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„Die reinste Katastrophe“So reagieren Pendler im Rhein-Sieg-Kreis auf die Zugausfälle

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Auf den Bahnsteigen der Gleise 5 und 6 warteten am Troisdorfer Bahnhof zahlreiche Fahrgäste.

Rhein-Sieg-Kreis – „Es ist eine Katastrophe.“ „Ich komme mir veräppelt vor.“ „Wieder einige graue Haare mehr.“ Wer an diesem Freitag an einem Bahnsteig in der Region unterwegs ist, dem schlägt entweder gähnende Leere entgegen – oder der Unmut enttäuschter Fahrgäste. Am späten Donnerstagnachmittag hatte die Deutsche Bahn bekanntgegeben, dass für das gesamte Wochenende der S-Bahnverkehr im rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis, in Rhein-Berg und in Rhein-Erft still stehen werde. Grund ist nach Angaben des Verkehrsunternehmens der regional erhöhte Krankenstand bei den DB-Beschäftigten.

Am Vormittag nach der kurzfristigen Ankündigung schaut Gisela Eisenhut am Troisdorfer Bahnhof auf die Anzeigetafel an Gleis 1 und fragt sich, wie sie heute zur Arbeit kommen soll. Die 62-jährige Troisdorferin will nach Porz-Wahn. Eine direkte Verbindung? Fehlanzeige. „Ich hatte keine Infos und bin davon ausgegangen, dass heute alles ganz normal läuft“, sagt sie. Die Troisdorferin pendelt mittlerweile im zehnten Jahr mit der Bahn und hat in dieser Zeit schon so einige Ausfälle miterlebt. „Im Moment ist die Situation aber wirklich extrem. Immer höre ich dieselben Durchsagen. Es vergeht kein Tag mehr ohne Ausfälle“, beklagt die 62-Jährige. „Wer gut zu Fuß ist, setzt in diesen Tagen besser nicht auf die Bahn.“

Zugausfälle im Rhein-Sieg-Kreis sorgen für Gedränge im Regionalexpress

Auch Krysztof Demianzuk, der mit seiner Frau Katarzyna und den drei kleinen Kindern Gabriel, Julia und Thomas am Bahnsteig in Troisdorf steht, hat die Zugausfälle nicht auf dem Schirm gehabt. Der 35-Jährige nimmt die Situation aber gelassen: „Wir wollen mit den Kindern in den Kölner Zoo fahren – da ist es nicht so dramatisch, eine halbe Stunde zu warten.“

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Gelassen nehmen Krysztof und Katarzyna Demianzuk die zusätzliche Wartezeit. Sie wollen mit den Kindern Gabriel, Julia und Thomas in den Kölner Zoo.

Die Pendler, die aus dem Regionalexpress 9 steigen, sehen weniger entspannt aus. Menschen drängen sich an der Tür, viele weitere schieben sich hinein, um auf diesem Weg nach Köln zu kommen. Eine Pendlerin, die unterwegs zu einem Termin in Troisdorf ist und das Neun-Euro-Ticket nutzt, hat nur wenig Verständnis für die Personalprobleme der Bahn. „Wenn die wollen, dass Menschen dauerhaft auf die Bahn umsteigen, muss das anders laufen“, ärgert sie sich. Die Kommunikation sei „die reinste Katastrophe“.

„Komplettversagen“: Pendler aus Eitorf kritisiert Kommunikation der Bahn

Das bestätigt Michael Welteroth (56), der täglich von Eitorf nach Köln pendelt, ein Auto hat er nicht.„Ich bin auf Gedeih und Verderb auf die Bahn angewiesen.“ Der RE 9 sei nach dem Ausfall der S 12 und S 19 auf der stark genutzten Siegtalstrecke voll „wie ein Viehtransport“.

Das Krisenmanagement der Bahn sei schlecht, kritisiert Welteroth, die Obere Sieg werde einfach abgehängt. Für den Techniker ein „Komplettversagen“ seitens der Deutschen Bahn. Nicht allein Corona sieht er als Ursache für den hohen Krankenstand, „ich habe das Gefühl, es ist ein Hilferuf von Bahnmitarbeitern, die völlig überarbeitet sind“.

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Jetzt hofft er, dass ab kommender Woche die Siegstrecke wieder zu 100 Prozent bedient werde. Dann müsse er sich nämlich nur noch über das Übliche ärgern: „Defekte Züge, Signalstörungen, Weichenstörungen, Stellwerksstörungen . . .“

S-Bahn-Ausfälle im Rhein-Sieg-Kreis: Scharfe Kritik von SPD und Grünen

Aus Sicht des Landtagsabgeordneten der Grünen, Martin Metz, und des Fraktionsvorsitzenden der Grünen in NVR und Rhein-Sieg-Kreis, Ingo Steiner, ist der Totalausfall der S-Bahnen auf der Siegtalstrecke inakzeptabel. Metz fordert die Einrichtung eines Notbetriebs, fragt: „Wie sollen so Menschen zu Arbeitsplätzen oder Ausbildungsstätten kommen?“

Schelte für die Bahn gibt es auch von Denis Waldästl, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion Rhein-Sieg. „Dass man auf Seiten der Bahn einen ganzen Teil des Rhein-Sieg-Kreises vom S-Bahn-Verkehr abschneidet, ist ein fatales Signal für die Mobilitätswende.“ Auch bei massiven Personalausfällen müsse ein Mindestmaß an S-Bahnverkehr erhalten bleiben. Die Bahn habe aber nicht einmal ein ausreichendes Angebot an Schienenersatzverkehr eingerichtet.

RSVG wurde nicht vorab informiert und setzte auf die Schnelle Gelenkbusse ein

Das bekommt die Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft (RSVG) zu spüren, die laut Pressesprecherin Melanie Matyschek von der Bahn über die Streichung der S-Bahnlinien nicht vorab informiert worden ist. Auf die Schnelle seien Gelenkbusse eingesetzt worden, um das erhöhte Fahrgastaufkommen auf den betroffenen Linien 501 und 510 zu bewältigen. Dennoch habe es bereits am Vormittag im Busverkehr Verspätungen gegeben.

Auch bei der RSVG gebe es einen erhöhten Krankenstand, sagt Matyschek auf Anfrage, noch sei der Betrieb aber aufrecht zu erhalten: „Wir haben viele Mitarbeiter aus der Verwaltung, die einen Busführerschein haben und die sich außerhalb ihrer Arbeitszeit dann für uns ans Steuer setzen. Aber es kann uns dennoch voll erwischen, dass wir von einem Tag auf den anderen manche Linien statt im Zehn-Minuten-Takt nur noch einmal die Stunde bedienen können oder ganz ausfallen lassen müssen.“