Das Coronavirus hatte auch den Rhein-Erft-Kreis im Jahr 2020 vollkommen im Griff.
Landrat Frank Rock und Gesundheitsdezernent Dr. Christian Nettersheim sprechen darüber, wie sie das Jahr erlebt haben.
Es geht um die größten Herausforderungen für den Kreis und die Auswirkungen durch den Impfstoff.
Und sie erklären, wie dramatisch es zeitweise im Gesundheitsamt zuging.
Rhein-Erft-Kreis – Die Welt stand Kopf im vergangenen Jahr, oder still. Corona hat alles verändert. Niklas Pinner wagte mit Landrat Frank Rock und Gesundheitsdezernent Dr. Christian Nettersheim einen Ausblick und schaute zurück.
Erinnern Sie Sich noch an den Moment, in dem sie von dem Virus gehört haben?
Rock: Ich kann mich dran erinnern, dass in den Nachrichten etwas gesagt wurde, im Sinne von „In China ist ein Virus ausgebrochen“. Für mich war das aber am Anfang weit weg.
Nettersheim: Mir geht es da ähnlich. Ich kann mich aber noch erinnern, dass ich am Karnevalswochenende in der Kölner Südstadt Kneipenkarneval gefeiert habe und sich da die Lage in Norditalien zunehmend zuspitzte. Da hab ich gedacht, wer weiß, was nach Karneval auf uns hier in Deutschland zukommt. Ich ahnte dann schon, das wird nicht spurlos an uns vorbeigehen.
An diese Ausmaße haben Sie aber sicherlich noch nicht gedacht.
Nettersheim: Nein, in dieser Dimension hab’ ich damit nicht gerechnet. Das ist ja ein Jahrhundertereignis, die größte Pandemie seit der Spanischen Grippe.
Rock: Ich kann mich noch an den ersten Fall in Deutschland erinnern. Da dachte ich mir, das Virus hat den Weg hierhin geschafft. Dann war mir klar, dass sich das noch weiter ausbreitet. Die Dimension hätte ich aber auch nicht für möglich gehalten. Vor allem nicht, dass wir unser Leben so einschränken müssen.
Was waren die ersten Schritte, die die Kreisverwaltung gehen musste?
Nettersheim: Am Wochenende nach Karneval mussten wir mit zwei Mitarbeitenden des Gesundheitsamtes kurzfristig Abstriche in der Knappschaft vornehmen. Da hatte es von Mitarbeitern Kontakt zu der „berühmten“ Karnevalssitzung in Heinsberg gegeben. Dann kam die Bergheimer Schule in der Woche danach. Da haben wir die ganze Schule für zwei Wochen geschlossen, das war damals noch eine große Nachricht. Im Laufe der folgenden Wochen haben wir dann mit eigenen Mitarbeitern provisorisch ein Callcenter eingerichtet und unter Leitung von Dezernent Gawrisch während dieser Zeit die Strukturen des Krisenstabs eingerichtet.
Wie ist die Lage in der Verwaltung im Moment?
Nettersheim: Das Gesundheitsamt ist nach wie vor sehr eingespannt und hat auch über die Feiertage gearbeitet, da Corona kein Weihnachten kennt.
Rock: Viele sind ansonsten im Homeoffice, wir versuchen, die Kontakte zu meiden. Wir haben den Publikumsverkehr im Haus eingeschränkt. Aktuell sind 158 Personen in Sachen Corona bei uns im Haus gebunden. 25 davon sind von der Bundeswehr, die uns bei der Nachverfolgung hilft, und ohne die Kolleginnen und Kollegen der Bundeswehr hätten wir noch größere Probleme. In mehr als 50 Prozent der Fälle können wir den Ausgangspunkt der Infektion nicht mehr feststellen.
Wie kritisch ist die Lage im Gesundheitsamt, was die Bewältigung des Arbeitspensums angeht?
Nettersheim: Wir bekommen das, was gerade reinkommt, bearbeitet. Aus unserer Sicht ist der harte Lockdown zu spät gekommen. Bei stark steigenden Fällen hätten wir das wohl irgendwann nicht mehr geschafft mit der Indexfall-Ermittlung. Zwischendurch hatten wir schon mal die Situation, bis dann die Unterstützung der Bundeswehr kam. Zur Einordnung: Im Frühjahr lag der Spitzenwert der Neuinfektionen bei 50 an einem Tag, jetzt sind wir bei täglich zwischen 90 und 120. Das bekommen wir gerade so hin.
Was ist dabei die größte Herausforderung?
Nettersheim: Ausbrüche in Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen und Kitas. Weil es viele Leute auf einmal betrifft. Und die Situation in Krankenhäusern sowie Alten- und Pflegeheimen.
Wann glauben Sie, werden sich die Auswirkungen des Lockdowns zeigen?
Rock: Die Auswirkungen des Lockdowns haben wir zwischen den Feiertagen bereits anhand sinkender Fallzahlen feststellen können. Ich hoffe sehr, dass sich über die Feiertage nicht viele Menschen bei privaten Treffen neu angesteckt haben, sonst werden wir Anfang des Jahres noch mal einen Anstieg erleben.
Seit Kurzem kann geimpft werden. Wie schätzen Sie die grundsätzliche Impfbereitschaft im Rhein-Erft-Kreis ein?
Rock: Meiner Einschätzung nach wollen sich die meisten impfen lassen. Mit der Hoffnung, ein Stück Normalität wiederzubekommen. Das Vertrauen in den Impfstoff ist auch da. Aber wir haben natürlich eine gewisse Anzahl an Menschen, die Impfungen generell skeptisch gegenübersteht. Aber insgesamt glaube ich, dass die meisten Menschen geimpft werden wollen.
Wann könnte ein halbwegs normales Leben denn wieder möglich sein?
Nettersheim: Da wäre ich mit Prognosen vorsichtig. Wir befinden uns jetzt mit Einführung des Impfstoffs in der zweiten Halbzeit der Pandemie. Die zweite Halbzeit ist bekanntlich genauso wichtig wie die erste. Die Politik ist nicht gut beraten, vorschnell konkrete Zeiträume vorauszusagen.
Rock: Ich würde sogar sagen: Immer auf Sicht fahren. Das haben wir bisher in der Pandemie so gemacht und größtenteils auch gut.
Wie bewerten Sie das Verhalten der Bevölkerung in der Pandemie?
Rock: Wir als Kreisverwaltung merken, dass die Bürgerinnen und Bürger das alles im Auge haben. Dafür wollen wir auch einen Dank aussprechen.