Lohmar – Nach der Wahl ist vor der Wahl: Die Parteien sind derzeit mit Rechnen und Reden beschäftigt. Wer kann für die Stichwahl zum Bürgermeisteramt in zwölf Tagen die Wähler mobilisieren, die zuvor für den SPD- oder UWG-Kandidaten gestimmt haben? Und wo machen die FDP-Anhänger nun ihr Kreuz, bei Tim Salgert (CDU) oder bei Claudia Wieja (Grüne), die sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert haben? Bislang hat nur die SPD eine Wahlempfehlung ausgesprochen: für Wieja.
Der Wahlkampf geht also weiter, die Plakate der beiden Spitzenkandidaten bleiben stehen. Ohnehin waren die Wochen vor dem Urnengang lebhafter als je zuvor mit ungewöhnlichen Formaten wie Wandertouren, Stadtteiltreffs, Einladungen ins Eislokal oder an den Würstchengrill. Neben dem massiven Plakateinsatz, der nicht bei jedem Bürger Anklang fand, spielten auch soziale Medien eine große Rolle, präsentierten sich die ehrenamtlichen Politiker auch in professionell gedrehten PR-Videos.
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Ministerbesuche gab es auch, die fanden indes vor ausgesuchtem Publikum statt und ohne Presse, wohl der Pandemie geschuldet, hieß es auf Anfrage. Geredet und gerechnet wird nicht nur im Hinblick auf die Stichwahl, auch für Kooperationen oder Koalitionen im künftigen Stadtrat gibt es mehrere Möglichkeiten und eine Gewissheit: Schwarz-Grün, das für mehrere Wahlperioden funktionierte, ist nach den vergangenen sechs Krisen-Jahren endgültig passé.
Die Unabhängigen könnten Zünglein an der Waage sein
Ein Bündnis aus CDU, die mit 16 einen Sitz weniger geholt hat als bei der letzten Kommunalwahl, mit FDP (2) und UWG (2) könnte auf 20 Stimmen kommen. Die Grünen, mit drei zusätzlichen Sitzen auf 14 Mandate gewachsen, kämen mit der geschrumpften SPD (von acht auf fünf) auf 19 Stimmen, mit der UWG auf 21. Die Unabhängigen könnten in den Verhandlungen Zünglein an der Waage sein.
Der Stadtrat wird durch die vielen frischen Mitglieder ohnehin ein neues Gesicht bekommen. Die CDU zählt vier Neue, davon zwei unter 35 Jahren. Die Grünen fünf Neue, zwei holten direkt den Wahlkreis und ließen überraschend erfahrene CDU-Leute hinter sich. Auch bei der UWG gibt es einen Wechsel. Und die FDP ist nach der Pause wieder da: mit zwei neuen Leuten. Traurigkeit und Triumph liegen eng beieinander, gewonnen hat aber klar die Demokratie: Die Wahlbeteiligung lag insgesamt bei knapp 61 Prozent – mehr als zwei Prozent höher als 2014.