen mit sechs Treffern bester Torschütze des VfL.

Letsch Aufstellung dokumentierte die Herangehensweise der Bochumer. Nach zuletzt drei Gegentoren pro Spiel im Schnitt hatte die Defensive oberste Priorität. Und dem VfL reichte ja ein Remis, um die Kölner mit sieben Punkten auf Abstand zu halten. Das Zeitspiel, das die Gäste von Anfang einfließen ließen, passte zur Taktik.

Die seit sieben Spielen unter Timo Schultz sieglosen Kölner waren zunächst das bessere Team. Es gab aber nur Halbchancen durch Linton Maina (13.), Sargis Adamyan (14.) und Davie Selke (18.). Dem FC fehlte in der gesamten ersten Hälfte der letzte Zug zum gegnerischen Tor, in den meisten Momenten agierten die Hausherren zu zögerlich. Allen voran Florian Kainz, der in der 28. Minute erst den Abschluss verpasste und dann unsauber auf Davie Selke passte.

Große Verunsicherung beim FC

Zu diesem Zeitpunkt war die allgemeine Verunsicherung bei den Hausherren schon zu spüren. Eine gefährliche Ecke des VfL, nach der Kapitän Anthony Losilla nach einem Maina-Fehler frei zum Schuss kam, genügte (22.). Der FC traute sich angesichts der Bedeutung der Partie zu wenig zu, spielte zu vorsichtig und verlor folgerichtig in der gegnerischen Hälfte die wichtigen Zweikämpfe. Die Angst vor der Niederlage war deutlicher zu spüren, als die Lust, die Chance im Abstiegskampf mit einem Sieg zu nutzen.

Nachdem Erhan Masovic nach der zweiten Ecke die zweite Bochumer Chance per Kopf vergab (31.), passierte eine Viertelstunde nichts. Bis Kainz mal zur Stelle war und Martel rechts im Strafraum fand. Der Sechser zog auch sofort ab, hatte aber Pech, weil VfL-Linksverteidiger Bernardo den Ball links am Tor vorbei lenkte (45.).

Es konnte aus Kölner Sicht eigentlich nur besser werden. Das Gegenteil war der Fall, weil Bochum mit einem ersten guten Angriff aus dem Spiel heraus in Führung ging. Kevin Stöger narrte Jan Thielmann im Mittelfeld und setzte Moritz Broschinski auf der linken Seite in Szene. Timo Hübers ließ den Bochumer Angreifer auf der verwaisten Flanke gewähren und auf den zweiten Pfosten flanken, wo Felix Passlack wartete. Max Finkgräfe fälschte den Schuss dann auch noch unhaltbar für FC-Keeper Marvin Schwäbe ab (53.).

Passlack schockt den FC, dann treffen Tigges und Waldschmidt

Das 0:1 traf die Kölner bis ins Mark, es gelang nur noch ganz wenig. Linton Maina hätte zwar direkt kontern können, zielte aber zu hoch (56.). Timo Schultz reagierte und brachte erst Alidou und Denis Huseinbasic (63.), dann Luca Waldschmidt (68.) für den schwer am Fuß verletzten Selke und zum Schluss noch Benno Schmitz und Steffen Tigges (84.).

Die Joker stachen. Alidou traf zunächst nur den Pfosten (69.) und Waldschmidt scheiterte an VfL-Keeper Manuel Riemann (85.). Als alles verloren schien und es schon Pfiffe und "wir wollen euch kämpfen sehen"-Rufe gab, kam das unglaubliche Foto-Finish mit Tigges und Waldschmidt. Die Hoffnung auf den Klassenerhalt lebt nach dem vierten Saisonsieg sechs Spieltage vor dem Ende der Spielzeit weiter.

„Nach dem 0:1 waren wir gefühlt tot. Uns ist in der Box wie so oft in dieser Saison nach dem 0:1 nicht viel gelungen. Durch die Einwechselspieler sollte dann noch mal ein Funken kommen und dass es dann so gut geklappt hat, bedeutet mir sehr viel, weil die Mannschaft mir immer den Rücken gestärkt hat, auch wenn es bei mir nicht gut gelaufen ist. Ich freue mich sehr, etwas zurückgeben zu können“, sagte Steffen Tigges.

„Es war sehr emotional. Beim 1:1 hat das Stadion schon getobt. Dass wir dann noch 2:1 gewinnen, war extrem wichtig – für uns und unsere Fans, die uns unfassbar unterstützen in dieser Saison“, erklärte Siegtorschütze Luca Waldschmidt.


Statistik zum Spiel:

1. FC Köln: Schwäbe; Thielmann (84. Schmitz), Hübers, Chabot, Finkgräfe; Martel (63. Huseinbasic), Ljubicic; Maina (63. Alidou), Kainz; Adamyan (84. Tigges) , Selke (68. Waldschmidt). – VfL Bochum: Riemann; Passlack, Masovic, K. Schlotterbeck, Bernardo; Losilla, Osterhage; Bero, Stöger (77. Wittek); Hofmann (77. Ordets), Broschinski (66. Asano). – SR.: Welz (Wiesbaden). – Zuschauer: 50.000. – Tore: 0:1 Passlack (53.), 1:1 Tigges (90.+1), 2:1 Waldschmidt. – Gelbe Karten: Martel, Selke, Thielmann; Broschinski, Asano, Losilla.