Seit 61 Jahren hat Erhard Bernhardt Bienenvölker und ist auch heute noch „stolz wie Oskar“.
Für zahlreiche Züchter an der Oberen Sieg ist Bernhardt so etwas wie ein Mentor
Warum jeder sich Bienen anschaffen sollte. Ein Portrait über den Windecker Imker.
Windeck – Sein erstes Bienenvolk hat Erhard Bernhardt geschenkt bekommen, als er neun Jahre alt war. Das ist 61 Jahre her. „Ich war stolz wie Oskar“, erinnert er sich. Die Imkerei als Familientradition ist bei den Bernhardts hingegen schon mehr als 125 Jahre alt. Als der 1880 geborene Großvater mit 14 Jahren seine Lehrstelle antrat, musste er die Bienen seines Meisters in Schlesien mitversorgen. Das war der Beginn einer Liebe, die an Sohn und Enkel weitergegeben bis heute anhält.
Nach dem Zweiten Weltkrieg endete die Flucht der Familie 1946 zunächst in Westfalen. Dort wurden 1949 wieder die ersten Bienen angeschafft. Seit 1956 leben die Bernhardts in Windeck. Der Vater habe die Bienen damals im VW-Bus nach Leuscheid gebracht, berichtet Erhard Bernhardt, der inzwischen in Wilberhofen bei Dattenfeld lebt.
Eine Art Imker-Mentor
Für zahlreiche Züchter an der Oberen Sieg ist Bernhardt so etwas wie ein Mentor. Bei ihm haben sie den Umgang mit den fleißigen Insekten in Theorie und Praxis gelernt. In der Regel begleitet er die Imker-Novizen ein Jahr lang. Doch auch später bekommen sie immer mal wieder wichtige Tipps. Und bei ihm klingelt das Telefon, wenn es ein Problem gibt. Dann fährt der Senior raus und schaut sich die Stöcke an. Schon am Flugverhalten sei der Zustand eines Volkes zu erkennen, erklärt er.
Seine kleinen Freundinnen hat der Imker schon in Schulklassen vorgestellt. Im Nachbarort Rossel ist der Wilberhofener in der Förderschule ein gern gesehener Gast. Für die Besuche hat er einen kleinen Schau-Kasten mit Bienen und Drohnen. Manchmal leiht er sich in einem seiner Völker für zwei Stunden eine Königin aus, um sie zu zeigen. Auch beim Thema Zucht hat Bernhardt eine Menge zu erzählen. Mit Kollegen betreut er Standorte in der Nutscheid, so auch die Belegstelle Hohes Wäldchen. Ein großes Problem sei immer wieder die Varroamilbe, die die Völker befalle. Da helfe nur der regelmäßige Einsatz von Ameisensäure. Ein großes Ziel der Züchter ist die Zucht einer varroa-resistenten Biene. Um dem näher zu kommen, werden ausgesuchte Völker auch schon mal auf einsame Nordseeinseln verschifft, um sie dort zu kreuzen.
Beruflich war Erhard Bernhardt vor seinem Ruhestand Eisenbahner. 250 Auszubildende hat er zeitweise betreut. 40 Jahre hat er als Ausbildungsmeister mit Menschen zu tun gehabt. Die Liebe zum Handwerk ist bis heute geblieben. „Jet nit jibbet nit,“ sei stets seine Devise gewesen. „Es gibt immer eine Lösung“, übersetzt er frei und outet sich als Tüftler. Seine handwerklichen Fähigkeiten waren Bernhardt auch bei der Imkerei hilfreich. Bis heute repariert und baut er die Kästen selbst, in denen die Völker wohnen. „Noch genau so, wie mein Vater“, berichtet er. Ein Teil der Kästen, in denen die Bienen derzeit überwintern, stamme sogar noch vom Vater.