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Umfrage in Rhein-SiegDiese sechs Kommunen könnten neue Kfz-Kennzeichen bekommen

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Klaus Schumacher, Karnevalsprinz und ehemaliger Bürgermeister von Sankt Augustin mit einem jecken Autokennzeichen

Augen auf: Klaus Schumacher, Karnevalsprinz und ehemaliger Bürgermeister von Sankt Augustin mit einem jecken Autokennzeichen, das er sich gut an seinem Wagen vorstellen könnte.

TRO ST und AUG EN: Diese Kfz-Kennzeichen-Kombis sind vielleicht bald möglich. Und durchaus wünschenswert, das zeigte unsere Umfrage im Kreis.

Woher jemand kommt, darauf lässt oft das Autokennzeichen schließen. HH und K zum Beispiel sind sogar als Verballhornung (Hummel Hummel) und Lied („Stadt mit K“) in aller Munde. Die weißen Schilder mit schwarzen Buchstaben können identitätsstiftend sein, meint ein Heilbronner Professor und schlägt die Freigabe auch für kleinere Kommunen vor. Würden Sie sich vom SU gern verabschieden? Das fragten wir Menschen in der Region, die sich für ihre Heimat einsetzen.

„Es ist überfällig, dass Lohmar sich mit Selbstbewusstsein von SU-Siegburg abhebt“, sagt Wolfgang Roeger, Vorstandsmitglied des Lohmarer Heimatvereins. Doch sieht er Korrekturbedarf bei der Kürzelliste von Rolf Borchert, der einen Lehrstuhl für Destinationsmanagement an der Hochschule Heilbronn hat, also Experte für die Vermarktung von Orten ist.

LHM für Lohmar könnte auch mit Landeshauptstadt München verwechselt werden

LHM könnte schnell zur Verwechslung mit LandesHauptstadtMünchen führen, wendet Roeger humorig ein: „Mein Vorschlag: LHL (LandesHauptstadtLohmar). Man muss ja nicht gleich unter Land das ganze Bundesland verstehen.“

Es würde genügen, es auf das Stadtgebiet Lohmar zu beziehen, um den Ort Lohmar in seiner Bedeutung herauszustellen. Das könnte auch die ewige Rivalität mit den vor Jahrzehnten eingemeindeten Wahlscheidern befeuern, meint der Altbürgermeister, und „gleich für den nächsten Kirmeskorso ein neues Motiv liefern“.

NKS, NIK, TRO - neben Zuspruch gibt es auch Kritik

NKS, das wäre sicherlich identitätsstiftend, sagt Hans-Jürgen Parpart, seit 2014 Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereins Neunkirchen-Seelscheid. Trotz der vielen Buchstaben würde er sich auch privat dafür entscheiden. Der Bindestrich-Ort sei ihm, dem gebürtigen Ludwigshafener, der vor 30 Jahren zuzog, längst zur Heimat geworden. Die Mehrheit der Einwohner, etwa zwei Drittel, stamme nicht von hier, schätzt Parpart, die Integration sei gelungen. Neunkirchen-Seelscheid habe bis Mitte der 60er-Jahre höchstens 6000 Bewohner gehabt.

Ein eigenes Kfz-Kennzeichen sollte nicht für jedes Kaff, sondern nur für die Mittelstädte ab 20.000 Einwohnern möglich sein, so der Ideengeber. Die größte Stadt im Kreis liegt da locker drüber. Vom Kürzel TRO hält Claus Chrispeels, Vorstandsvorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereins Troisdorf, trotzdem nichts. Er sehe eine inflationäre Entwicklung der drei Buchstaben, sagt Chrispeels, der 30 Jahre lang das Stadtplanungsamt leitete.

SU, gebildet aus Siegburg und Uckerath, erinnert an die Neuordnung 1820

Es gibt schon Trowista (Troisdorfer Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing GmbH), „INTROisdorf“ (für städtische Radtouren), Tro-Park (Industriegebiet) und Tro-Card (Rabattkarte). „Auch die Kombination TRO ST würde mich nicht trösten.“ Sein Vorstandskollege Norbert Königshausen bekräftigt ganz knapp: „Ich würde es bei SU belassen. Wirrwarr haben wir genug!“

Der Geschichtsverein blicke gern zurück - vor zirka 200 Jahren, genauer im Jahr 1820, seien die preußischen Landkreise S für Siegburg und U für Uckerath zu dem neuen Kreis Siegburg zusammengelegt worden, erzählt Chrispeels. „Man dachte zwar sicher noch nicht an Autokennzeichen - aber es erinnert uns heute noch an eine erste kommunale Neuordnung - der Start zum heutigen Rhein-Sieg-Kreis.“

AUG wäre ein Hingucker. Alles mit Sankt ist ja ausgeschlossen.
Klaus Schumacher, Alt-Bürgermeister von Sankt Augustin, findet den Vorschlag gut.

Ob NIK oder SU, auf das Kfz-Kennzeichen komme es nicht an, meint der zweite Vorsitzende des Bürgervereins Niederkassel, Stephan Piel. „Das ist doch nur wieder Verwaltungsaufwand.“ Der Verein versuche vor allem mit Naturprojekten die Verbundenheit und ein Heimatgefühl zu fördern: „Wir gehen im Moment verstärkt in Schulen. “

Für Sankt Augustin - alter Slogan: die Stadt aus acht Dörfern - wäre ein eigenes Kfz-Schild zumindest ein Hingucker, meint Alt-Bürgermeister Klaus Schumacher. Auch dank des attraktiven Kürzels, aus dem mit den zwei Zusatzbuchstaben das Wunschkennzeichen AUG EN werden könnte. Er würde sich die karnevalistische Zahl 11 aussuchen, sagt der aktuelle Karnevalsprinz. Man habe zu seiner Zeit im Rathaus schon mal über ein Kennzeichen nachgedacht, „doch alles mit Sankt ist ja ausgeschlossen“.

Sieben von elf Kommunen in unserem Verbreitungsgebiet hätten nach einer Freigabe zumindest buchstäblich mehr Eigenständigkeit: Neben der Kreisstadt, die ihr SU behalten dürfte, Lohmar, Troisdorf, Neunkirchen-Seelscheid, Niederkassel, Sankt Augustin auch Hennef (HNF). Vier Gemeinden sind zu klein: Windeck, Much, Ruppichteroth und Eitorf. Dass Eitorf mit seinen fast 19.400 Einwohnern ganz knapp an der Hürde scheiterte, bedauere er „selbstverständlich“, betont der Eitorfer Heimatvereinsvorsitzende Alwin Müller.

„Schließlich ist Eitorf zwischen Tradition und Moderne der Mittelpunkt im schönen Siegtal!“ Er könnte sich für die Buchstabenkombination EIF begeistern, „für den Eifer, immer vorne dabei zu sein. Vielleicht gelingt es uns ja in den nächsten 100 Jahren mal wieder“.


Erste Liberalisierung 2012

Bis zum Jahr 2012 galt in Deutschland die Vorgabe, dass zu einem Verwaltungsbezirk - in der Regel sind das Landkreise und kreisfreie Städte - ein festgelegtes Kennzeichen gehört. Seit der Liberalisierung können sich Autofahrerinnen und Autofahrer oft zwischen mehreren Orts- und Regionalkürzeln entscheiden, das gilt aber nur für ausrangierte Buchstaben-Kombinationen, die bei Gebietsreformen abgeschafft worden waren.

Mehr als 300 Alt-Kennzeichen wurden wieder eingeführt. Insgesamt gibt es rund 700 Orts-Kennungen. 320 für Mittelstädte könnten nach dem aktuellen Vorschlag des Professors hinzukommen, da diese sonst beim Marketing benachteiligt seien. Voraussetzung sei ein Antrag der Länder beim Bund.

Der Vorstoß erntete bereits Beifall von Bürgermeistern, auch aus dem FDP-geführten Bundesverkehrsministerium kamen positive Signale für die Liberalisierung. Der Präsident des Landkreistages, Achim Brötel, äußerte sich kritisch: „Es gibt wesentlich dringlichere Probleme, Herausforderungen und Zukunftsfragen für unser Land.“