Björn Leschny (43) möchte für die Grünen in den Bundestag. Der Pulheimer kandidiert erstmals im Wahlkreis 90.
BundestagswahlBjörn Leschny (Grüne) aus Pulheim: „Wer Spaltung betreibt, handelt nicht im Interesse der Gesellschaft“
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Der Pulheimer Björn Leschny möchte für Bündnis 90/Die Grünen in den Bundestag.
Copyright: Beatrice Hong
Am 23. Februar sind rund 350.000 Wahlberechtigte zwischen Bedburg und Wesseling aufgerufen, ihre Stimme bei der Bundestagswahl abzugeben. In den beiden Wahlkreisen des Rhein-Erft-Kreises bewerben sich 17 Kandidaten um ein Direktmandat. Der Wahlsieg in einem der Wahlkreise wird voraussichtlich für einen Einzug in den Bundestag reichen. Wir stellen in loser Reihenfolge die Bewerber vor – diesmal Björn Leschny, der im Wahlkreis 90 (Hürth, Pulheim, Frechen, Bedburg, Elsdorf, Bergheim und Kerpen) für Bündnis 90/Die Grünen antritt. Die Fragen stellte Maria Machnik.
Wann haben Sie begonnen, sich für Politik zu interessieren? Gab es eine Initialzündung?
Mein Interesse an Politik begann früh, inspiriert durch eine engagierte Politiklehrerin und offene Gespräche in meiner Familie. Politik war für mich schon immer ein spannendes Thema. Besonders die Klimapolitik liegt mir am Herzen und hat mich dazu bewogen, den Grünen beizutreten. Der Stillstand in diesem Bereich hat mir große Sorgen bereitet. Ich konnte nicht länger nur zuschauen, sondern musste aktiv werden. Es geht um nicht weniger als unsere Zukunft und die der kommenden Generationen. Verantwortung zu übernehmen, statt sich über Stillstand zu ärgern, ist meine Motivation. Politisches Engagement für eine progressive Gesellschaft und eine lebenswerte Zukunft ist für mich eine Selbstverständlichkeit.
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Welches politische Ereignis hat Sie in den vergangenen Jahren am meisten bewegt/berührt?
Einer der größten Schockmomente der letzten Jahre war für mich die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten. Sie hat uns gezeigt, wie stark Populismus, Desinformation und gesellschaftliche Spaltung Demokratien untergraben können. Wenn ein Mann, der Hetze und Fake News als Strategie nutzt, zur mächtigsten Person der Welt gewählt wird, verdeutlicht das, dass unsere Demokratie nicht selbstverständlich ist. Mir wurde dadurch bewusst, dass alles, was wir mühsam und engagiert über Jahrzehnte aufgebaut haben, schnell in sich zusammenfallen kann. Seine Amtszeit hat die Welt destabilisiert und das Vertrauen in demokratische Institutionen weltweit massiv beschädigt. Dass er erneut gewählt wurde, zeigt, wie wichtig es ist, sich aktiv für Demokratie, Fakten und Zusammenhalt einzusetzen.
Welcher lebende Politiker/welche lebende Politikerin imponiert Ihnen? Welcher hat Sie geprägt?
Robert Habeck beeindruckt mich mit seiner sachlichen, lösungsorientierten Politik. Er erklärt komplexe Zusammenhänge verständlich, ohne in Populismus zu verfallen – das ist herausragend. Er zeigt, dass Politik über bloße Verwaltung hinausgehen muss. Auch Barack Obama hat mich geprägt. Seine Fähigkeit, Menschen mit positiven Visionen zu begeistern, ist für mich ein Vorbild. Politik sollte nicht auf Angst und Spaltung setzen, sondern auf Zusammenhalt, Mut und den Willen, eine bessere Welt für alle zu gestalten. Das vereint beide. Sie zeigen, dass Demokratie dann stark ist, wenn sie Menschen einbindet, anstatt sie gegeneinander auszuspielen. Wir müssen Menschen als Menschen sehen und nicht in Gruppen unterteilen. Wer Spaltung betreibt, handelt nicht im Interesse der Gesellschaft.
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Der langjährige Pulheimer Bürgermeister Karl-August Morisse ist im August 2024 gestorben.
Copyright: Maria Machnik
Welcher Politiker hat am meisten für den Rhein-Erft-Kreis geleistet?
Karl August Morisse hat die Region entscheidend geprägt. Als langjähriger Bürgermeister von Pulheim und zuvor als Stadtdirektor setzte er wichtige Impulse für die Infrastruktur, die Wirtschaft und die Städtepartnerschaften mit Guidel in Frankreich und Fareham in England. Sein Engagement für die Stadtentwicklung und den Bildungsbereich hinterließ bleibende Spuren. Als Kind habe ich so auch Austauschschülerinnen- und schüler aus unseren Partnerstädten kennengelernt. Solche Begegnungen in der Jugend sind eine wertvolle Grundlage für internationale Verständigung und friedlichen Austausch, heute sicher wichtiger denn je. Morisse ist damit für mich eine der einflussreichsten Persönlichkeiten des Rhein-Erft-Kreises.
Wie erklären Sie jemandem in Berlin, was der Rhein-Erft-Kreis ist?
Der Rhein-Erft-Kreis ist eine Region im Wandel. Jahrzehntelang vom Braunkohleabbau geprägt, stehen wir nun vor der großen Herausforderung, eine nachhaltige Wirtschaft aufzubauen. Gleichzeitig ist unser Kreis eine Region des Zusammenhalts: Karneval, Vereinsleben und ein starkes Miteinander prägen uns. Wir haben sowohl urbane Zentren als auch ländliche Idylle und eine vielfältige Wirtschaft, die von Industrie bis Mittelstand reicht. Der Rhein-Erft-Kreis steht stellvertretend für den Wandel, den ganz Deutschland durchläuft: die Energiewende erfolgreich gestalten, die wirtschaftliche Stärke bewahren und die Menschen auf diesem Weg mitnehmen, das ist unsere zentrale Aufgabe.
Was wollen Sie als Abgeordnete(r) in Berlin für den Rhein-Erft-Kreis erreichen?
Der Strukturwandel muss aktiv gestaltet werden, damit unsere Region nicht an Zukunftsperspektiven verliert. Ich will dafür sorgen, dass nachhaltige Industrien angesiedelt, Start-ups gezielt unterstützt und bestehende Unternehmen bei der Transformation begleitet werden. Dazu gehört auch eine bessere Verkehrsanbindung, idealerweise über die Schiene, um den Standort attraktiver zu machen. Zudem brauchen wir eine zukunftsfähige Energiepolitik, die bezahlbaren Strom für Haushalte und Unternehmen sichert. Mein Ziel ist ein wirtschaftlich starker Kreis, der Innovationen vorantreibt und gleichzeitig Klima- und Naturschutz, soziale Sicherheit und Wohlstand für alle gewährleistet. Mensch, Natur und Wirtschaft müssen immer zusammen gedacht werden. Nur wenn wir sie gleichzeitig im Blick behalten, können wir den Wandel nachhaltig und gerecht gestalten.
Mit wie vielen Wählerinnen und Wählern haben Sie seit Beginn des Wahlkampfs Kontakt gehabt, und wie viele werden es schätzungsweise bis zum 23. Februar sein?
In den letzten Wochen habe ich unzählige Gespräche geführt – auf Wahlkampfständen, bei und nach Podiumsdiskussionen und vor allem über Social Media. Gerade im Winter ist die digitale Kommunikation entscheidend, um möglichst viele Menschen zu erreichen. Durch Veranstaltungen, Haustürwahlkampf und insbesondere durch Online-Diskussionen gab es bereits mehrere tausend Kontakte. Bis zum Wahltag werden es noch viele mehr. Denn jede einzelne Stimme zählt – für die Demokratie, für eine gerechte Gesellschaft und für eine nachhaltige Zukunft in Sicherheit.
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Friedrich Merz (rechts) antwortet im Bundestag auf die Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz (hinten).
Copyright: dpa
Wie würden Sie einen Nichtwähler davon überzeugen, sein Kreuz auf dem Stimmzettel zu machen?
Nicht wählen bedeutet, anderen die Entscheidung zu überlassen. Gerade jetzt, wo unsere Demokratie unter Druck steht, ist es wichtiger denn je, eine Stimme für Freiheit, Gerechtigkeit und eine gute Zukunft abzugeben. Wer nicht wählt, stärkt indirekt die extremen Kräfte, die unser Land spalten wollen. Jede Stimme zählt, für eine starke Demokratie, für sozialen Zusammenhalt und für eine nachhaltige Zukunft. Wer Veränderung will, muss sie wählen. Politik ist oft weit weg von den Menschen, doch zu viele Menschen sind auch zu weit weg von der Politik. Das müssen wir ändern! Nur wer gut informiert ist, kann kluge politische Entscheidungen treffen. Wir sollten unser Privileg, den Weg unseres Landes mitzugestalten, wertschätzen, denn in vielen Ländern ist das noch immer keine Selbstverständlichkeit.
Wer ist besser als Kanzler geeignet: Merz oder Scholz?
Keiner von beiden. Merz hat mit der CDU die Brandmauer gegen Rechts eingerissen und gezeigt, dass ihm Machttaktik wichtiger ist als demokratische Grundwerte. Empathie habe ich bei ihm nie erkennen können. Ein Kanzler muss auch Mensch sein. Sein Kurs führt uns zurück in eine Zeit, die unsere heutigen Probleme erst verursacht hat. Scholz hingegen schafft es nicht, Menschen zu begeistern oder Orientierung zu geben. Deutschland braucht eine moderne, zukunftsorientierte Politik, die wirtschaftliche Stärke mit Klimaschutz und sozialer Gerechtigkeit verbindet. Robert Habeck hat in der Krise bewiesen, dass er unser Land mit Weitblick und Vernunft führen kann, mit einer klaren Haltung, einem offenen Ohr für die Menschen und echten Lösungen für unsere Zeit.
Welchem Ihrer Mitbewerber würden Sie den Einzug ins Parlament gönnen und fachlich zutrauen?
Mir ist wichtig, dass Menschen in den Bundestag kommen, die sich für eine gerechte Gesellschaft, Klimaschutz und Demokratie einsetzen. In unserem Wahlkreis wäre das Aaron Spielmanns von der SPD. Ich schätze seine inhaltlichen Positionen und sein Engagement, auch wenn wir nicht in allen Lösungsvorschlägen übereinstimmen. Demokratie lebt von starken, konstruktiven Stimmen. Ich würde mir wünschen, dass mehr Menschen mit echter wirtschaftlicher Erfahrung in den Bundestag kommen, denn wir brauchen eine Politik, die ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit vereint und dabei die sozialen Belange nicht aus dem Blick verliert.
Mit welchem Politiker/welcher Politikerin würden Sie niemals ein Bier trinken gehen?
Mit Politikern, die Hass, Hetze und Ausgrenzung propagieren, also mit niemandem von der AfD. Menschen, die unsere Demokratie zerstören und Minderheiten die Schuld für gesellschaftliche Probleme geben, sind für mich keine Gesprächspartner. Politik sollte Brücken bauen, nicht Gräben vertiefen. Ich respektiere Andersdenkende, aber nicht diejenigen, die mit rechten Parolen und Verschwörungstheorien auf Stimmenfang gehen. Hass ist keine Meinung. Mit ihnen gibt es kein gemeinsames Bier, denn wer unsere Demokratie abschaffen will, ist kein Demokrat.
Zur Person
Björn Leschny ist 43 Jahre alt. Er lebt mit seiner Frau in Pulheim. Leschny ist bei einem Wirtschaftsunternehmen Leiter des Bereiches für internationale Geschäfts- und Unternehmensintegration und Systemischer Coach. Er ist Vorstandssprecher der Grünen in Pulheim. Zuvor war er sachkundiger Bürger in den Ausschüssen für Liegenschaften und Hochbau (LHA), Bildung, Kultur, Sport und Freizeit (BKSF); Tiefbau und Verkehr (TVA), Umweltausschuss (UA) und Soziales, Generationen und Integration (SGI). Außerdem war Sprecher der Grünen für den ehemaligen Klimabeirat in Pulheim.
Als Themenschwerpunkte nennt Leschny Wirtschaft, Digitalisierung, Geopolitik, Nachhaltigkeit, Bildung, Demokratie, Integration. Zu seinen Hobbys gehören für Freunde und Familie kochen, Reisen und Sprachen lernen, Wintersport, Tauchen, Klettern, Judo, Wissenschaft & Technik, Architektur und Design, Psychologie. Er sagt: „Ich begeistere mich für das Lernen, Gestalten, Aufbauen und die Umsetzung von Veränderungen – sowohl im beruflichen Bereich als auch in meinen ehrenamtlichen Tätigkeiten.“