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Interview zur FC-Mitgliederversammlung„Es ist weitere Entwicklung nötig“

Lesezeit 6 Minuten
Seit Oktober 2020 fungiert Ho-Yeon Kim beim 1. FC Köln als Vorsitzender des Mitgliederrats.

Seit Oktober 2020 fungiert Ho-Yeon Kim beim 1. FC Köln als Vorsitzender des Mitgliederrats.

Fußball-Bundesligist 1. FC Köln kommt am Mittwoch zur Mitgliederversammlung zusammen. Mitgliederratschef Ho-Yeon Kim spricht im Interview über die Gremienarbeit.

Der 1. FC Köln hält am Mittwoch (18 Uhr, Lanxess Arena) seine ordentliche Mitgliederversammlung ab. Im Gespräch mit Martin Sauerborn spricht Mitgliederratschef Ho-Yeon Kim über eine noch stärkere Einbeziehung der Mitglieder, die Arbeit des Vorstandes und den Umbruch auf der Geschäftsführerebene.

Herr Kim, auf den ersten Blick bietet die Tagesordnung der Mitgliederversammlung am Mittwoch nichts Besonderes. Keine Wahlen, keine einschneidenden Satzungsänderungsanträge, keine wirklich brisanten Themen. Wie sehen Sie der Versammlung entgegen?

Eine Mitgliederversammlung ist als höchstes Organ des 1. FC Köln immer etwas Besonderes. Wir wollen ein demokratischer, mitgliedergeführter Verein sein. Unabhängig von großen Entscheidungen ist es für mich deshalb immer ein schöner Tag, weil die Mitglieder zusammenkommen, um über die Belange des Vereins diskutieren und mitzuentscheiden.

Sie sagen, der 1. FC Köln will ein demokratischer Verein sein. Ist er es aus Ihrer Sicht noch nicht?

Wir sind schon demokratisch, aber die Entwicklung in diese Richtung ist noch nicht abgeschlossen. Es gibt noch einige Themenfelder, bei denen die Mitglieder mitentscheiden können, bislang aber nicht so eingebunden waren. Demokratie bedeutet für mich nicht, einmal im Jahr irgendwo hinzugehen und sein Kreuzchen zu machen. Demokratie ist Mitgestaltung. Wir sind auf einem guten Weg, aber noch nicht da, wo wir sein wollen.

Welche Themenfelder meinen Sie?

Zum Beispiel die Aktionen rund um den Spieltag. Da haben die Mitglieder, die sich ja vor allem für die Spiele der Profimannschaft interessieren, bislang kaum Möglichkeiten mitzugestalten und mitzuentscheiden. Oder die Strategie, die sich der Club auf die Fahnen geschrieben hat. Die ist bislang primär aus der Clubspitze heraus entschieden worden. Da braucht es mehr Partizipationsmöglichkeiten der Mitglieder. Themenfelder hierfür gibt es ausreichend.

Gibt es denn überhaupt genug Mitglieder, die mitgestalten wollen?

Ja, das erkennen wird an der Anzahl der Bewerbungen für die Arbeitsgruppen Nachhaltigkeit und Werte oder auch beim Fandialog. Da gibt es immer deutlich mehr Bewerbungen als Plätze zur Verfügung stehen und eine Vielzahl an qualitativen Bewerbungen. Der FC zählt 130.000 Mitglieder, da steckt mächtig Potenzial drin, das es zu heben gilt. Mitgestaltung macht doch auch viel mehr Spaß.

Die Beteiligung an der Mitgliederversammlung 2022, auf der immerhin Vorstandswahlen anstanden, lag aber nur bei unter 1000. Das spricht nicht gerade für eine große Motivation der Mitglieder, die Geschicke des 1. FC Köln mitgestalten zu wollen. Wie können Sie das ändern?

Es wird 2023 erste Versuche gebe, das Format der Mitgliederversammlung weiterzuentwickeln. Wir wollen uns weg bewegen von der Frontalveranstaltung und als Mitglieder mehr in den Dialog mit den Verantwortlichen gehen. Ich bin gespannt, ob das funktioniert. Die jüngste Mitgliederversammlung von Hertha BSC bietet uns gute Erfahrungswerte. Die Versammlung bleibt das Organ der Entscheidungen, soll aber auch den Weg in Workshops und Arbeitsgruppen aufzeigen. Dort sollen die Mitglieder die Themen diskutieren und auf den Weg bringen. Unser Ziel ist es nicht unbedingt, die reine Kennzahl an Teilnehmern zu erhöhen, sondern die Beteiligung. Wenn die Mitglieder mitgenommen werden, stärkt das ihr Interesse an der Demokratie. Es ist wichtig herauszufinden, welche Themen die Menschen besonders bewegen. Einfach gesprochen: Wie viele Mitglieder melden sich zu welchem Thema.

Hat der Mitgliederrat die neuen Formate, wie zum Beispiel die Talkrunden, mitgestaltet?

Die neuen Formate sind uns nur vorgestellt worden. Der Auftrag ging vom Vorstand an die Geschäftsführung. Wir hätten gerne daran mitgearbeitet, denn auch der Mitgliederrat steht mit einem Jahresbericht, der Aussprache und Entlastungen auf der Tagesordnung. Wir nehmen die Änderungen erstmal an und sammeln unsere Erfahrungen. Daraus wird es dann Schlüsse geben, was wiederholt werden kann und was verändert werden sollte.

Da klingt leichte Kritik am Vorstand mit. Wie zufrieden ist der Mitgliederrat als Aufsicht des Vorstandes mit Werner Wolf, Eckhard Sauren und Carsten Wettich?

Ich möchte nicht zu viel vorwegnehmen. Wir sind dazu übergegangen, mit Hilfe eines Tools die Arbeit des Vorstands zu festen Terminen im Jahr strukturiert und möglichst objektiv zu messen. Fest steht: Wir brauchen auf jeden Fall noch mehr Arbeitsgruppen, um noch mehr Mitglieder mitnehmen zu können.

Wie sieht es beim Thema Transparenz der Vorstandsarbeit aus?

Die Transparenz hat sich verbessert. Es ist aber eine weitere Entwicklung nötig. Wir sind auf dem Weg, das im Gesamtverein zu leben.

Ein Vorwurf in Richtung Vorstand lautet immer wieder, dass er nicht präsent genug sei.

Es ist richtig, dass sich der Vorstand aus gewissen Themen rauszieht. Er hat in den ersten Jahren gemeinsam mit dem Mitgliederrat ein gewisses Vakuum ausgefüllt, das durch die neue Geschäftsführung weggefallen ist. Es ist aber wichtig, dass der Vorstand sich auf die Aufsichtsposition zurückzieht und prüft, wie und ob die Aufgaben übernommen werden.

Sie sprechen die drei neuen Geschäftsführer Philipp Türoff, Christian Keller und Markus Rejek an, die im Jahr 2022 alle innerhalb von nur zehn Monaten ihre Posten beim FC angetreten haben. Wie beurteilt der Mitgliederrat diese Entwicklung?

Die Erweiterung auf drei Geschäftsführer ist in unserem Sinne. Die Aufgaben sind breiter verteilt, es ist mehr Zusammenarbeit und Abstimmung untereinander nötig. Ein Fortschritt ist, dass der Geschäftsführer Sport dieses Themenfeld nicht mehr singulär betreut. Dass die Drei in so kurzer Zeit gekommen sind, sehen wir als Chance. Es ist viel in Bewegung geraten, es wurde viel hinterfragt und dadurch hat die Weiterentwicklung des FC an Fahrt aufgenommen. Wir begrüßen das, denn der Club muss sich verändern und entwickeln.

Der Mitgliederrat selbst arbeitet erstmals in voller Stärke mit 15 Räten. Wie bewerten Sie als Vorsitzender des Gremiums die Arbeit?

Ich bin jetzt auch schon acht Jahre dabei und kann sagen, dass das Engagement hoch ist, es aber natürlich immer etwas zu verbessern gibt. Wir haben neue Kompetenzen dazu bekommen und sind breiter aufgestellt. Das führt zu gezielteren Nachfragen beim Vorstand. Die Vollständigkeit des Rates zeigt auch das Interesse der Mitglieder an der Mitgestaltung.

Das aber durchaus noch stärker sein könnte, oder?

Sicher, ich möchte die Mitglieder dazu motivieren, etwa das Angebot des Satzungsforums verstärkt wahrzunehmen. Neben den gemeinsamen Satzungsänderungsanträgen von Vorstand und Mitgliederrat ist auch der Antrag von Victor Robertz für die Versammlung am Mittwoch aus dem Satzungsforum heraus entstanden. Ich habe schon so viele Diskussionen mit Mitgliedern führen müssen, die mit der Satzung nicht zufrieden sind. Die tauchen aber dann leider zu großen Teilen nicht in einem solchen Satzungsforum auf. Nutzt die Angebote und lebt die Demokratie, die dieser 1. FC Köln möglich macht. Wir brauchen die Ideen und Anregungen unserer Mitglieder. Sie sollen alle kommen und den FC leben. Dafür steht unser Verein doch.