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SiegburgLetzter Abschnitt der Aggerstrecke soll stillgelegt werden

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Der letzte Abschnitt der Aggertalbahn in Siegburg steht vor der Stilllegung, nachdem Kunde Siegwerk gekündigt hat.

Siegburg – Als vor 134 Jahren die ersten Züge über die Aggertalbahn Richtung Osten rollten, wurde Siegburg – mit der 25 Jahre älteren Siegtalbahn und der Rhein-Sieg-Eisenbahn mit Schmalspurverbindungen in den Westerwald, das Bröltal und nach Beuel – zum bedeutenden Bahnknotenpunkt. Jetzt stehen die verbliebenen 900 Meter Gleis der Aggerstrecke vor der endgültigen Stilllegung. Das Siegwerk hat als letzter Nutzer seinen Gleisanschluss gekündigt. Damit wird der Abzweig für die Deutsche Bahn überflüssig.

Regelmäßig Verkehr hatte es auf dem verbliebenen Stück der Aggertalbahn zuletzt 2015 gegeben. Damals fuhr nahezu täglich ein Zug von der Siegtalstrecke zum Siegwerk. Insgesamt 17 000 Tonnen Material wurden bei 319 Fahrten bewegt.

Sonderfahrt 1974: An der Frankfurter Straße ging es schon damals unterstützt von Fahnenschwenkern vorbei am legendären Posten I.

Weil es bei Gesprächen mit der Deutschen Bahn über die fällige Sanierung einer Anschlussweiche hakte, stellte die Firma zunächst vorübergehend ihre Transporte auf Lastwagen um. Dabei bleibe es jetzt, erklärte Firmensprecherin Bettina Horenburg. Der Schienenverkehr sei auch nach weiteren Gesprächen mit der Deutschen Bahn nicht mehr wettbewerbsfähig.

Erste Pläne vor 170 Jahren

Die Bahn zieht ihrerseits Konsequenzen. Sie hat beim Eisenbahnbundesamt die Stilllegung des letzten Stückes der Aggertalbahn beantragt. In der Regel folgen auf Stilllegungen Gleisabbau und Entwidmung als Bahnstrecke und am Ende der Verkauf. Bürgermeister Franz Huhn könnte sich vorstellen, im Fall der tatsächlichen Stilllegung den Radweg, der im Stadtgebiet über die ehemalige Trasse des „Luhmer Grietche“ – so wurde die Aggertalbahn liebevoll genannt – führt, bis zur Frankfurter Straße zu verlängern. Die Grünen hatten dazu bereits im Dezember einem Antrag formuliert.

Der wohl letzte Personenzug war 2009 der gecharterte Rheingold.

Ihren Ursprung hatte die Aggertalbahn in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Zeitweise war eine auch strategisch interessante Hauptstrecke „Cöln-Cassel“ quer durch das Bergische Land ebenso im Gespräch wie eine „West-Ost-Magistrale“ Aachen-Köln-Halle-Leipzig-Dresden-Breslau.

Teilstücke wurden, wenn auch nur eingleisig, verwirklicht. 1882 erhielt die Bergisch-Märkische Eisenbahngesellschaft die Baugenehmigung. Statt auf direktem Weg über Bensberg führte die Strecke aber von Siegburg durch das Aggertal. 1884 fuhren die Züge bis Ründeroth im Oberbergischen, drei Jahre später bis Derschlag bei Gummersbach. 1903 wurde das „Loch durch den Bretterzaun“ ins westfälische Olpe gebohrt. Seitdem gab es täglich sieben Zugpaare mit Verbindung bis nach Finnentrop und darüber hinaus bis ins Ruhrgebiet.

Für Siegburg währte die Blütezeit des West-Ost-Verkehrs indessen nur sieben Jahre. Am ersten August 1910 wurde die von Anfang an favorisierte Verbindung von Overath über Rösrath nach Köln eröffnet. Durchgehende Züge über Siegburg nach Köln entfielen, und schon im September 1910 beklagten die Geschäftsleute das Wegbleiben der Kunden aus dem Oberbergischen. Kurz unterbrochen wurde diese Entwicklung, als zwischen 1945 und 1949 der Hoffnungstaler Tunnel im Krieg zerstört wurde.

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Das Ende des Personenverkehrs zwischen Siegburg und Overath wurde bereits 1950 mit einem Antrag der Bundesbahn eingeläutet. Es kam schließlich 1960. Im gleichen Jahr wurde das Stilllegungsverfahren für den Abschnitt Lohmar-Overath für den Güterverkehr eingeleitet. Zwei Jahre später begann dort der Abriss der Gleise. Noch bis 1971 fuhren zwei Güterzüge pro Tag nach Lohmar. Der Eisenbahnclub Rhein-Sieg mit seinem damaligen Vorsitzenden Klaus Strack setzte sich – erfolglos – für den markanten Posten 1 an der Frankfurter Straße ein und organisierte in dieser Zeit auch Sonderfahrten.

Noch 1989 lehnten sowohl der Kreistag als auch der Kölner Regierungspräsident die Stilllegung ab. Der Kreistag beantragte sogar, die Verlängerung der Linie 66 nach Lohmar in den Nahverkehrsplan des Landes aufzunehmen. Heute erinnert an die Glanzzeiten allenfalls noch das Gebäude es ehemaligen Nordbahnhofes an der Kronprinzenstraße.