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Neue Anlagen ohne StromSPD kritisiert Rhein-Erft-Kreis wegen Blitzer-Panne

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Das Foto zeigt den demolierten Blitzer in Hürth.

Der demolierter Blitzer an der Umgehungsstraße Ortsumgehung Hermülheim B265n auf Höhe des Gewerbegebiets Kalscheuren.

Die SPD sieht finanzielle Einbußen durch nicht funktionierende Anlagen. Der Kreis versichert: Es gehe nicht ums Geld, nur um die Sicherheit.

Im Oktober gab es kein zweites Thema, das die Bürger annähernd so elektrisiert hat wie die Installation neuer Blitzer im Rhein-Erft-Kreis. Zumal ein Sprecher von Landrat Frank Rock nach Recherchen dieser Redaktion einräumen musste, dass die neun neuen Anlagen noch gar keine Aufnahmen machen – weil die Anschlüsse der alten Geräte für die Nachfolger-Generation nicht passen. Daher werden die neuen Lasermessanlagen erst in den ersten drei Monaten des Jahres 2024 in Betrieb gehen.

Diese Fehlplanung sorgte auch bei der SPD-Kreistagsfraktion für Unverständnis – und warf Fragen auf, nicht zuletzt die, wer für die Panne verantwortlich ist und wie groß der entstandene Schaden ist. Die Antworten, die sie in der jüngsten Sitzung des Kreisausschusses in Bergheim erhielt, stellen Dierk Timm nicht zufrieden.

Da ist in der Kreisverwaltung nicht sauber geplant worden
Dierk Timm

Für den Vorsitzenden der Kreistagsfraktion steht fest: „Da ist in der Kreisverwaltung nicht sauber geplant worden.“ Er möchte das Thema ungern auf sich beruhen lassen – allerdings ist die Frist verstrichen, es für die Tagesordnung der Kreistagssitzung am 7. Dezember anzumelden und der Verwaltung öffentlich auf den Zahn zu fühlen.

Kein Wort von möglichen Kosten in der Zukunft

Rocks Experten ziehen sich auf den Standpunkt zurück, dass dem Kreis kein finanzieller Schaden entstanden durch die technischen Anschlüsse, die nun nachträglich gelegt werden müssen. Diese seien für den Betrieb der Blitzer „zwingend notwendig und alternativlos“. Dieser Umstand sei vorher nicht bekannt gewesen – und hätte auch nicht bekannt sein müssen – „sodass die entsprechenden Aufwendungen auch nicht in den Gesamtkosten berücksichtigt wurden“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme. Kein Wort von möglichen künftigen Kosten.

Als Nebenaspekt wird darin zudem die Konsequenz bezeichnet, dass dem Kreis die Einnahmen durch die Temposünder fehlen. Die Verkehrsüberwachung diene „ausschließlich der Sicherstellung und Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit“. Außerdem funktionierten einige der alten Anlagen noch, und die befänden sich zudem an Standorten mit den meisten und schwerwiegendsten Tempo-Überschreitungen.

Auch die noch nicht funktionstüchtigen Blitzer erfüllen nach Ansicht der Experten im Kreishaus ihren Zweck: Verkehrsteilnehmer ließen sich davon abschrecken und nähmen den Fuß vom Gaspedal.

Das sieht die SPD anders. Sie befürchtet, dass der Ruf des Rhein-Erft-Kreises durch die Panne gelitten habe: „Die Leute machen sich doch einen Spaß daraus und fragen sich, ob die Kreisverwaltung nicht mal Blitzer aufstellen kann.“ Darüber hinaus spiele der finanzielle Aspekt sehr wohl eine Rolle. Im Jahr 2022 hat der Kreis 5,5 Millionen Euro infolge verhängter Bußgelder eingenommen.

Fünf alte Blitzer waren im Oktober abgebaut worden

An fünf Standorten blitzt es seit Oktober nicht mehr – und dies im äußersten Fall für fast ein halbes Jahr. Diese alten Blitzer waren bereits demontiert worden, ehe die Schwierigkeiten mit der Stromversorgung erkannt worden waren: an der Bundesstraße 265 an der Abfahrt nach Erftstadt-Köttingen, an der Aachener Straße in Frechen-Königsdorf, in Kerpen-Horrem (Schiefbahn), in Pulheim-Geyen und in Wesseling-Berzdorf.

Rund 600.000 Euro hat sich die Kreisverwaltung die neuen Blitzer kosten lassen. Die Investition war auch deshalb erforderlich geworden, weil der Hersteller der bisherigen stationären Anlagen die Produktion dieser Geräte eingestellt hat. Somit konnten auch die alten Gehäuse und Kameras nicht mehr repariert, gewartet und geeicht werden.

Kaum waren die Anlagen aufgebaut, wurden sie demoliert und beschmiert

Kurios: Die Panne beim Einbau der Lasermessanlagen war erst durch Recherchen dieser Redaktion bekannt geworden. Auslöser war, dass einer der neuen Anlagen an der Bundesstraße 265 n in Hürth unmittelbar nach ihrer Installation zertrümmert worden war, möglicherweise hatten Täter einen schweren oder spitzen Gegenstand gegen die Glasscheibe geworfen. In Erftstadt-Köttingen und an der Aachener Straße in Frechen waren die Glasflächen mit Farbe beschmiert worden.

Der Kreis hat Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Der finanzielle Schaden halte sich in Grenzen, sagte ein Sprecher des Kreises.