Wildschweine werden in Windeck immer mehr zum Problem für Anwohnerinnen und Anwohner.
Die Wildtiere verlieren immer mehr Scheu vom Menschen, kommen in dichter Besiedeltes Gebiet.
Wir haben mit Windeckern gesprochen, die die ungebetenen Gäste schon in ihrem Garten hatten.
Windeck – Wenn es dunkel wird in Schladern, verlassen sie den Schutz der Wälder und Felder, durchwühlen die privaten Gärten und versetzen Anwohner in Schrecken. „Ich wohne seit 17 Jahren hier und habe so etwas noch nicht erlebt“, berichtet Bettina Beyer. Vor sechs Wochen hat sie im eigenen Garten nachts gegen 1.30 Uhr Wildschweine beobachtet. Nachbarn, so berichtet sie, sei es ähnlich gegangen. „Sogar morgens kurz vor Acht“ hätten sich die Tiere aus der Deckung getraut. Eltern sind in Sorge um ihre Schulkinder. Für Donnerstag hat sich die untere Jagdbehörde angesagt.
Nicht ohne Angst geht Doris Blaum nachts, wenn ab 24 Uhr die Straßenbeleuchtung abgeschaltet ist, durch den Ort. Ab und an fährt sie abends nach Köln und kommt spät zurück. „Ich fühle mich fast gezwungen, mit dem Auto vom Bahnhof nach Hause zu fahren“, erklärt sie. Vor allem in der Früh seien Schulkinder gefährdet,befürchtet Bettina Beyer. Sie wolle sich nicht ausmalen, was passiere, wenn sich die Wildschweine auf einer Straße mit Zäunen auf beiden Seiten in die Enge getrieben fühlten.
Förster lehnt Technik ab
Neu ist das Problem mit Wildschweinen in Schladern nicht. Bereits vor zwei Jahren berichtete diese Zeitung von enormen Schäden in privaten Gärten, angerichtet von Wildschweinen. „Was hat sich den seitdem getan?“ fragt Bernd Hundenborn, Vorsitzender des Bürgervereins offen. „Man kann ansprechen, wen man will. Keiner kann helfen.“ Er habe das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden. „Wir müssen nerven“, gibt er als Parole aus.
Bettina Beyer hatte sich zunächst an die Gemeinde gewandt, diese verwies an die Untere Jagdbehörde bei der Kreisverwaltung. „Uns wurden Zäune empfohlen. Aber dann müssten wir Schladern komplett einzäunen,“ sagt sie, und Bernd Hundenborn ergänzt: „Das ist doch unrealistisch. Wir müssten alles dicht machen, auch die Grundstückseinfahrten. Außerdem wird immer betont, die Zäune müssten bis in die Erde hineinreichen, damit sie nicht unterwühlt werden können.“
Berichte über Wildschweinjagd mit Drohnen
In ihrer Verzweiflung greifen die Schladerner nach jedem Strohhalm. Im Internet haben sie Berichte über die Wildschweinjagd mit Drohnen und Nachtsichtgeräten gefunden. Geräte wie diese werden in Bayern, Baden-Württemberg und in der Schweiz eingesetzt.
„Technik war bei der Jagd noch nie eine Lösung“, entgegnet Armin Hübinger vom Regionalforstamt Rhein-Sieg-Erft in Eitorf, das den Staatsforst rund um Schladern verwaltet. Die Reviere würden regelmäßig bejagt, erklärt Hübinger, aber mit normalen jagdlichen Mitteln sei das Problem nicht zu lösen. „Es gibt viel zu viele Wildschweine“, erklärt der Förster. Das habe vor allem mit dem Klimawandel zu tun. Die Bäume trügen anders als früher nahezu jedes Jahr reichlich Früchte. Wildschweine setzten das in Fortpflanzung um. 350 Prozent Vermehrung seien die Regel. Eine Bache werfe im Jahr mindestens drei Frischlinge.
Obwohl das Forstamt an der Oberen Sieg schon zwei große Gesellschaftsjagden mit „ordentlich Strecke“, also großer Beute organisiert habe und eine dritte gerade plane, sei ein wirklicher Erfolg nicht auszumachen. „Wir kapitulieren nicht“, versichert Hübinger. Letztendlich müsse die Natur selbst wieder Herr der Lage werden, beispielsweise durch Seuchen.Dass die Tiere sich mitten in Orte wie Schladern trauen, erklärt Hübinger mit deren hoher Intelligenz. Dort werde nicht gejagt, und von Hunden und Spaziergängern gehe keine Gefahr aus.