„Kallboys“Niederkasseler Kegelclub hat eigene Spiele und Bastelvorlagen erfunden
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Alle vier Wochen treffen sich die „Mondorfer Kallboys“ zum Kegeln.
Dabei steht das Kegeln nicht unbedingt immer im Mittelpunkt.
Neben selbst erfundenen Kegelspielen stellen die „Kallboys“ auch Bastelvorlagen auf ihrer Website zur Verfügung. Und das nächste Projekt ist auch schon in Planung.
Niederkassel – „Tobi, warst du schon dran?“, fragt Heinz Dresbach. Tobi nickt. Also steht Dresbach auf, wirft seine Kugel auf die Kegelbahn. Sie rollt langsam auf die neun Kegel zu, kommt links vom Weg ab und landet in der Rinne – die Kegel sind außer Reichweite. Im Rheinland heißt diese Rinne „Kalle“. „Und wir“, sagt Dresbach, „machen unserem Namen alle Ehre.“ Alle vier Wochen treffen sich die „Mondorfer Kallboys“ zum Kegeln.
Und sie begnügen sich grundsätzlich – auch an dieser Stelle – mit ihren Vor- oder Spitznamen. Die „Kallboys“ sind Präsident Heinz Dresbach (H1, gesprochen Heins), Vize-Präsident Ralf Schulz (Ralf), Kassierer Dirk Käufer (Dirk), Webmaster Holger Moskopp (Holger), Schriftführer Tobias Gilles (Tobi) und Andreas Weber (Elvis).
Treffpunkt der Mondorfer Kegelbrüder ist die Gaststätte „Zur alten Post“ in Niederkassel-Rheidt. Eine Treppe führt hinunter zur Kegelbahn. Dort sitzen die „Kallboys“, alle in ihren Vierzigern, an einem langen Tisch. Rechts steht eine Tafel mit ihren Namen und dem Punktestand.
Als nächstes ist Holger dran, die Kugel knallt auf die Bahn. Verärgert tritt er der Kugel durch die Luft hinterher. „Randale“, ruft Ralf. Alle lachen. „Na ja, dafür muss er zahlen.“ Tobi grinst. Seit 1999 treffen sich die Sechs unter dem Namen „KC Kallboys“. Vorher hatten sie mit ihren Frauen gekegelt. „Wir haben den Club gegründet, damit wir feste Kegeltermine haben“, erklärt Tobi. Wer nicht kommt, muss in die Clubkasse zahlen, und eine Kalle kostet 25 Cent. „Wir haben diese Strafsätze, damit wir gezwungen sind, richtig zu kegeln“, sagt Tobi. Für einen Kegelabend zahlt jeder 30 Euro in die Kasse. Mit dem Geld verreisen sie sonst, die Pläne für dieses Jahr sind naturgemäß unsicher.
Mit Würfen über das Feld
Das „Minenspiel“ haben die „Mondorfer Kallboys“ erfunden: Für das Spiel- beziehungsweise Minenfeld nehmen die Kegler die Zahl der Mitspieler mal zehn, bei sechs Spielern also 60 Felder. Diese nummerieren sie aufsteigend. Jeder Spieler notiert sich zwei Felder, auf denen eine „Mine“ versteckt ist. Zusätzlich dürfen die Spieler eine Mine offen im Feld verteilen. Nun müssen die Spieler dieses virtuelle Minenfeld überqueren, ohne die verminten Felder zu treffen. Die Spieler addieren die gefallenen Kegel zum Punktekonto.
Wer mit einem Wurf die Zahl eines Minenfeldes erreicht, muss auf sein vorheriges Feld zurück. Sieger ist, wer als erster genau die Höchstzahl wirft. Weitere Spiele auf der Internetseite.
Als nächstes ist das selbst erfundene „Minenspiel“ an der Reihe (siehe „Mit Würfen über das Feld“). Weitere eigene Kegelvariationen sind „Achs-Knacks“, „Stürz den König“ oder „Wünsch dir was“. In ihrem „Kallpendium“ listen sie neben ihren eigenen Kreationen auch Kegel-Klassiker auf.
Das Kegeln ist Nebensache
Dirk rollt die Kugel. Sie gleitet auf die Bahn, fünf Kegel fallen um. Er rutscht von seiner Sieben auf eine Zwölf. „Boom“, ruft Elvis und deckt sein Kärtchen mit einer Zwölf auf. Eine Mine für Dirk. Er muss zurück auf die Sieben. Als Ralf an der Reihe ist, wirft er sämtliche Kegel auf einen Schlag um: alle Neune. Seine Kegelbrüder gratulieren ihm mit einem dreimaligen „Gut Holz!“. „Ein Lied“, sagt H1. Er zählt: „Zwo, drei“. Alle singen im Chor: „Aaaadelheid!“ Der Präsident: „Aus!“
„Oh, das kostet uns jetzt schon wieder was“, sagt Holger. Denn auch ein „Alle Neune“-Wurf kostet. Tobi wirft die nächste Kugel. Sie rollt zurück. In einem solchen Fall dürfen die Kegelbrüder die Kugel wieder einfangen. Tobi und H1 rennen also zur Bahn. Tobi schnappt zu. Sie lachen. Trotzdem muss Tobi zahlen.
Ganz so ernst nähmen die Kallboys das Kegeln dann aber doch nicht, beeilt sich H1 zu erklären: „Wenn Sie über einen Kegelclub schreiben möchten, dann müssen Sie sich aber einen anderen suchen.“ Denn bei den „Kallboys“ ist das Kegeln tatsächlich eher Nebensache. Ihr wichtigeres Hobby ist die Website. Dort laden sie nicht nur ihre Spielregeln hoch, sondern auch Bastelvorlagen. Nicht etwa fürs Kegeln. Nein, wer die Bastelvorlagen der „Kallboys“ ausdruckt, kann Mondorfer Gebäude und Fahrzeuge aus Papier nachbauen.
Angefangen haben sie im Jahr 2010 mit der Laurentiuskirche. „Die Recherche ist sehr aufwendig“, sagt Holger. Sie brauchen nicht nur die richtigen Maße, sondern auch die Erlaubnis von Architekten und Fahrzeugherstellern. Mit mehr als 43 500 Downloads ist das Modell „Der Weihnachtsmarkt in der Rheinallee“ das beliebteste. „Wir versuchen, das historische Mondorf für die Nachwelt zu erhalten“, sagt H1. Immerhin ist er Präsident. Ihr nächstes Projekt sind historische Hörspiele. Fans der „Kallboys“ sollen sie sich auf der Website anhören können. „Das ist alles nur ein Hobby“, betont Tobi, „deswegen setzen wir uns nicht unter Druck.“