Historischer RückblickEin Einblick in das Windeck der 20er bis 50er Jahre
Lesezeit 4 Minuten
Windeck – Das lokale Gedächtnis der Gemeinde, die Infothek vom Verein „Windeck im Wandel“, kurz Wiwa, ist seit Ende vergangenen Jahres online. Jedermann kann darin kostenlos im lokalhistorischen Material stöbern, das Privatleute dem Verein zur Veröffentlichung zur Verfügung stellen. Besonders schönes oder seltenes Material hält der Verein gern zurück, denn seit 2019 gibt er jährlich ein Buch heraus.Zu einigen sommerlichen Impressionen aus dem alten Schladern aus den 20er- bis 1950er Jahren war aber keine passende Geschichte eingereicht worden, deshalb stellt der Verein mit dem Einverständnis der Bildgeber Frieder Döring und Elmar Höffer unserer Zeitung sommerliche Freizeitfotos von damals mit kleinen Geschichten zur Verfügung.
Frieder Döring und der schräge Onkel Helmut
„Meine Mutter Anni liebte die frische Luft, Bewegung und ihren Garten“, beginnt Frieder Döring den Ausflug in die Vergangenheit. Bei ihr sei Kaffeetrinken mit Kuchen ein Pflichtprogramm an jedem Tag gewesen, bei schönem Wetter im Garten. „Sie war eine Kaffeenärrin und hat uns vier Kindern früh das Kaffeetrinken beigebracht, schon mit zwölf habe ich Kaffee getrunken“, erinnert sich ihr Sohn.
Ebenso vernarrt sei sie in ihre Blumen gewesen. „Das hat meinen Bruder Jochen zum »Sportsmann« und mich zum »Chemiker« gemacht“, amüsiert er sich bis heute, denn somit hätten beide Jungen nachmittags wichtige Termine und eine Ausrede gehabt, um nicht im Garten helfen zu müssen.
Tante Käthe und ihr Mann Helmut kamen oft und gern zu Besuch ins Elternhaus am Falkenweg in Schladern. Sie war Frieder Dörings Patentante und sehr fürsorglich zu ihm und seinen Geschwistern, zumal sie keine eigenen Kinder hatte. Auch Onkel Helmut, Pfarrer im Oberbergischen, liebte Schladern. Mit seiner Größe von stattlichen 2,05 Metern hatte Helmut Förster sehr spät und mühsam einen Führerschein gemacht und fuhr dann ausgerechnet einen Fiat 500, in dem der Fahrersitz ganz nach hinten montiert war.
„Sein Ein- und Aussteigen war für uns Kinder ein fantastisches Schauspiel, das wir nie verpassen wollten“, erinnert sich Döring. Auch habe er das Fahren nie richtig gelernt. „Wenn es hieß: »Onkel Helmut kommt«, waren wir – schwupps – draußen, denn fast immer traf er beim Ein- und Ausfahren in den Hof einen Pfeiler.“ Zur Versorgung der streunenden Jungs in den Nachkriegsjahren veranstaltete Onkel Helmut jeden Sommer große Zeltlager an der Nordsee. Auch die Döring-Jungen fuhren ein paar Mal mit in die Sommerfrische am Meer.
War ein Kind krank, hatte der Pfarrer eine „Allheilmethode“. Das Kind musste sich ausziehen, wurde kalt abgeduscht, in ein nasses Betttuch eingewickelt und mit ein oder zwei Wolldecken auf einen Strohsack gelegt. Erst kam der Schüttelfrost, dann hohes Fieber, dann der Schlaf. Nach zwölf Stunden war man wieder fit.
In der Mittagspause mussten sich alle 150 Jungen zur Bettruhe auf die Strohsäcke legen. Mit monotoner Stimme las Onkel Helmut unbeirrt zwei Stunden lang vor, auch wenn alle nach kurzer Zeit eingeschlafen waren. Im Jugendlager fuhr der übergroße, gertenschlanke Mann mit einem Fahrrad mit Motorantrieb durch die Gegend. Dabei trug er einen bodenlangen Mantel. „Mit wehendem Haar und seiner tapsig-unbeholfenen Art sah er aus wie eine Geisterfigur von Theodor Storm.“
Aber auch die Schladerner Kirchenbesucher liebten den Pfarrer. Er hielt bei seinen Besuchen gern in der evangelischen Friedenskirche mal den Gottesdienst. Und das sprach sich herum: Die Besucher kamen in Scharen – weil sie ihn singen hören wollten. Er war absolut unmusikalisch, sang keinen einzigen Ton richtig, sang aber sehr gern und sehr laut. Dass die Leute in seinem Gottesdienst alle so fröhliche Gesichter hatten, hielt er seinem Charisma zu Gute.
Elmar Höffer und der Siegfähr-Service der Eltern
Der Mercedes wurde angeworfen, dann ging es auf zum Tagesausflug auf den Drachenfels. Hoch über dem Rhein genossen Josef Höffer und seine frisch angetraute Ehefrau Anna Maria im Jahr 1933 den Flug mit der Junkers. Natürlich nicht in der Realität: Bis heute sind die Ausflüge zum Drachenfels beliebt und solche Fotomontagen ein schönes Andenken.
Am „Steuer“ des falschen Flugzeugs saß die Nachbarin und Freundin Helene Langen. Im Hause des Schladerner Kaufmanns, der einen Landhandel betrieb, gingen viele Menschen ein und aus. Für Trubel sorgten zudem die acht Kinder. Mia Höffer war Gewerbe- und Sportlehrerin und brachte den Schladerner Kindern im Sportverein das Schwimmen in der Sieg bei.
Die Familie besaß dort ein großzügiges Haus mit Siegufer. Ein Verwandter hatte der Familie einen Holzkahn aus Boppard organisiert. 15 bis 20 Personen hatten darin Platz. „Wer mitwollte, rief einfach vom Ufer aus“, erinnert sich Sohn Elmar Höffer. Auch seien unter den Frauen Kaffeekränzchen üblich gewesen. Im Wechsel wurde eingeladen.