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Veedels-CheckMauenheim fördert Nachbarschaft mit gutem Siedlungsbau

Lesezeit 3 Minuten
Ein roter Schuppen in einem Garten mit kleinen Bäumen, dahinter eine Zeile kleiner Reihenhäuser.

Vorgärten in Mauenheim.

Mauenheim – „Lich, Luff un Bäumcher“ – mit einem kölschen Slogan hatte die frisch gegründete Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft AG ihr Konzept für die Erweiterung der Stadt und den Kampf gegen die Wohnungsnot überschrieben. Was die Gründer und ihre Architekten damit meinten, lässt sich immer noch bestens in Kölns kleinstem Stadtteil besichtigen. Die in den 1920er Jahren umgesetzten Projekte Nibelungensiedlung und Grüner Hof sind bis heute vorbildlich – ein Siedlungsbau, der Nachbarschaft fördert und bezahlbares Wohnen in schöner Umgebung ermöglicht. Dazu gab es ein paar identitätsstiftende Mittelalter-Spielereien und dörfliche Akzente für die „Gartenstadt“.

Auch in kleineren Wohnungen sollte es sich gut leben lassen, weil zum Siedlungsbau auch Grünanlagen, Freiplätze und Gärten gehören. „Wenn Wohnungen und Häuser kleiner sind als anderswo, muss vieles draußen stattfinden“, sagt Alparslan Babaoglu-Marx, der hier seit 18 Jahren lebt. Die soziale Nähe sei für jemanden, der neu dazu kommt, am Anfang „gewöhnungsbedürftig“, sagt der Bauprojektentwickler und Kabarettist („Der Integrator“), der seine Jugend in Istanbul verbracht hat.

Doch die Nähe sorgt bis heute auch für Dynamik: Nachbarn kümmern sich um die kleinen Plätze, die als grüne Oasen und Treffpunkte genutzt werden. Viele Straßen haben keinen Bürgersteig. „Shared Space“ gab es hier schon, als es den Namen für dieses angeblich moderne Verkehrskonzept noch nicht gab.

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Alparslan Babaoglu-Marx zeigt die Plätze im Viertel Mauenheim.

Hier lässt es sich feiern. Ein kleiner Karnevalszug und mehrere Martinszüge ziehen durchs Veedel. Die Kirchengemeinde, ein Pfadfinderstamm mit dem seltsamen Namen „Karthago-Persepolis“ oder die Grundschule prägen das Ortsleben. Die „Mauenheimer Muschele“ organisieren den Fastelovend und einen Kinder-Weihnachtsmarkt. Silvester trifft man sich am späten Nachmittag zum Kinderfeuerwerk, es gibt einen „lebendigen Adventskalender“, Spielplatzfeste und vieles mehr. Man spielt zusammen Boule und Boulevardstücke. Einmal im Jahr lädt die Theatergruppe „Gut is“ ins Pfarrheim. Babaoglu-Marx, der hier viele Jahre mitspielte, spricht in Anlehnung an die gleichnamige Heile-Welt-TV-Serie der 70er und 80er Jahre von „unserer kleinen Farm“, wenn er durch dieses Viertel führt.

Wettstreit ums bunteste Haus

Während der Grüne Hof zwischen Neusser und Merheimer Straße als gut saniertes, denkmalgeschütztes Ensemble fast unverändert geblieben ist, hat sich das Aussehen der Nibelungen-Siedlung gewandelt. Für die typische Architektur der damaligen Zeit steht im Grunde nur noch das schmucke Schulgebäude an der Nibelungenstraße.

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Doch die alte, Nachbarschaft fördernde Idee des Siedlungsbaus funktioniert weiterhin. Vielleicht ist auch der ungewöhnliche Wettbewerb um die farbigste Hausfassade Ausdruck eines unbeschwerten Miteinanders. Die Bewohner der Häuser nennen das Nibelungenviertel gerne auch „Papageiensiedlung“. Noch älter als die Quartiere, die zur Zeit ihrer Entstehung zu Nippes gehörten, weil der Name „Mauenheim“ erst 1921 über ein Preisausschreiben gefunden wurde, ist der KGV Nibelungen. 1906 beschloss die Stadt, der deutschen Kleingartenbewegung in Köln Raum zu geben. Gegenüber vom Nordfriedhof entstand Kölns erste Kleingartenanlage.

Der Verein der Gärtner verwaltet bis heute eine wunderbare Idylle. Liegen andernorts die Kleingärten an lauten Bahntrassen und Autobahnen, herrscht hier herrliche Ruhe – eine grüne Insel, die von den mehrgeschossigen Wohnhäusern drumherum geschützt wird. Aus der einstmals eher spießigen Kleingärtnerei ist eine recht bunte, multikulturelle Angelegenheit für alle Altersklassen vom Kleinkind bis zum Hochbetagten geworden.

Fragt man in diesem ungewöhnlichen Veedel nach Dingen, die sich verbessern müssten, fällt den Mauenheimern wenig ein. Die Kölner Welt tickt hier ein bisschen anders und angenehm unaufgeregt.