Lohmar – In Krimis spielen sie oft eine wichtige Rolle, führen auf Umwegen zum Täter: Streichholzschachteln mit Aufdrucken von Kneipen, Restaurants und Bars. Die zündende Werbung brachte einen Lohmarer nun ebenfalls auf die Spur: Winni Kann hat mit Hilfe der „Dösje“ die Kneipengeschichte der Stadt erforscht.
Der 69-Jährige bringt schon qua Geburt gute Voraussetzungen mit für diese Aufgabe, erblickte er doch im „Jägerhof“ das Licht der Welt. Der Großvater mütterlicherseits, Wilhelm Schwamborn, bewirtschaftete den gutbürgerlichen Gasthof an der Hauptstraße, die Eltern Kanns lebten mit im Haus.
Später übernahm sein Onkel Willi, Neffe Winni verdiente sich ein Taschengeld als Gläserspüler und Kegeljunge, „zu der Zeit mussten die Kegel noch per Hand wieder aufgestellt werden“. Später, als Mitglied einer Bluesband, trat der Harp-Spieler bevorzugt in Kneipen auf.
„Viele der Gaststätten existieren ja nur noch in der Erinnerung.“
Als ein Freund starb und eine stattliche Sammlung Streichholzschachteln hinterließ, postete Winni Kann zunächst die Deckblätter auf Facebook, aus Nostalgiegründen: „Viele der Gaststätten existieren ja nur noch in der Erinnerung.“ Gruppenmitglieder regten an, die „Dösje“ doch zwischen zwei Buchdeckeln zu verewigen. Und wieder war Kann, gelernter Buch- und Offsetdrucker, der Richtige.
Die Idee packte den Ruheständler, er nutzte das Archiv des Heimat- und Geschichtsvereins, sprach mit etlichen alten Lohmarern und Wahlscheidern, sammelte Geschichten und Anekdoten. Weil sich kein Verlag fand, gibt der verheiratete Vater eines Sohnes im Selbstverlag das 100-Seiten-Werk heraus.
Winni Kann hat vieles ausgegraben über die sozialen Knotenpunkte, listet etliche Pächter auf und beleuchtet Namenswechsel. So wurde zum Beispiel aus der Gaststätte „Zum Rudersport“ hinter der Firma Walterscheid das „Grand Prix“ mit Disco-Club.
Karl Schultes, der Neffe des Amtsbürgermeisters, war ein großer Motorsportfan, fuhr sogar zu Formel-1-Rennen nach Monaco und ließ dort auf seiner Yacht mit Freunden ganz mondän die Korken knallen.
Bergschänke und Lindengrotte wurden Opfer der Abrissbirne
Später wechselten „De Karli“ und seine Frau Marlene in „Schnitzlers Eck“, Peter und Christa Kumbe übernahmen und machte aus dem „Grand Prix“ das „Le Mirage“. Heute ist das Gebäude ein Wohnhaus, der Saal als Partyraum zu mieten, Name: Lapalohmar.
Dem Boden gleich gemacht ist mittlerweile die Bergschänke, die ganz früher Bergschenke hieß. Bis 2010 gab es die bei Generationen von Fußballern beliebte Gastronomie an der Alten Lohmarer Straße auf einer kleinen Anhöhe und nur über Treppen erreichbar.
1979 wurde auch die Lindengrotte an der Ecke Hauptstraße/Kirchstraße ein Opfer der Abrissbirne; Lohmars größter Saal für 500 Gäste, in den 1960er Jahren „ein Treff für die aufkommende Beat-Szene“, so der Autor. Sogar die Siegburger Panzerknacker spielten später hier.
Fotos der Gaststätten auf Streichholzschachteln
Traditionsgaststätten wie Flohberg (einst Agger-Sülz-Terrasse), Naafshäuschen, Franzhäuschen, Fielenbach, Aueler Hof gibt es noch, einst prangten auf einigen Streichholzschachteln sogar die Fotos der prächtigen Gebäude.
Selbst in winzigen Dörfchen gab es einst Gaststätten, wie „Zum Nussbaum“ in Algert und „Zum alten Panzer“ in Geber, benannt nach dem Inhaber Jakob Panzer.
Die wohl skurrilste Kneipe hat Kann auch aufgenommen in sein Buch, obwohl die Flachshütte wohl nie ein „Dösje“ hatte: Dieter Kiel, ehemaliger Kicker des SV Lohmar, eröffnete die Zapfstelle in seinem Wohnhaus, nur 100 Meter entfernt vom Fußballplatz. So gab’s nach jedem Sonntagsspiel eine zumeist feucht-fröhliche Verlängerung.
Das Buch „Anekdoten und Geschichten anhand von Werbestrichholzdösje“ ist bei der Buchhandlung Lesart erhältlich (telefonische Bestellung und Abholung an der Tür) und beim Autor unter 02246/7733 oder per E-Mail: winni.kann@t-online.de.