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Experten verratenSo überleben Sie am wahrscheinlichsten einen Flugzeugabsturz

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Die Chancen, einen Flugzeugabsturz zu überleben, stehen sehr gut.

Köln – Ganz klar: Das Flugzeug ist eines der sichersten Verkehrsmittel überhaupt. 2016 wurden in der Europäischen Union laut Eurostat sechs Menschen bei Flugzeugunglücken getötet. Zum Vergleich: Allein in Deutschland starben dem Statistischen Bundesamt zufolge im gleichen Zeitraum 3206 Menschen durch Verkehrsunfälle. Die Überlebenschance bei einer Bruchlandung beträgt laut der US-Behörde für Transportsicherheit sogar 95,7 Prozent.

Wer für den unwahrscheinlichen Fall eines Absturzes jedoch vorbereitet sein will, dem können Ratschläge von Experten helfen. Sie verraten, wie Passagiere ihre Chancen erhöhen, das Flugzeug lebend zu verlassen:

Tragen Sie die richtigen Schuhe und die richtige Kleidung

Pilot Patrick Biedenkapp beobachtet immer wieder Frauen mit hochhackigen Pumps unter den Passagieren. Dabei seien Schuhe mit Absätzen denkbar unpassend für einen Flug. „Solch ein Schuhwerk ist nach einem Absturz hinderlich und kann dazu führen, dass man das Flugzeug nicht schnell genug verlassen kann“, sagt Biedenkapp, der für eine große deutsche Fluggesellschaft tätig ist. Viele Passagiere zögen ihre Schuhe schon beim Start aus. Bei Start und Landung komme es aber am häufigsten zu Unfällen, so der Flugkapitän aus Berlin. „Man stelle sich vor, barfuß über etwaige Trümmerteile laufen zu müssen.“ Biedenkapp empfiehlt Fluggästen feste Schuhe und lange schwer entflammbare Kleidung, falls sie das Flugzeugwrack bei Feuer verlassen müssen. Mit Muskelshirt, Badehose und Flipflops in den Flieger zu steigen, ist also nicht ratsam.

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Wählen Sie den richtigen Sitzplatz

Ein Sitzplatz in der Nähe eines Notausgangs und am Gang sei wahrscheinlich besonders sicher, so Biedenkapp. Eine Analyse des Wissenschaftsmagazins Popular Mechanics, bei dem alle Flugzeugabstürze mit Überlebenden und Todesopfern zwischen 1971 und 2007 untersucht wurden, kam zu folgendem Schluss: Im hinteren Teil des Fliegers, hinter den Flügeln, stehen die Überlebenschancen mit 69 Prozent demnach am besten. Wer über den Flügeln oder etwas davor sitzt, überlebt zu 56 Prozent. Im vorderen Teil des Fliegers, wo sich in der Regel die First- und Business Class befindet, ist die Überlebensrate mit 49 Prozent demzufolge am geringsten.

Prägen Sie sich den Weg zum Notausgang ein

Vor dem Start sollten Passagiere sich den Weg zum nächstgelegenen Notausgang einprägen, wie der Hamburger Luftfahrtexperte Cord Schellenberg erklärt. Auch den Weg zum Notausgang in der entgegengesetzten Richtung sollten Fluggäste kennen. „Wer sich die nahegelegenen Notausausgänge vor dem Start eingeprägt hat, weiß auch bei Rauchentwicklung in der Kabine, wo sie sich ungefähr befinden“, so Schellenberg.

Bleiben Sie angeschnallt

Beide Experten raten, während des gesamten Flugs angeschnallt zu bleiben. „Es kann immer und zu jederzeit zu unerwarteten Turbulenzen kommen“, sagt Pilot Patrick Biedenkapp. „Wenn man dann nicht angeschnallt ist, kann man im schlimmsten Fall gegen die Flugzeugdecke geschleudert werden.“ Auch Schellenberg betont: „Im Auto bleiben wir ja auch während der gesamten Fahrt angeschnallt.“

Nehmen Sie keine Schlaftabletten und trinken Sie keinen Alkohol

Es sei wichtig, dass Passagiere im Notfall klar und schnell reagieren können, warnt Schellenberg. „Deshalb würde ich niemals Schlaftabletten während eines Fluges einnehmen und trinke entweder keinen oder nur wenig Alkohol an Bord.“

Folgen Sie der Anweisung des Kabinenpersonals

Passagiere sollten sich immer an die Anweisungen der Besatzung halten. „Bei einer vom Flugpersonal angeordneten Evakuierung sollte man das Flugzeugs zügig, aber dennoch ruhig und besonnen verlassen“, so Biedenkapp, der auf Youtube und Instagram über seinen Alltag als Pilot informiert.

Auf keinen Fall Gepäck und Wertsachen mitnehmen

Bei einer Evakuierung sollten Passagiere ihr Gepäck und ihre Wertsachen in jedem Fall zurücklassen. Wenn jeder Fluggast nach seinem Handgepäck kramt, könnte dies für die nachfolgenden Passagiere den Tod bedeuten, warnt der Pilot, der einen Airbus A300 fliegt. In einem Notfall zähle jede Sekunde.

Bei Rauchentwicklung die Atemwege schützen

Entwickelt sich im Flieger Rauch oder bricht ein Feuer aus, sollten Passagiere ihre Atemwege schützen. Hierzu könnten sie sich ein nasses Tuch vor den Mund halten, so Biedenkapp.

Die „Crash Position“ einnehmen

Außerdem sollten sie die sogenannte „Brace Position“ („brace“ bedeutet auf Deutsch Klammer) oder auch „Crash Position“ einnehmen. Hierbei legen Passagiere den Kopf so tief wie möglich in den Schoß und halten die Hände flach über den Hinterkopf. So atmen die Fluggäste den Sauerstoff vom Boden ein, wie der Pilot erklärt. Rauch steige schließlich nach oben. Außerdem sei dies die Haltung, die bei einem Absturz am besten vor Knochenbrüchen und inneren Verletzungen schützt. „Die meisten Menschen sterben nicht durch den Aufprall selbst, sondern sind anschließend meist körperlich nicht mehr in der Lage, das Flugzeug eigenständig zu verlassen“, erklärt Biedenkapp.

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Das Flugzeug nicht kriechend verlassen

Wenn ein Flugzeug evakuiert wird, sollten Passagiere auf keinen Fall kriechen, warnt Biedenkapp. „Das könnte dazu führen, dass panische Menschen auf oder über einen treten.“

Auch wenn es ratsam ist, die Tipps der Experten im Hinterkopf zu haben, sollten sich Fluggäste immer bewusst darüber sein, wie selten der Ernstfall ist. Das Time-Magazin hat berechnet, wie wahrscheinlich es ist, im Laufe des Lebens durch einen Autounfall oder einen Flugzeugabsturz zu sterben: Die Wahrscheinlichkeit, im Auto umzukommen, liegt bei 1 zu 112 – im Flieger dagegen nur bei 1 zu 8000. (rer)