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Der Champagner stand schon kaltNeue Hintergründe zur geplatzten FC-Einigung im Fall Potocnik

Lesezeit 4 Minuten

Noch bis März gesperrt: FC-Talent Jaka Cuber Potocnik.

Diese Frage treibt viele Fans des 1. FC Köln um: Warum ist es nicht gelungen, den Transferstreit um Jaka Cuber Potocnik außergerichtlich zu lösen? Eine Spur führt in die Schweiz.

Seitdem der 1. FC Köln keine neuen Spieler mehr verpflichten darf, treibt viele Fans eine bestimmte Frage um. Warum ist es dem abstiegsbedrohten Fußball-Bundesligisten nicht gelungen, den Transferstreit um das Sturm-Talent Jaka Cuber Potocnik (18) außergerichtlich zu lösen? Rund einen Monat, nachdem der Internationale Sportgerichtshof (CAS) die vom Weltverband Fifa verhängte Transfersperre wegen des Vorwurfs der Anstiftung zum Vertragsbruch bestätigt hat, verdichten sich die Anzeichen, dass die Geißböcke nicht nur Opfer einer eklatanten juristischen Fehleinschätzung geworden sind.

Offenbar sind ihnen auch die Machtverhältnisse in der Sportrechtsprechung zum Verhängnis geworden. Nach Rundschau-Informationen trat im Hintergrund mit Michele Bernasconi ein Schiedsrichter des CAS als juristischer Berater von Streitgegner Olimpija Ljubljana auf. Das Urteil der Schweizer Schiedsbehörde im Fall Potocnik wurde wiederum von einem dreiköpfigen Gremium unter dem Vorsitz des Italieners Luigi Fumagalli gefällt, der wie Bernasconi zu den mächtigsten Richtern in Lausanne zählt.

Offiziell arbeiten am Internationalen Sportgerichtshof mehr als 400 Richter. Doch offenbar gibt es einen inneren Zirkel. Wie eine im Jahr 2018 durchgeführte Studie von Johan Lindholm, Professor für Sportrecht in Schweden, ergeben hat, sind die meisten CAS-Richter ohne Betätigung. „Wir haben 17 Personen, die ungefähr die Hälfte der Aufträge bekommen. Diese 17 Personen also, die immer wieder benannt werden, haben dadurch natürlich viel Einfluss auf die CAS-Rechtssprechung“, sagte Lindholm bei der Präsentation seiner Studie der ARD-Radio-Recherche Sport. Einer der am häufigsten eingesetzten Richter sei Michele Bernasconi, den Lindholm als „extrem einflussreich“ einstuft.

Michele Bernasconi gilt beim CAS als „extrem einflussreich“

Seit 2001 ist Bernasconi für die in Zürich ansässige Topkanzlei Bär & Karrer tätig. Er zählt in der Schweiz zu den führenden Persönlichkeiten im Sportrecht. Im Fall Potocnik trat Bernasconi zwar nicht bei der entscheidenden Anhörung am 19. und 20. September 2023 vor dem Internationalen Sportgerichtshof auf, wohl aber bei Gesprächen und Verhandlungen zwischen beiden Clubs im Hintergrund. Bernasconi wollte sich auf Anfrage der Rundschau nicht äußern: „Wegen des Anwaltsgeheimnisses darf ich leider keine Informationen teilen.“

Der Verdacht liegt nahe, dass Michele Bernasconi womöglich seine Aktien im Spiel hatte, dass Olimpija Ljubljana die wenige Tage vor der CAS-Verhandlung bei einem Treffen am Münchener Flughafen erzielte Einigung mit dem 1. FC Köln wieder zurückzog – aus „nicht nachvollziehbaren Gründen“, wie FC-Geschäftsführer Philipp Türoff am 22. Dezember 2023, dem Tag nach Bekanntwerden des CAS-Urteils, erklärte. 500.000 Euro feste Ablöse, weitere 250.000 Euro nach Potocniks zehntem Bundesliga-Einsatz sowie eine zehnprozentige Beteiligung bei einem Weiterverkauf des Spielers – so lautete der Deal, auf den die Verantwortlichen beider Clubs am Münchener Viktualienmarkt, ganz in der Nähe der Anwaltskanzlei von Olimpijas Vizepräsident Christian Dollinger, mit Champagner anstoßen wollten.

Ljubljanas Kronzeuge fehlte vor dem CAS aus „obskuren Gründen“

Doch dann kam alles anders. Offenbar, weil die auf ihrem Standpunkt beharrende Fifa als dritte Partei in dem Verfahren ein Exempel in Sachen Vertragsstabilität statuieren wollte. Am Ende stand eine Entscheidung des CAS, die man am Geißbockheim hinter vorgehaltener Hand als „Fifa-geprägt“ kritisiert. Wie der Weltverband in seinem „CAS & Football Annual Report 2023“ nicht ohne Stolz vermeldet, wurden im vergangenen Jahr von 79 Urteilen der Fifa lediglich acht durch das Schweizer Schiedsgericht aufgehoben.

Allerdings sparte der CAS in seinem Urteilstext zum Fall Potocnik (dieser liegt der Rundschau vor) auch nicht mit Kritik an der Gegenseite. So habe es „obskure Gründe“, dass Andy Bara bei der Anhörung in Lausanne fehlte. Der Spielerberater vom Balkan galt als Kronzeuge von Olimpija Ljubljana bei der Forderung nach 2,5 Millionen Euro Ablöse, die auf einem angeblichen Angebot von Dinamo Zagreb basierte. Mittlerweile ist der Vorgang wie berichtet ein Fall für die Staatsanwaltschaft. Was bleibt, sind drei Verlierer: Der 1. FC Köln, der im Kampf gegen den sportlichen Absturz bis Januar 2025 ohne externe Verstärkung auskommen muss. Jaka Cuber Potocnik, der noch bis März gesperrt fehlt. Und Olimpija Ljubljana, das nur einen Bruchteil seiner Forderungen zugesprochen bekam.