Köln – Es ist noch nicht lange her, da war der Fußball schlagartig unwichtig im Leben von Sebastiaan Bornauw. „Gutartiger Knochentumor an der Wirbelsäule“, so lautete die Diagnose, die dem jungen Belgier im Frühjahr nach wochenlangen Rückenschmerzen überbracht worden war. Die Nachricht war ein Schock, aber es wurde sogar noch dramatischer. Beim ersten Operations-Versuch kam es zu Komplikationen. Bornauw erlitt eine schwere allergische Reaktion auf das Narkosemittel und musste für 24 Stunden in ein künstliches Koma versetzt werden. Es herrschte Lebensgefahr.
Doch der Innenverteidiger des 1. FC Köln kämpfte sich zurück und stand Mitte April nach zweieinhalbmonatiger Pause erstmals wieder auf dem Rasen. Am Samstag nun rundete er sein Comeback mit der schönsten denkbaren Geschichte ab. Mit seinem Kopfballtor in der 86. Minute zum 1:0-Heimsieg über den FC Schalke 04 bewahrte Bornauw die Geißböcke am letzten Spieltag der Bundesliga-Saison 2020/21 zumindest vorläufig vor dem siebten Abstieg der Vereinsgeschichte. Diesen wollen die auf Rang 16 vorgerückten Kölner in der Relegation gegen den Tabellendritten der Zweiten Liga am kommenden Mittwoch (18.30 Uhr, Rheinenergiestadion) und Samstag (18 Uhr/beide DAZN) nun endgültig abwenden.
„Das war das wichtigste Tor meiner Karriere“
Am Ende des nervenaufreibenden Abstiegskrimis machte Sebastiaan Bornauw gar keinen Hehl daraus, welche Bedeutung der Treffer für ihn persönlich hatte. „Das war das wichtigste Tor meiner Karriere“, erklärte der Matchwinner, der seine Gedankengänge bei der spielentscheidende Szene wie folgt schilderte: „Ich war heute schon viel am ersten Pfosten, dann dachte ich, ich probiere es einmal am zweiten. Es war ein sehr guter Ball von Jan. Dann war es nicht mehr so schwer, das Tor zu machen.“
Vorausgegangen war eine vergebene Großchance von Sebastian Andersson, der nach einem Steckpass von Jonas Hector frei stehend am ausgefahrenen Bein des überragenden Schalker Schlussmannes Ralf Fährmann hängengeblieben war. Doch Hector behielt trotz aller Hektik und Dramatik die nötige Ruhe und Übersicht und legte den Ball noch einmal raus zu Jan Thielmann. Der eingewechselte Youngster flankte von der rechten Grundlinie gefühlvoll an den entfernten Pfosten. Dort schraubte Bornauw seinen Körper in die Luft und köpfte den Ball vom Fünfmetereck wuchtig ein. Einen besseren Moment für seinen ersten Saisontreffer hätte er sich kaum aussuchen können. Zugleich machte die Szene noch einmal deutlich, wie sehr dem FC in dieser Spielzeit die Kopfballstärke des hochgewachsenen belgischen U21-Nationalspielers bei der Entwicklung von Offensivgefahr gefehlt hatte.
Heroischer Auftritt
Der Rest war befreiender Jubel. „Ich bin sehr glücklich, dass ich dieses Tor gemacht habe. Es war sehr wichtig für den Verein und uns alle“, sagte Sebastiaan Bornauw voller Erleichterung. Der Abwehrchef, gemeinsam mit dem unermüdlichen Kapitän Jonas Hector bester Kölner an diesem Tag, hatte auch in seinem Kerngebiet eine exzellente Vorstellung geboten. Denn fast genauso hoch wie das Siegtor war seine Rettungstat aus der 31. Minute anzusiedeln. Als Matthew Hoppe zur größten Schalker Möglichkeit des gesamten Spiels gekommen war, hatte Bornauw den Ball gerade noch so mit der Wade erwischt und entscheidend am Tor vorbeigelenkt. Nicht auszudenken, welchen Verlauf das Finale im Tabellenkeller genommen hätte, wäre der FC in Rückstand geraten.
So aber war es ein heroischer Auftritt des Blondschopfs, der hinterher nicht vergas, seinen Mitspielern ein Kompliment auszusprechen. „Wir haben heute alle zusammen eine gute Partie gespielt.“ Der kampf- und nervenstarke Kölner Auftritt unter größtmöglichem Druck war seiner Meinung nach kein Zufall gewesen. „Wir haben in der Woche gut gearbeitet, uns aber auch nicht zu viel Stress gemacht.“ Bornauws martialisch ausgedrückter Dank galt ebenso den mehr als 1.000 FC-Anhängern, die der Mannschaft bereits bei der Ankunft am Rheinenergiestadion frenetisch zugejubelt hatten. „Wenn die Fans hier draußen so stehen und wir kommen mit dem Bus angefahren, dann musst du in den Krieg gehen. Das haben wir heute gemacht.“
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Ab sofort gilt die ganze Konzentration den beiden Relegationsspielen. „Wir müssen jetzt sehr fokussiert sein und versuchen, zwei Mal zu gewinnen“, forderte Bornauw. Es könnte sein, dass es seine beiden letzten Auftritte im Kölner Trikot werden. Der Belgier (Vertrag bis 2024) gilt ebenso wie Ellyes Skhiri als Verkaufskandidat – selbst für den Fall des Klassenerhalts. Am Sonntag war aber erstmal Durchschnaufen angesagt. Die FC-Profis absolvierten daheim ein individuelles Trainingsprogramm.