Troisdorf – Die Blumensträuße, Geschenke und das vor dem Gesangsduo platzierte Schild „365 Tage“ verrieten, dass es sich um einen besonderen Tag in der Oberlarer Landgrafenstraße handelte. Seit exakt einem Jahr trotzen – täglich um 18 Uhr – Nachbarn singend dem Corona-Virus. Hierzu setzen Rosemarie und Heinz Kieseier auf gute Laune verbreitende Lieder, die aus deren Volks-, Wander- und Kirchenlieder-Fundus oder ihrem Schlager-Repertoire stammen.
Rund 30 sangeswillige Gleichgesinnte – rund doppelt so viele wie normalerweise – fanden sich coronakonform zum Geburtstag ein. „Wir singen immer besser“, lobte der ehemalige Pastor Heinz Kieseier die stimmsicheren Verbündeten, die ihre Lied-Hefte eher zum Festhalten denn als Text-Lieferanten benötigten.
Bilanz mit Augenzwinkern
Zur Feier des Tages zog der Vorsänger, der mit Ehefrau und den Mitbewohner-Eheleuten Elisabeth und Norbert Halm die Corona-Soirée ins Leben gerufen hatte, augenzwinkernd Bilanz. Waschkörbe voller Dankesbriefe stünden im Flur, zwei Briefe daraus waren ihm des Rezitierens besonders wert.
Der erste, aus der Feder von Corona-Experte Karl Lauterbach, wäre wahrscheinlich durchgegangen, wenn Kieseier beim zweiten nicht zu dick aufgetragen hätte. Denn das in Latein verlesene Schriftstück soll vom Papst höchstpersönlich stammen. „Wir halten durch“, beschwor der 82-Jährige auch am Donnerstag die zustimmend nickende Runde. Man darf es glauben angesichts der Ausdauer der Landgräfler, die nur ein einziges Mal, am „stillen Tag“ Karfreitag, die Stimme nicht erhoben. Das wird auch in zwei Wochen so sein.
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Dass die Chor-Nachbarschaft möglicherweise am 1. August ihren nächsten „Runden“, das 500. Anti-Corona-Singen anstrebt, sieht Kieseier mit einem Schuss Fatalismus: „Na und? Alle machen weiter wie gehabt, unser Angebot, dass wir das Singen auf zwei- bis dreimal reduzieren, wurde abgelehnt.“ Was natürlich rechtfertigt, dass ein buntes Schild den Ort der Handlung weiterhin hervorhebt: „Anti Corona-Stützpunkt“.