Lohmar – Die erste Brücke der Menschheitsgeschichte wird wohl aus Holz gewesen sein: Der uralte, nachhaltige Baustoff taucht nun im Zuge der Klimakrise verstärkt wieder auf. Gute Zeiten für einen Ingenieur, dessen Konstruktionen von Finnland über Benelux, Deutschland, die Schweiz und Südfrankreich das Siegel „Made in Lohmar“ tragen. Demnächst sogar in Paris, freut sich der Ingenieur Frank Miebach. Doch nirgendwo seien die Hürden für den Bau so hoch wie im Rhein-Sieg-Kreis.
Das hänge paradoxerweise mit einzelnen Umweltaktivisten zusammen, schildert der 48-Jährige. Im benachbarten Oberbergischen Kreis zum Beispiel habe die Zusammenarbeit mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) reibungslos funktioniert, vergingen von den ersten Zeichnungen bis zum schwungvollen Brückenschlag über die Agger in Engelskirchen nur wenige Monate.
Eine Haltung ohne wissenschaftliche Grundlagen, kritisiert Miebach. Dass zum Beispiel Fische durch den Schattenwurf gestört oder Wasservögel durch Stahlseile von Hängebrücken gefährdet würden, sei durch nichts belegt. In der Schweiz habe man einen ähnlichen Konflikt pragmatisch gelöst: durch bewegliche Wimpelchen an den sehr filigranen Seilen der 213 Meter langen Rheinbrücke bei Rheinfelden, die eine Zugvogeltrasse tangiert. Die Befestigung der Pylonbrücke in Lohmar sei erheblich dicker.
Brücken von Miebach
Etwa 100 Brücken hat Miebach schon entworfen, die kürzeste fünf, die längste 225 Meter lang, meist aus Fichte oder Lärche. Die Bauwerke überqueren Flüsse, Straßen, Autobahnen. Der Werkstoff Holz binde nicht nur das klimaschädliche CO2, sondern spare im Brückenbau Zeit und Kosten. Aktuell laufe ein Forschungsprojekt des Landesstraßenbauamtes gemeinsam mit dem BUND Rhein-Sieg: Miebach plant eine grüne Brücke über die Autobahn bei Sankt Augustin. Ein Bauwerk nur für Tiere. (coh)
In der deutsch-französischen Grenzstadt Kehl am Rhein habe es ebenfalls emotionale Diskussionen gegeben, sei daher unter der Brücke ein Netz gespannt worden. Nur ein einzelner Schwan sei an dieser Stelle verendet, Ursache unklar. Er selbst sieht sich nicht nur im technischen Sinne als Brückenbauer, er setze auf Kompromisse: „Wir sollten miteinander reden, nicht mit Klage drohen.“ Das liege gerade für Rheinländer doch nahe.
Miebach, der aus Neunkirchen-Seelscheid stammt, wurde das Technikinteresse nicht in die Wiege gelegt. Der Vater ist Rechtsanwalt, der Sohn, Gymnasiast am Siegburger Anno, hatte eine Neigung zur Philosophie. Ein Praktikum stellte die Weiche, er studierte danach an der Holzbau-Hochschule Rosenheim, Diplomarbeitsthema Holzbrücken, arbeitete als Projektleiter in Süddeutschland, machte sich 2007 selbstständig, in der Heimat. In seinem Büro in der Burg Sülz beschäftigt er acht Ingenieure.
Moderner Holzbau sei nicht nur nachhaltig, sondern auch ästhetisch – und dauerhaft: Beläge aus Materialien wie Granit oder Beton schützten vor Verrottung. Miebach stemmt gerade ein Riesen-Projekt in Baden-Württemberg, eine Kreisstraßenbrücke aus 1600 Kubikmetern Holz. Zum Vergleich: Für die 60 Meter lange Aggerbrücke würden gerade mal 50 Kubikmeter benötigt.
Der Experte für den nachwachsenden Baustoff hat zahlreiche Preise gesammelt, konstruierte zudem Dächer, Türme, wie den in Panarbora, und eine Aussichtsplattform in Bonn-Oberkassel. Wenn es der Auftraggeber will, entwirft Miebach auch Stahlbrücken. Vermeintlich für die Ewigkeit. Eine wurde erst im vergangenen Jahr vom Hochwasser im Ahrtal mitgerissen.