Die Corona-Krise hat einen großen Einfluss auf den Verkehr im Rheinland. Und damit auch auf die Luftqualität.
Für die Wissenschaft gibt es zur Zeit eine einmalige Möglichkeit, Auswirkungen einer möglichen Verkehrswende zu messen.
Das Forschungszentrum Jülich ist mit einem Zeppelin unterwegs, um zu erforschen, wie gut die Luft im Rheinland aktuell ist.
Rhein-Sieg-Kreis – Am Dienstag, den 5. Mai hob er vom Flugplatz in Hangelar ab. Eigentlich sollte der Zeppelin schon längst in der Luft sein. „Doch das windige Wetter in den letzten Tagen hatte es verhindert“, berichtet Erhard Zeiss aus der Presseabteilung des Forschungszentrums Jülich. So blieb Pilot Marko Hollerer nichts anderes übrig, als regelmäßig die Systeme des Luftschiffs zu checken. Und das Bodenpersonal musste rund um die Uhr „Druckwache“ an Bord des gefüllten Zeppelins halten, um schnell auf Wettereinflüsse reagieren zu können.
Die Jülicher Troposphärenforscher möchten wissen, wie sich der derzeitige Shutdown als Folge der Corona-Pandemie auf die Luftqualität im Rheinland auswirkt. Mit dem Zeppelin werden bei mehreren Flügen auf verschiedenen Routen Spurengase und Feinstaub gemessen. Flugziele sind unter anderem Köln, Düsseldorf, Mönchengladbach, Jülich und die Eifel.
Schadstoff-Produktion sinkt
Der verwendete Zeppelin NT kann sehr langsam fliegen, auf der Stelle schweben und vertikal in die Höhe steigen. „Seine Flugeigenschaften machen ihn zu einem idealen Transportmittel für Messkampagnen unser Troposphärenforscher“, so Pressesprecher Zeiss. Wenn die Gesellschaft in einem Ruhemodus mit Ausgangsbeschränkungen leben muss, einer teilweise stillgelegten Wirtschaft oder Reisebeschränkungen dazu kommen, dann wirkt sich dies auf die Qualität der Luft aus, weil weniger Schadstoffe produziert werden.
„Beispiele aus aller Welt zeigen, dass diese Maßnahmen teilweise gravierende Auswirkungen haben. Die Luftqualität hat sich in großen Städten wie Delhi oder London schlagartig verbessert. Wie genau sich der Corona-Shutdown auf die Luft im Rheinland auswirkt, werden die Flüge zeigen“, sagt die Jülicher Klimaforscherin Professor Astrid Kiendler-Scharr.
Einmalige Chance für Wissenschaft
Geplant sind mehrere jeweils sechsstündige Touren, bei denen Höhenprofile bis zu 1000 Meter geflogen werden. Forschungsstaatssekretär Thomas Rachel ist ebenfalls von dem Projekt begeistert: „Kein Zweifel: Der Shutdown ist eine der größten Herausforderungen für unsere gesamte Gesellschaft. Aus wissenschaftlicher Sicht aber bietet er uns die einmalige Chance, jetzt schon zu messen und zu erforschen, welche Auswirkungen beispielsweise die Verkehrswende auf die Luftqualität in der Region haben wird. Daraus können wir auch für den Strukturwandel im Rheinischen Revier sehr viel lernen.“
Gemessen werden Kohlenmonoxid, Stickoxide sowie Ozon. Hinzu kommen zwei Partikelzähler, die den Feinstaubgehalt der Luft erfassen. Die Geräte befinden sich in einer 20 Kilogramm schweren Alubox unterhalb der Passagierkabine. Schon vor der Corona-Krise war geplant, das Instrumentenpaket wiederholt bei Passagierflügen mit dem Zeppelin im Rheinland einzusetzen und Veränderungen der Luftqualität während des Strukturwandels in der gesamten Region zu erfassen.