Konrad Adenauer, die Bundeszone, der Revolutionär Gottfried Kinkel und ein altes SPD-Protokollbuch sind Themen im Jahrbuch des Rhein-Sieg-Kreises.
30 Autorinnen und AutorenRhein-Sieg-Kreis widmet das Jahrbuch 2025 der Demokratie
Bundeszone – diesen Begriff hat wohl kaum einer auf dem Schirm. Die Bundeshauptstadt (seit 1990 Berlin) kennen die meisten, oder die Bundesstadt (seit 1994 Bonn, aufgrund des Berlin-Bonn-Gesetzes). Aber eine Bundeszone?
Den Nichtwissenden hilft das Jahrbuch 2025 des Rhein-Sieg-Kreises auf die Sprünge, das im Siegburger Kreishaus vorgestellt wurde. Die Bundeszone, englisch „Bonn enclave“ genannt, bestand von 1949 bis 1955. Sie umfasste Bonn, Teile des damaligen linksrheinischen Landkreises Bonn und des rechtsrheinischen Siegkreises, darunter etwa Bad Honnef, Königswinter, Hangelar, Niederpleis und Mülldorf.
Bundeszone umfasste Teile des Siegkreises mit Bad Honnef, Königswinter, Hangelar, Niederpleis und Mülldorf
Während Westdeutschland seit 1945 in drei Besatzungszonen (USA, England, Frankreich) aufgeteilt war, unterstand die Enklave ab 1949 der gemeinsamen Kontrolle dieser drei alliierten Mächte. Bonn und Umland gehörten zuvor wie Köln oder Düsseldorf zur britischen Zone. Die Bundeszone sollte den Aufbau des Regierungssitzes sowie der Bundesorgane des jungen Staates gewährleisten, wie Stephan Eisel schreibt.
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Er ist einer von 30 Autorinnen und Autoren, die zum 75-Jährigen von Grundgesetz und Bundesrepublik 2024 sich des Jahrbuch-Themas „Demokratie im Rhein-Sieg-Kreis“ angenommen haben. Ein ergiebiges Thema, wenn man bedenkt, dass auch der erste Bundeskanzler Konrad Adenauer, in Bad Honnef-Rhöndorf wohnend, natürlich mit Bildern im Band vertreten, hier seinen Wahlkreis namens Siegkreis-Süd hatte. Landrat Sebastian Schuster: „Der Nährboden unserer Demokratie liegt hier bei uns.“
Aber Demokratie kann nicht von großen Persönlichkeiten allein leben, sie ist ein steter Prozess, muss ständig mit Leben erfüllt werden. So finden sich im Buch eine ganze Reihe Berichte über Schul-, Theater-, Kunst- und andere Projekte.
Dabei ist es erschreckend, dass sich junge Leute von heute ausgerechnet zum Jubiläum der demokratischen Bundesrepublik vermehrt mit Populismus, Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz auseinandersetzen müssen, natürlich auch die Älteren. Kulturdezernent Thomas Wagner: „Heute besteht die Gefahr, dass viele sich von Bauernfängern einfangen lassen.“
Dass Demokratie ganz unten anfängt, im täglichen Umgang miteinander und dem Geschehen vor Ort, machen vier Kommunalpolitiker deutlich, die Gründe für ihr Engagement erläutern. Und zwar Michael Richter (SPD Sankt Augustin), der „die Alltagssorgen der Bürgerinnen und Bürger“ als seine Motivation nennt, Dagmar Ziegner (FDP Königswinter), die in die Politik ging, um etwas gegen die AfD zu tun, Erkan Zorlu (Grüne Troisdorf), selbst „Gastarbeiterkind“, der sich freut, wenn er Zugewanderten bei Behördengängen oder Wohnungsvermittlung helfen kann, sowie Michael Solf (CDU Siegburg), der sich von der Kommunalpolitik vor Ort so überzeugt zeigt, dass er sie „das Fundament der Demokratie, quasi den Maschinenraum der Demokratie“ nennt.
Die einzelnen Beiträge zeigen, wer und was alles im Rhein-Sieg-Kreis zur Demokratie beiträgt. Sogar die Kreisparkasse Köln, die das Jahrbuch finanziell unterstützt, könne das für sich in Anspruch nehmen, erläutert Alexander Wüerst. Unter anderem durch die finanzielle Unterstützung ihrer Stiftungen. Diese fördern jährlich 2000 Einzelmaßnahmen auch von Ehrenamtlern. Damit werde das „demokratische Gefüge“ vor Ort gestärkt.
Manchmal bedarf es in der Demokratie auch ungewöhnlicher Mittel, um das Interesse der betroffenen Bevölkerung durchzusetzen. So die viel Aufsehen erregende Boykottdrohung des früheren Landrats Franz Möller. Er drohte, wie Rainer Land schreibt, nicht am ersten Spatenstich für die ICE-Trasse in Siegburg teilzunehmen, wenn sie nicht im Tunnel verlaufe. Tatsächlich blieb den Menschen letztlich eine gewaltige landschaftsverschandelnde Brücke über Sieg, Autobahn 3 und Pleisbachaue erspart.
Jahrbuch ist für 18 Euro im Buchhandel erhältlich
Einige Autoren greifen bei der „Demokratie im Rhein-Sieg-Kreis“ weiter zurück. Andrea Korte-Böger widmet sich einer schwarzen Kladde aus dem Siegburger Stadtarchiv. Es hat bewusst keine Außenaufschrift. Dabei handelt es sich um das Protokollbuch der SPD Siegburg von 1919 bis 1933. Die Kladde musste zwölf Jahre vor den Nazis verborgen werden. In ihrem letzten Versteck in einem Keller überstand die Kladde sogar einen Wassereinbruch.
Hermann Rösch erinnert an den Demokraten und 1848er Revolutionär Gottfried Kinkel aus Oberkassel/damals Siegkreis. Er beteiligte sich 1849 am „Siegburger Zeughaussturm“, wurde letztlich zu lebenslang Zuchthaus verurteilt, floh aus der Haft und emigrierte nach London.
Weitere Autoren sind Claudia Maria Arndt, Bruno Buß, Elisabeth Einecke-Klövekorn, Britta Esp, Kirsten Felgner, Daniel Flemm, Claudia Franzen, Hans-Peter Herkenhöhner, Robin Huth, Argjenta Jashari, Dörthe Kickuth-Artelt, Reinhard Lättgen, Alexandra Lingk, Astrid Mackenbach, Susanne Massow, Dagmar Papke, Elmar Scheuren, Bärbel Steinkemper, Dirk Thomas, Monika Timme und Eva Zoske-Dernoczi.
Erhältlich ist das Jahrbuch des Rhein-Sieg-Kreises 2025, das in den „Streiflichtern“ auch wieder einen Überblick über Ereignisse im Rhein-Sieg-Kreis von Juli 2023 bis Juni 2024 gibt, im Buchhandel, 192 Seiten, über 500 Abbildungen, zum Preis von 18 Euro, Edition Blattwelt, Reinhard Zado.