Das schlimme 0:6 in Leipzig hat beim 1. FC Köln Spuren hinterlassen. Am Dienstag geht es zur Wiedergutmachung im Pokal auf den Betzenberg.
0:6-Debakel in Leipzig1. FC Köln hofft auf eine Reaktion in Kaiserslautern
Die Wortwahl nach dem Debakel passte zum Ergebnis. Die Beurteilung der Ereignisse war somit tatsächlich das Einzige, was dem 1. FC Köln am Samstag in Leipzig glückte. „Wir waren mit den sechs Stück wirklich noch gut bedient“, beschrieb Sportchef Christian Keller die 0:6 (0:4)-Schmach bei den Roten Bullen und sprach von zu „wenig Fokus und zu wenig Achtsamkeit“ in den einzelnen Situationen. Thomas Kessler forderte als Sportlicher Leiter ein „klares Fazit“ unter dem Spiel: „Das sollte ein Ausrufezeichen für jeden Spieler sein, dass man so in der Bundesliga nicht auftreten kann.“ Auch Steffen Baumgart war weit davon entfernt, irgendetwas schönzureden: „Wir waren Leipzig in keiner Weise gewachsen und haben ihnen vier Tore direkt vorgelegt. Wir haben sehr, sehr wenig gut gemacht“, sagte der enttäuschte Cheftrainer.
Die erschütternden Kölner Erkenntnisse nach dem neunten Spieltag der Saison 2023/24 waren im Vorfeld der Partie so nicht zu erwarten gewesen. Der FC hatte sich durch den Derbysieg Luft verschafft und unter der Woche gute Laune verbreitet. Die Vorstellung, beim übermächtigen Pokalsieger und Champions League-Teilnehmer überraschen zu können, schien gar nicht so abwegig. Also lautete die minimale Anforderung an sich selbst, mit einer respektablen Leistung die Niederlage in einem erträglichen Ausmaß zu halten. Das 3:1 gegen Gladbach sollte nachhaltig wirken — auch bei einem Gegner der Kategorie Leipzig.
Hohe Fehleranfälligkeit und Hilflosigkeit
Es dauerte aber nur 15 Minuten, bis die Kölner Fußballwelt in die Katastrophe schlitterte. Ausgerechnet der Ex-Leipziger Eric Martel schenkte RB einen Elfmeter, wie er unnötiger nicht sein kann. Der Ballverlust und das Klammern des FC-Sechsers gegen Amadou Haidara stand stellvertretend für die Fehleranfälligkeit und Hilflosigkeit der Baumgart-Elf an diesem Abend. Timo Werner durfte etwas für sein angekratztes Selbstbewusstsein tun und verwandelte zum 1:0.
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Nachdem Luca Waldschmidt den besten Kölner Angriff des Spiels mit einem Pfostentreffer unglücklich abschloss (34.), beendete das 0:2 die einzige Phase, in der der FC aktiv am Spiel teilnahm. 25 Minuten lang hatte es zumindest den Anschein gemacht, als ob die Gäste ihren Vorstellungen nach dem Derbysieg gerecht werden können. Die Fehlerkette von Leart Pacarada, über Jeff Chabot und Timo Hübers vor Lois Opendas 14-Meter-Kracher (40.) war dann aber bezeichnend für den Auftritt der Geißböcke. „Wir haben Leipzig permanent zu Torchancen eingeladen, die sie noch nicht einmal alle genutzt haben. Es gab Aktionen, eklatante Fehler, die ich in diesem Ausmaß von unserer Mannschaft noch nicht gesehen habe“, klagte Kessler.
Das Schlimmste am zweiten Gegentreffer war, dass die Kölner Haltung und Mut verloren. Etwas, das Steffen Baumgart von allen Dingen, die ihm missfallen, mit am wenigsten mag: „Wir können gegen Leipzig den Arsch vollkriegen. Was ich kritisiere, ist die Körpersprache der Jungs, dass sie so die Köpfe hängen lassen.“ Der 51-Jährige machte seinem Ärger über diesen Umstand schon in der Pause Luft und versammelte sein Team nach dem Schlusspfiff auf dem Platz im Kreis noch einmal zum Rapport, in dessen Verlauf er sich selbst als „emotional“ bezeichnete. „Was der Trainer gesagt hat, bleibt im Kreis, kann sich aber jeder denken“, erklärte Sturmspitze Davie Selke.
„Der absolute Wille war nicht erkennbar. Wir lassen uns vor der Halbzeit so abschießen, dass es nach der Pause nur noch um Schadensbegrenzung geht“, ärgerte sich auch Christian Keller über das 3:0 (43.) und 4:0 (45.+3) durch David Raum und Opendas zweiten Treffer. Es passte ins Bild, dass nach der berechtigten Gelb-Roten Karte für den eingewechselten Mathias Olesen (80.) nicht einmal die Schadensbegrenzung gelang. Die eingewechselten Benjamin Sesko (88.) und Christopher Baumgartner (90.+1) versautem dem Tabellenvorletzten auch noch sein Torverhältnis, das im Abstiegskampf am Ende von erheblicher Bedeutung sein kann.
Xavi überragend, FC fehlt ein Führungsspieler
Erklärungen für den dramatischen Leistungs- und Haltungsabfall nach dem bisherigen Saisonhöhepunkt gegen Gladbach gab es nicht wirklich. Kapitän Florian Kainz berichtete, dass das FC-Trainerteam die Mannschaft auf eine Viererkette beim Gegner eingestellt hatte. RB-Coach Marco Rose trickste seinen Kumpel Baumgart aber mit einer Dreierkette aus, auf die die Kölner nie Druck ausüben konnten.
Zudem verfügt Leipzig mit dem 20-jährigen, von Paris St. Germain ausgeliehenen Niederländer Xavi über ein Ausnahmetalent, das Spiele wie das am Samstag mit individueller Klasse im Alleingang entscheiden kann. Auf FC-Seite fiel dagegen auf, dass auf dem Platz ein Führungsspieler fehlt. Einer, an dem sich die anderen in schwierigen Situationen hochziehen können.
Uths Comeback als Hoffnungsschimmer
So blieb die einzig gute Nachricht dieses sportlich schrecklichen Abends, dass Mark Uth in der 77. Minute nach einem knappen Jahr Pause sein Bundesliga-Comeback feierte und dieses mit einem Beinschuss gegen Mohamed Simakan frech und mutig eröffnete. „Mark bringt in Leistung und als Persönlichkeit eine hohe Qualität mit, die uns guttut“, lobte Christian Keller.
Der Sportchef hofft, dass Uth möglichst schnell wieder der Alte ist und mit der Mannschaft am Dienstag auf dem Betzenberg (20.45 Uhr/ZDF, Sky) vor den wichtigen Bundesligaspielen gegen Augsburg und Bochum direkt eine Reaktion auf das Debakel von Leipzig zeigt. Dann tritt der FC in der zweiten Runde des DFB-Pokals beim 1. FC Kaiserslautern an. „Das Trainerteam wird das hinbekommen. Es waren alles Sachen, die im Kopf anfangen und nicht in den Beinen. Es sollte zu sehen sein, wer der Bundesligist und wer der Zweitligist ist“, forderte Keller ein gänzlich anderes Auftreten.