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„Auf Streife“Schauspieler wird für Rolle gehasst

Lesezeit 3 Minuten

Für Fernsehproduktionen schlüpfte André Braun schon in etliche Rollen. Die eines Kinderhassers zog Drohungen nach sich.

Windeck – Wie ein grausamer Kinderhasser wirkt er nun wirklich nicht. Wir treffen André Braun in einem Rosbacher Café unweit seiner Wohnung. Der 32-Jährige trinkt einen Kaffee-Crema und erklärt, wie er zur Zielscheibe äußerst gehässiger Beschimpfungen und Drohungen im Internet wurde: „Viele haben das für real gehalten.“ Will heißen: Nicht wenige Fernsehzuschauer und Facebook-Nutzer glauben, dass der dunkelblonde Schauspieler tatsächlich Rutschbahn und Schaukeln auf einem Spielplatz mit Rasierklingen präpariert hat, um die dort spielenden Kinder zu vertreiben.

Realität ist, dass Braun in der Nachmittags-TV-Serie „Auf Streife“ (SAT.1) einen psychisch Kranken mimte, der zurückgezogen lebt, keine Freunde hat und sich vom Spielplatzlärm gestört fühlt. Die so genannte Scripted-Reality-Sendung will anhand nachgestellter wahrer Fälle den Arbeitsalltag von Polizeibeamten zeigen. In der Folge, die im August von der Produktionsfirma Filmpool in Köln-Sülz gedreht wurde, wird der Rasierklingen-Attentäter von einem Zeugen überwältigt und schließlich mit blutiger Nase von Polizisten festgenommen.

Nach der Ausstrahlung am 25. September geschah das Unglaubliche. „So einer gehört öffentlich gesteinigt“, „Umbringen sollte man ihn“, „Warum erschießt die Polizei nicht so jemanden?“ – Kommentare dieser Art hagelte es auf der Facebook-Seite des Senders, der dort ein Szenenbild mit dem Satz „Was dieser Kinderhasser vorhatte, ist unvorstellbar“ gepostet hatte. Ein Absender drohte, „wenn ich den sehe, haue ich ihm noch mal vor die Schnauze“. Dass es Leute gibt, die die Nachstellung als Realität begreifen, mutet absurd an. Darüber gab es aber auch Kritiker, die André Braun ankreideten, die Rolle angenommen zu haben: „Wie kann man nur so etwas spielen!“

Für den Windecker, der auch schon mal einen Erbschleicher und einen Drogendealer mimte, sind die heftigen Reaktionen unverständlich. „Bei ,Aktenzeichen XY . . . ungelöst’ werden diese Sachen ja auch nachgespielt und keiner regt sich darüber auf.“ Einen Kinderhasser zu darzustellen, mache ihm, der Kinder liebe, sicher keinen Spaß. „Aber das ist meine Arbeit, ich sehe das professionell.“

Von Freunden und Bekannten erfuhr der 32-Jährige nach den Verbalangriffen viel Zuspruch bis hin zu Schutzangeboten. Dass man ihn für einen Bösewicht halte, könne er auch als Kompliment für seine schauspielerischen Fähigkeiten werten.

„Ich finde das schon beschämend und traurig“, sagt Brigitte Röttgen, die im Rosbacher Café am Nachbartisch sitzt, zu den aggressiven Stimmen auf Facebook. Auf Strafanzeigen will Braun verzichten, denn er weiß, dass er damit indirekt gegen sein eigenes Publikum vorgehen würde. Für ungerecht hält er Gegenreaktionen, die die Scripted-Reality-Serie als Hartz-IV-Fernsehen brandmarken, nur weil diese tagsüber gesendet werden. Auch den Vorwurf, dass die Schlammschlacht auf Facebook nur Publicity-Trick des Senders sei und er damit Werbung für sich als Schauspieler machen wolle, lässt André Braun nicht gelten: „Das entspricht nicht der Wahrheit.“